Petra Durst-Benning

„Olga ist meine grosse Liebe und Leidenschaft.“

01.2010 Histo-Couch im Interview mit Petra Durst-Benning über Die Zarentochter, Recherchen und St. Petersburg.

Histo-Couch: Frau Durst-Benning, Sie haben mit „Die Zarentochter“ einen weiteren historischen Roman vorgelegt. Was hat Sie, als Autorin etlicher Hundebücher, ausgerechnet zur „Historie“ gebracht?

Petra Durst-Benning: Angefangen hat alles mit „Die Silberdistel“, bei der es um die Bauernkriege geht. Auch habe ich für das Buch „Die Liebe des Kartographen“ recherchiert. Danach sind immer mehr Themen aufgetaucht, die mich interessierten. Und so ist ein historischer Roman nach dem anderen entstanden. Wobei ich meine Nische im 19. Jahrhundert gefunden habe, da habe ich mich mittlerweile ganz gut eingerichtet.

Histo-Couch: Suchen Sie gezielt nach möglichen Themen oder überlassen Sie es dem Zufall, in welche Richtung der nächste Roman gehen wird?

Petra Durst-Benning: Oft ist es purer Zufall. Wenn mich ein Thema „anspringt“, recherchiere ich zunächst weiter. Ich kläre ab, wie populär das Thema ist. Je mehr darüber bekannt ist, desto eher lege ich normalerweise die Sache beiseite. Es ist mir wichtig, neue, frische Themen aufzugreifen, da ich mich sonst selber langweile. Wenn ich aber bei meiner Allroundrecherche nur wenig erfahren kann, ist mein Interesse geweckt. Das heisst, ich beginne, mir mehr Material zu besorgen und mich vertiefter damit auseinander zu setzen.

Histo-Couch: Bei der Zarentochter geht es ja um die württembergische Königin Olga. Hier dürfte aber einiges an Material vorhanden gewesen sein …

Petra Durst-Benning: Ja, bei Olga war das sozusagen Liebe auf den zweiten Blick. Über sie gibt es tatsächlich eine Unmenge an Primär- und Sekundär-Quellen. Näher gekommen bin ich Olga über ein Buch, das 60 Jahre nach ihrem Tod erschienen ist. 1955 hat Sophie Dorothea Gräfin Podewils die Memoiren von Olga veröffentlicht. Diese wurden leider in einem sehr kleinen Verlag herausgebracht und sind schon lange vergriffen. Ich habe lange nach einem solchen Exemplar gesucht. Als ich endlich eines in Händen hatte, war es glasklar, dass ich über Olga schreiben würde. Allerdings hat es lange gedauert, bis ich zu ihr als Mensch einen Zugang gefunden habe und nicht nur zur historischen Figur „Königin“. Heute kann ich aber sagen, dass Olga meine grosse Liebe und Leidenschaft ist.

Histo-Couch: Was hat Sie denn gerade auf Olga gebracht?

Petra Durst-Benning: Bei Christies wurde 2006 ein Gemälde von Franz Xaver Winterhalter versteigert. Es stellt Olga dar. Das Bild konnte für die Württembergische Landesausstellung ersteigert werden. Und bekanntlich sagt ein Bild ja mehr als tausend Worte. Als ich vor dem Bild stand und Olga sah, dachte ich: „Ach Gott, jetzt nur nicht losheulen“, so berührt hat mich die ganze Ausstrahlung. Mir war sofort klar, dass in dieser Frau ein Feuer loderte und ich war gefangen.

Histo-Couch: Wenn Sie ein Thema für sich entdeckt haben, können Sie dieses dann noch beiseite legen?

Petra Durst-Benning: Nein. Ich lebe Tag und Nacht damit, es gibt kein Abschalten mehr, obwohl ich eigentlich ein sehr ruhebedürftiger Mensch bin. Aber dann geht mir soviel im Kopf herum, dass mich das Thema ständig beschäftigt. Bei einem biographischen Roman stehen ja die Eckdaten fest. Umso mehr beschäftigt mich dann die Frage, wieso die Dinge so gekommen sind, wie sie sind. In dieser Phase hat mir Olga auch sehr leid getan.

Histo-Couch: Beruht Ihr Roman ausschliesslich auf Recherchen in Stuttgart, also dort, wo Sie selber auch zu Hause sind?

Petra Durst-Benning: Oh nein. Die Zeiten von Karl May, wo man von einer Gefängniszelle aus über den Wilden Westen schreiben konnte, sind längst vorbei. Die Menschen sind heute gut informiert und merken schnell, wenn Beschreibungen falsch oder lückenhaft sind.

Histo-Couch: Das heisst, Sie sind selber nach St. Petersburg gefahren?

Petra Durst-Benning: Für mich ist es unabdingbar, vor Ort zu recherchieren. Denn mir geht es auch um Nuancen. Beispielsweise die Szene am Strand: ich musste wissen, ob es hier eine Brandung gibt oder nicht. In solchen Dingen bin ich heikel.

Histo-Couch: Was haben Sie in St. Petersburg angetroffen?

Petra Durst-Benning: Ich war völlig überrascht. St. Petersburg ist sehr schön, das habe ich so nicht erwartet. Da spielt sicher mit, dass ich die Stadt erst kennen gelernt habe, nachdem sie renoviert worden war. Alles war so prächtig, dass ich denke, so musste es zur Zarenzeit ausgesehen haben. Zudem habe ich nicht erwartet, eine so mediterrane Atmosphäre anzutreffen. Natürlich hatte ich auch Glück, dass ich im Sommer, zur Zeit der sogenannten weissen Nächte in St. Petersburg war. Das verleiht der Stadt noch einmal einen ganz besonderen Zauber.

Histo-Couch: Mit Ihren Recherchen sind Sie Olga sehr nahe gekommen. Wie gehen Sie nun damit um, wenn Ihr Buch über diese aussergewöhnliche Frau kritisiert wird?

Petra Durst-Benning: Ich kann mit Kritik recht gut umgehen. Es macht mich nur dann betroffen, wenn sie ungerechtfertigt ist. Ist die Kritik aber angebracht, werde ich sie ernst nehmen und sehen, dass ich die beanstandete Stelle im nächsten Buch entsprechend korrigieren kann.

Histo-Couch: Vielen Dank für das Interview.

Das Interview führte Rita Dell’Agnese.

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