Frank S. Becker
„Römische Scherben weckten mein Interesse am Altertum.“
02.2009 Im Interview steht Frank Stefan Becker Rede und Antwort: Wie kam er zum Schreiben, weshalb ausgerechnet historische Romane und was ist eigentlich sein persönliches Hauptanliegen beim Schreiben?
Histo-Couch: Herr Becker, Sie sind Autor, unter anderem von Büchern über längst vergangene Epochen. Hätten Sie gerne früher gelebt?
Frank S. Becker: Zumindest dann, wenn ich eine Zeit hätte auswählen können, wäre ich sicher gerne im Römischen Reich zu Hause gewesen, so etwa im zweiten Jahrhundert
nach Christus. In vielen Punkten weist diese Welt Parallelen zur heutigen Welt auf: Es war eine Zeit der Weiträumigkeit und auch den Euro gab es damals schon – allerdings als römische Münze. Und man durfte glauben, was man wollte.
Histo-Couch: Was hat denn Ihr Augenmerk gerade auf diese Epoche gelenkt?
Frank S. Becker: Als Kind ging ich in der Gegend, in der wir damals wohnten, über einen Acker. Dabei habe ich römische Scherben gefunden und war fasziniert. Dadurch habe ich begonnen, römische Münzen zu sammeln. Diese sind ganz eigen. Man kann die Geschichte dieser Zeit aus den Gesichtern auf jenen Münzen ablesen. Später habe ich viele Reisen gemacht und dabei die römischen Bauten im Mittelmeerraum besucht. Danach kam dann allerdings eine ganze Zeit lang nichts. Erst im Jahr 2000 bin ich auf das Thema zurückgekommen, nach einem Museumsbesuch in Ladenburg bei Heidelberg.
Histo-Couch: Sie schreiben bevorzugt über eine Zeit, aus der kaum etwas Schriftliches überliefert ist. Ist es da nicht schwierig, schlüssige Aussagen zu bekommen, um den richtigen Hintergrund zu haben?
Frank S. Becker: Tatsächlich sind kaum schriftliche Überlieferungen aus der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts vorhanden. Aber bei den Ausgrabungen sehen die römischen Städte sehr einheitlich aus und so ist man in der Lage, die Geschichte sozusagen wie Puzzlestücke zusammen zu tragen.
Histo-Couch: Sie können sich also auch vorstellen, wie alles damals ausgesehen haben muss?
Frank S. Becker: Heute hat man es diesbezüglich ja leicht. Es gibt fantastische Computeranimationen, die die Vorstellungskraft unterstützen. Schwieriger ist es, der Mentalität der damaligen Menschen nachzuspüren und sich in deren Zustand hinein zu versetzen. Oft hat die Entwicklung Wendungen genommen, die nur schwer zu verstehen sind. Hat man den Zugang dann gefunden, so ist wohl die größere Schwierigkeit für einen Autor, dass er nicht seine ganze umfangreiche Recherchearbeit im Roman unterbringen kann, weil damit das Buch überlastet würde.
Histo-Couch: Wenn Sie beim Schreiben sind und sich mit der damaligen Zeit befassen, können Sie dann problemlos aus der Vergangenheit wieder auftauchen?
Frank S. Becker: Manchmal ist es gar nicht so leicht. Schließlich lässt man sich idealerweise ganz auf seine Figuren ein, lebt sozusagen mit ihnen. Nur dann werden die Figuren auch lebendig, können beim Leser Emotionen wecken.
Histo-Couch: Kennen Sie, wenn Sie mit dem Schreiben beginnen, jeweils das ganze Schicksal ihrer Figuren schon?
Frank S. Becker: Ich habe ein genaues Bild von den Figuren. Diese entwickeln aber im Laufe des Schreibens ein Eigenleben. Da braucht es dann aber auch hin und wieder einen Mahnfinger und man wird sich bewusst, dass die Figuren in der damaligen Zeit nicht so gehandelt hätten.
Histo-Couch: Mögen Sie immer alle Charaktere, die in Ihren Büchern vorkommen?
Frank S. Becker: Natürlich gibt es auch Figuren, die ich weniger sympathisch finde. Ich versuche, die Menschen in meinen Büchern nicht schwarz-weiß darzustellen, sondern ihnen verschiedene Stärken und Schwächen zuzuschreiben. Wichtig ist mir, die Motive, die sie umtreiben, sichtbar und ihr Handeln dadurch verständlicher zu machen.
Histo-Couch: Werden Sie der Römerzeit ein weiteres Buch widmen?
Frank S. Becker: Das kann gut sein, Ideen hätte ich. Aber mein nächstes Buch soll „Sie kamen bis Konstantinopel“ heißen und im September 2009 im Verlag Philipp von Zabern erscheinen. Es spielt um 660 nach Christus, zentrales Ereignis ist die erste große Belagerung von Konstantinopel durch die Muslime. Durch das Auftauchen des Islam bekommt diese Zeit eine besondere Note.
Histo-Couch: Sie bleiben aber dem historischen Genre treu … Was wollen Sie mit ihren Büchern bewirken?
Frank S. Becker: Der historische Roman soll die Leserinnen und Leser zunächst einmal unterhalten. Sie wollen etwas aus der betreffenden Zeit erfahren, wollen wissen, wie die Menschen damals gehandelt haben, welche Konflikte ausgetragen wurden.
Histo-Couch: Was bewegt Sie, wenn Sie ein Buch fertig geschrieben haben?
Frank S. Becker: Es ist eine Mischung aus Begeisterung und Erleichterung. Und man entdeckt in seiner Geschichte meist die eigenen Charakterzüge oder jene von Freunden wieder …
Histo-Couch: Wie wichtig ist Ihnen das Echo auf Ihre Bücher?
Frank S. Becker: Ich nehme alles sehr ernst. Wenn sich jemand die Mühe macht, auf das Buch einzugehen und danach vielleicht auch kritische Worte verliert, so ist das für mich eine wichtige Rückmeldung und ich freue mich über die Auseinandersetzung mit der anderen Meinung. Diesbezüglich habe ich das Internet als Austausch-Plattform schätzen gelernt. Aber es ist nicht immer ganz leicht, mit negativer Kritik umzugehen, schließlich gibt man sich beim Schreiben irgendwie auch selbst ins Buch hinein.
Histo-Couch: War Schriftsteller Ihr Traumberuf?
Frank S. Becker: Schreiben wollte ich schon immer, ja. Zunächst habe ich es mit einer Studentenzeitung versucht, weil ich dachte, dass ich für einen Roman keine passenden Ideen hätte. Das hat sich mittlerweile gelegt.
Das Interview führte Rita Dell’Agnese.
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