Maria Stuart. Der Roman ihres Lebens
- Lübbe
- Erschienen: Januar 1995
- 4
- Lübbe, 1992, Titel: 'Mary Queen of Scotland and the Isles', Originalausgabe
Faszinierendes Porträt einer widersprüchlichen Frau
Als Maria Stuart 1542 das Licht der Welt erblickt, liegt ihr Vater im Sterben und soll ihre Geburt mit den Worten „Eine Frau ließ die Stuarts aufsteigen, mit einer Frau werden sie auch untergehen!" kommentiert haben. Kurz darauf stirbt Jacob der V. und Maria wird Königin, da es keine männlichen Erben mehr gibt. Da das schottische Parlament einer Ehe mit dem englischen Kronprinzen nicht zustimmt und England daraufhin Schottland den Krieg erklärt, wird Maria zu ihrer eigenen Sicherheit nach Frankreich gebracht, wo sie aufwächst. Mit knapp 16 Jahren heiratet sie den Dauphin von Frankreich, Franz, ein Jahr später ist sie an seiner Seite Königin und ein weiteres Jahr später Witwe.
Bald darauf kehrt sie als katholische Königin in ein protestantisches Land zurück und übernimmt die Herrschaft Schottlands. Doch die Situation dort ist alles andere als einfach und Marias Herrschaft ist von Verrat, Intrigen und Aufständen geprägt. Sieben Jahre nach ihrer Ankunft flieht sie aus ihrem Heimatland nach England, wo Elisabeth I. sie 19 Jahre in Gefangenschaft hält und schließlich hinrichten lässt.
Der Leser kann sich selbst ein Bild von
Maria Stuart machen
In ihrem Roman lässt Margaret George ein buntes, mosaikartiges Bild von Maria Stuart entstehen. Sie verzichtet darauf, ihren Charakter allzu einseitig zu zeichnen. Weder ist Maria in diesem Buch die von Wollust erfüllte Hure, als die ihre Gegner sie hinzustellen versuchen, noch das von allen verlassene und verratene, hilflose Geschöpf, das ihre Anhänger zum Teil in ihr sehen. Stattdessen entsteht das Bild einer sehr widersprüchlichen, faszinierenden Frau, die versucht, die an sie gestellten Anforderungen zu erfüllen.
Warmherzig, loyal, tief gläubig, dabei aber tolerant gegenüber dem Protestantismus, ist Maria Stuart auf der einen Seite. Auf der anderen Seite verfügt sie über eine schlechte Menschenkenntnis und ist impulsiv, so dass sie sich öfters mal von ihren Gefühlen leiten lässt. Margaret George gelingt es, die Ereignisse ihres bewegten Lebens zu erzählen, aber nicht zu werten. Somit bleibt es dem Leser überlassen, sich daraus sein eigenes Bild von Maria Stuart zu machen und dieses eventuell im Laufe des Buches mehrfach zu ändern. Die lebendige und ausdrucksvolle Sprache macht es einem zudem leicht, sich in die Zeit und die Geschehnisse hinein zu versetzen.
Nur wenige Kritikpunkte zu finden
Es gibt nur einige wenige Kanten in dem insgesamt sehr runden Werk von Margaret George. Zum Einen bleiben da die Nebenpersonen, auch wenn sie wichtige Rollen spielen. Gerade Marias Halbbruder James und viele andere Personen des Kronrates nehmen nicht wirklich Konturen an, sie bleiben einem das Buch hindurch fast fremd. Zudem ist es nicht leicht, den Überblick über die Namen und Titel der ganzen Lords zu behalten. Ein Personenregister mit zumindest den wichtigsten Leuten wäre manchmal sehr hilfreich gewesen.
Auch die Zeitsprünge verwirren teilweise, besonders, wenn ein bedeutendes oder drohendes Ereignis unmittelbar bevorsteht und dieses im nächsten Kapitel in der Rückblende erwähnt wird, weil bereits ein Zeitsprung stattgefunden hat. Demgegenüber gibt es allerdings auch ein paar Längen, besonders die Wetterbeschreibungen, die allzu oft ein neues Kapitel oder einen neuen Zeitabschnitt einleiten.
Das Nachwort rundet das Buch hingegen wunderbar ab. Dort erklärt Margaret George, warum sie einige der umstrittensten Fragen um Maria Stuart so entschieden hat, wie sie es in ihrem Roman schreibt. Auch hier wird es wieder dem Leser überlassen, ob er sich diesen Schlussfolgerungen anschließt oder nicht.
Insgesamt ein farbenprächtiges, spannendes Werk, das sich mit einer faszinierenden Persönlichkeit der schottischen Geschichte beschäftigt und ein anschauliches Bild Maria Stuarts zeichnet, ohne den Leser allzu sehr in eine Richtung zu drängen.
Margaret George, Lübbe
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