Das Rätsel der Templer
- Rütten und Loening
- Erschienen: Januar 2007
- 24
- Rütten und Loening, 2007, Titel: 'Das Rätsel der Templer', Originalausgabe
Eine spannende Geschichte zwischen Mittelalter und dem 3. Jahrtausend
";Das Rätsel der Templer", der zweite Roman von Martina André, befasst sich mit dem Untergang des Templerordens im 14. Jahrhundert durch eine Intrige des französischen Königs Philipp IV, genannt ";der Schöne". Dabei nimmt sie sich auch der Spekulationen um das Haupt der Weisheit an, das die Templer verwaltet haben sollen...
Das Geheimnis des Templerordens
Der Orden der Tempelritter ist für viele Menschen schon immer ein faszinierendes Thema gewesen, handelt es sich doch um christliche Ordensbrüder, gleichzeitig aber auch um verwegene und furchterregende Krieger, um die sich seit jeher Geheimnisse ranken. Erklärt sich das Mysterium um die Templer einzig durch die Errungenschaften, die die Ritter von den Sarazenen mitgebracht haben - und die sicherlich für die Menschen im mittelalterlichen Europa futuristisch anmuteten?
So haben die Kreuzritter beispielsweise die Navigation mit dem Kompass von den Moslems erlernt, sodass sie angeblich Amerika viele Jahre vor der offiziellen Entdeckung erreicht haben sollen. Christoph Kolumbus schließlich soll nach altem Kartenmaterial des Templerordens, die dann im Christusorden aufgegangen waren, gesegelt sein. Ebenso ist der ungeklärte Verbleib des Templer-Schatzes, welcher das eigentliche Ansinnen von Philipp IV war, um seine leeren Staatskassen zu füllen, ein Rätsel. Woher haben die Templer gewusst, dass eine Verhaftungswelle am 13. Oktober 1307 über sie hereinbrechen würde? Haben sie es tatsächlich gewusst?
Zudem gibt es viele Anhaltspunkte für die Existenz eines Kopfes im Besitz des Ordens. Es entwickelten sich Legenden vom ";Heiligen Gral", ";Stein der Weisen", ";Baphomet", was immer nur in die Existenz dieser goldenen Figur mündet. Viele Entdecker werden demnach mit diesem Kopf und den Templern in Verbindung gebracht: Papst Silvester II (Besitzer einer Maschine, die jede an sie gestellte Frage mit ";ja" oder ";nein" beantworten konnte), der Franziskaner Roger Bacon (Erfinder des Schießpulvers), Albertus Magnus, Magier und Lehrer von Thomas von Aquin, schließlich noch Sir Isaac Newton, Vasco da Gama und wie schon gesagt auch Christoph Kolumbus.
Losgelöst von dem esoterischen Gehalt des Themas, bleibt zugleich die Erkenntnis, dass der Templerorden sehr viele Errungenschaften nach Europa gebracht hat, die auch heute noch wichtig sind: das arabische Zahlensystem, das Bankwesen mit Erfindung des Scheck- und Wechselbriefsystems, Kontoführung und Überweisungen für Kaufleute, Handelsstraßen und ein weit verzweigtes Netz an Unterkünften für die Reisenden sowie weitreichende Erkenntnisse der Medizin.
Über Staatsgrenzen hinaus und über deren Herrscher gestellt, nur dem Papst verpflichtet, unermesslich reich und Geldgeber von vielen Königshäusern, entstand eine Machtposition, die den Herrschern ein Dorn im Auge sein musste. Wie gut für den französischen König, dass das einfache Volk durch die mysteriös anmutenden Dinge der Tempelritter sehr leicht zur Vermutung der Ketzerei und des Hexentums zu führen waren. Somit ist die Ursache für den steilen Ausstieg des Ordens als auch für dessen Vernichtung darin selbst zu finden.
Gelungener Genre-Mix
Martina André verbindet die geheimnisvolle Geschichte des Templerordens, der angeblich von seinem Untergang bereits seit Jahrhunderten gewusst haben soll, mit Science-Fiction-Elementen des 3. Jahrtausends. Mit dem auch im Umfang (749 Seiten) gehaltvollen Roman gelingt es André eine jederzeit spannende Geschichte auf diesen beiden Zeitebenen zu entwickeln.
