Film:
Ein königlicher Tausch
Film-Kritik von Carsten Jaehner (07.2019)/ Titelbild: © Alamode Film
Eine unbekannte Geschichte beeindruckend erzählt
Frankreich, 1721. Der Frieden im Land steht auf dem Spiel, vor allem Spanien droht, Frankreich in einen Krieg zu reissen. König Ludwig XV. ist mit elf Jahren noch zu jung, um Entscheidungen zu treffen. Um einen Frieden zu besiegeln, plant der Regent Herzog Philippe von Orléans, den König mit der erst vierjährigen Tochter des spanischen Königs, der Infantin Maria Anna Victoria zu verheiraten. Im Gegenzug soll seine eigene Tochter, die zwölfjährige Louise Elisabeth, die Gemahlin des vierzehnjährigen spanischen Thronfolgers Don Luis werden.
Madrids König willigt in den Tausch ein, und so kommt es zum historisch belegten Tausch der beiden Kinderpaare. Während der vierzehnjährige Luis sich bereits in ein Bildnis der schönen Louise verliebt hatte und nicht viel gegen die Ehe einzuwenden hat, ist diese genau gegenteiliger Meinung und will mit dem Prinzen nichts zu tun haben. Trotz allem wurde die Hochzeit 1722 durchgeführt. Ludwig XV. weiß hingegen nichts mit einer vierjährigen anzufangen und treibt sich lieber mit seinen pubertierenden, gleichaltrigen Freunden im Schloß herum, die natürlich über Maria Anna sprechen und derzeit in der Stimmung sind, auch gleichgeschlechtliche Liebe auszuprobieren – was Ludwig abstösst.
Eine wahre Geschichte
Aus der wahren Geschichte hat Regisseur Marc Dugain einen opulenten Kostümfilm gemacht, der eine recht unbekannte Episode aus dem frühen 18. Jahrhundert erzählt und den Zuschauer mit Gedanken zurücklässt, wie man seinerzeit des lieben Friedens Willen seine Kinder zu politischen Spielfiguren hatten, die allerdings selber kein Mitspracherecht hatten. Diese Praxis hat sich bis ins 20. Jahrhundert fortgesetzt und hat heutzutage nicht mehr die Bedeutung, die sie damals hatte. Umso erschreckender, dass ein Elfjähriger mit einer Vierjährigen verheiratet werden sollte (zu einer Eheschließung kam es bei Ludwig XV. und Maria Anna Victoria nicht), die beiden noch feucht hinter den Ohren waren.
Basierend auf dem Roman „L‘échange des princesses“ der französischen Autorin Chantal Thomas, der 2013 erschien und von dem es bislang keine deutsche Ausgabe gibt, verfassten die Autorin und Regisseur Marc Dugain das Drehbuch zur Verfilmung, die 2017 in die französischen Kinos kam. Gedreht zum Teil an historischen Orten, ist so ein ausladender Kostümfilm gelungen, der dem Zuschauer ein treffendes Bild der Zeit nach Ludwig XIV. gemalt, als sein Urenkel Ludwig XV. noch nicht Regent war und auch eigentlich zu jung, um das große politische Ganze zu durchblicken, geschweige denn die Notwendigkeit einer Heirat aus politischen Gründen, und sei es mit einer Vierjährigen.
Lob an die Kinderdarsteller
Allgemein lässt sich über den Film sagen, dass vor allem die vier Kinderdarsteller beeindrucken und ihre Rollen erstaunlich gut verkörpern. Allen voran Juliane Lepoureau, die die vierjährige Maria Victoria spielt, weiß mit ihren großen Kinderaugen nicht nur den König zu beeindrucken. Igor van Dessel gibt einen Ludwig XV., der in dem Zeitraum, in dem dieser Film spielt, also den frühen 1720ern, allmählich sich der Verantwortung seines Amtes bewusst wird und respektiert tatsächlich seine kleine zukünftige, die so viel vernünftiger erscheint als seine gleichaltrigen Freunde.
Don Luis, der spanische Infant, wird gespielt von Kacey Mottet Klein, der mehr von seiner jungen Gemahlin möchte als sie bereit ist ihm zu geben (gar nichts). Diese Louise Elisabeth wird dargestellt von Anamaria Vartolomei, der man anmerkt, dass sie am meisten Erfahrung von den Kinderdarstellern hat und deren Figur den wohl größten Wandel innerhalb der Geschichte durchmacht. Wenngleich, wie man am Ende des Films erfährt, sie wohl nachher mit am meisten Pech gehabt hat – Weder in Spanien noch in Frankreich gewollt und daher für die Menschheit leider uninteressant und früh verstorben.
Beeindruckend ist vor allem die titelgebende Sequenz mit dem Tausch der Prinzessinnen. Man fühlt mit den beiden mit, dass sie nur Spielsteine der Politik sind und sie sich ihrem angeborenen Schicksal fügen müssen. Doch jede der beiden wird anders damit umgehen.
Opulente Ausstattung
Neben den vier Kindern ragt Lambert Wilson als König Philippe V. von Spanien aus dem bunten Ensemble heraus. Er und alle anderen Darsteller dürfen sich vor der Kamera herrlich skurril und teilweise auch schön daneben benehmen, eben so, wie es tatsächlich vom Leben bei Hofe (egal ob Frankreich oder England oder sonstwo) überliefert ist.
Was allerdings das Vergnügen des Filmes ein wenig stört, sind die für viele französische Filme typischen langatmigen Szenen, die stillen Pausen und die Löcher in der Erzählung. Zudem ist der Plot des Films zwar interessant, allerdings ist das Ende nicht wirklich stark, was man den Akteuren nicht vorwerfen kann, die ihr Bestes geben. Die Geschichte an sich gibt eben am Ende keinen großen Paukenschlag her, oder man hätte es anders erzählen müssen.
Fazit:
„Ein königlicher Tausch“ ist ein opulenter Kostümfilm mit einer bunten Darstellerschar, darunter vor allem vier begeisternde Kinderschauspieler, tollen Landschafts- und Innenaufnahmen und authentischen Kostümen, so dass das Auge sich auf keinen Fall beklagen kann. Leichte Schwächen in der Dramaturgie des Drehbuchs lassen leider einige Löcher in der Konzentration aufkommen. Lohnenswert ist der Film für historisch Interessierte allemal, erzählt er doch einen unbekannten Teil der französischen Königsgeschichte, der historisch verbürgt und daher umso erstaunlicher ist. Daher trotz allem empfehlenswert.
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