Dabei gibt sich das Buch zunächst nicht als SciFi-Roman zu erkennen, da es die ersten 180 Seiten einzig um die Zerstörung der Komturen (Niederlassungen des Templerordens) in Frankreich, durch die Soldaten des französischen Königs und die Flucht der Hauptprotagonisten Richtung Deutschland geht. Dann aber geschieht Merkwürdiges und der bis dahin schon spannende historische Roman bekommt seine ebenso angeregte wie auch völlig überraschende Wendung ins Fantastische.
Geschmacksache dürfte die Ausführlichkeit des folgenden Abschnitts über die Technik der Zeitmaschine und des Kernfusionsreaktors sein, jedoch bedarf es schon einigen Erklärungen, um dieses Thema überzeugend darzustellen, damit der Leser eben nicht ins Schmunzeln gerät.
Unheimlich interessant ist zudem, wie es die Autorin schafft, die verschiedenen Genres miteinander zu verbinden. So sind humorvolle Elemente, wenn Ritter und Knappe sich mit den Errungenschaften des Jahres 2004 arrangieren müssen, ohne ";Hollywood"-Effekte. Das Spannungsfeld, dass die mittelalterlichen Protagonisten nur die mittelhochdeutsche und altfranzösische Sprache beherrschen, hat die Autorin souverän gelöst, indem die beiden Zeitreisenden bei einer ehemaligen Studentin der mittelhochdeutschen Sprache unterkommen (diese kann dann die Sprache auch nur recht mittelmäßig) und in einem Sachverständigen für das Altertum und Mittelalter-Fan einen Freund finden.
Auch das Ende der Geschichte ist nicht eitel Sonnenschein, da ein paar Figuren auf der Strecke bleiben. Mehr soll an dieser Stelle jedoch nicht verraten werden.
Angemessene Sprache und historische Schönheitsfehler
Die Sprache ist schnörkellos und passt gut zum Roman. Die Protagonisten sind farbig, liebevoll, also einfach lebendig und überzeugend geraten. Der Beginn des Aufeinandertreffens der Protagonisten aus den verschiedenen Zeiten ist sprachlich sehr spannend, aber natürlich nicht einfach zu lesen, da die Autorin mittelhochdeutsche Sätze einbaut, eine hochdeutsche Übersetzung zwar sofort hinterher schiebt, aber die Leserschaft bis dahin schon leicht ins Stocken gerät, wenn sie nicht gerade diese Teile überliest. Die Übergänge zum Hochdeutsch sind dann fließend, so dass diese Unsicherheiten nicht lange anhalten und die Geschwindigkeit der Erzählung wieder an Fahrt gewinnt.
Die historischen Fakten sind umfangreich recherchiert worden. Vor allem das Umfeld und die vielfältigen - sich teilweise auch widersprechenden - Gerüchte, die sich um die Templer ranken, sind sehr gut strukturiert und wurden auf fantastische Weise in den Roman eingebunden.
So ist eigentlich verwunderlich, dass die Benennung des Bertrand de Blanchefort als 4. Großmeister des Ordens in Nebensätzen (im Prolog und auf S.194/195) unrichtig ist und auch der Deutschorden nach 1302 keine Kreuzzüge mehr ins wendische Land unternommen hat. Beides aber ist, ob der Nebensächlichkeit für das Gesamtbild des Romans, eher etwas für die Wahrheits-Puristen und Historiker unter der Leserschaft. Und dafür hat es schon wesentlich schlimmere geschichtliche Schnitzer in historischen Romanen gegeben.
Gefallen kann auch die Aufmachung des vorliegenden Buchs (broschiertes Taschenbuch), da das ";Croix Pattée", das Ordenskreuz auf der Deckseite, leicht erhaben ist und eine gewisse Wertanmutung entsteht. Umfangreiches Kartenmaterial und Erklärungen der Autorin zum Thema ";Historisches und Erfundenes", Danksagung und ein erklärendes Vorwort runden das Buch ab.
Martina André, Rütten und Loening
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