Das Spiel der Hofdame

  • Lübbe
  • Erschienen: Januar 2007
  • 5
  • Lübbe, 2006, Titel: 'Dark Angels', Originalausgabe
Wertung wird geladen
Volker Faßnacht
721001

Histo-Couch Rezension vonJan 2008

Am Hof des englischen Sonnenkönigs Charles II.

Das Leben des ";fröhlichen" Königs Charles II. war stark geprägt durch dessen innen- und außenpolitische Lage im Königreich. So musste er die immer wieder aufflackernden Bürgerkriege zwischen seinem katholischen Vater und den Schotten einerseits und dem presbyterianischen englischen Parlament mit Oliver Cromwell andererseits und dem daraus resultierenden Exil der Königsfamilie in Frankreich und Holland am eigenen Leib erfahren und schlussendlichen die Enthauptung seines Vaters von Charles I. durch das englische Parlament ertragen. 

Nun war Charles II. offiziell der neue König, dessen Krönung am 16. Februar 1649,  allerdings nur in Jersey proklamiert wurde. Durch die nur kurze Zeit später stattfindende Ausrufung Englands zur Republik durch das Unterhaus unter der Führung des Lordprotektors Oliver Cromwell wurde Charles II. zum König ohne Land. 

Als König von Schottland, der er am 1. Januar 1651 geworden war, mit der Unterstützung der schottischen Armee, konnte Charles II. noch einmal den Kampf gegen Cromwell und das englische Parlament aufnehmen. Mit der Niederlage und der anschließenden Flucht ins Exil waren jedoch endgültig alle Optionen für Charles II. verspielt. 

Dies sollte sich erst 1660 nach dem Tod von Oliver Cromwell (1658) und der wenig glückvollen Regierung von Richard Cromwell (bis April 1659) ändern: Offensichtlich befand sich das englische Parlament nicht in der Lage einen geeigneten Nachfolger zu finden, so dass sie Charles II. im Mai 1660 die Königswürde verliehen und damit die Wiederherstellung der Monarchie vollzogen. König Charles II. baute als letzter englischer König eine absolute Herrschaft auf und regierte bis zu seinem Tod 1685 charismatisch über sein Reich.

Charles II.: Heirat und die Herrschaft der Unterröcke

Etliche Heiratspläne, die Königin Henrietta Maria von Frankreich für ihren Sohn Charles II. bereits zu Exilszeiten geplant hatten, zerschlugen sich. Zuerst mag es wohl an der Mittellosigkeit der englischen Königsfamilie gelegen haben, deren Regentschaft ohne Land nicht gerade aussichtsreich für bedeutende Töchter erschienen sein mag. Später wollte kein altgläubiger Adeliger seine Tochter in die Hände eines protestantischen Herrscher geben. So wurden die Weichen für eine gesicherte Thronfolge erst nach langjähriger Verhandlungszeit und unter Zusicherung der freien Ausübung des katholischen Glaubens durch die Hochzeit mit der portugiesischen Prinzessin Katharina von Braganza gestellt.

Diese Heirat kann wohl als familiäres und politisches Pulverfass bezeichnet werden, da die junge Braut weder das höfische Intrigen- und Ränkespiel am englischen Hof kannte, noch die Sprachkenntnisse für ein Nahekommen an ihren Mann besaß. Auch wusste sie nicht Bescheid über Charles' etliche unehelichen Kinder und die zahlreichen Mätressen des Königs, welche mit zunehmender Zeit schier unüberschaubar wurden.

König Charles II. - eher auch mit einer katholischen Gesinnung ausgestattet, die er aber gegenüber dem englischen Parlament nicht zeigen durfte - liebte sie zunehmend für ihre Nichteinmischung in politische Themen und ihre mit der Zeit wachsende Fähigkeit, seine Liebschaften zu ignorieren oder zu akzeptieren. Dennoch opponierte das englische Parlament gegen die ungeliebte - da katholische - Königin. Die Kinderlosigkeit wurde ihr negativ ausgelegt. Da der König durch zahllose illegitime Kinder seine Fruchtbarkeit unter Beweis gestellt hatte, konnte es also nur an ihr liegen. Eine von Gott gewollte Kinderlosigkeit als Zeichen des Himmels, dass diese Ehe nicht rechtens sei. Natürlich gab man ihr auch die Schuld an der ";Großen Pest" 1665 und am ";Großen Brand" 1666 von London.

Außenpolitisch gab es ebenfalls Zerreißproben für den König: Sein Parlament wollte eine Allianz gegen das katholische Frankreich Louis XIV. mit Schweden und Holland, welches 1668 offiziell begründet wurde. Insgeheim verbündete sich Charles II. jedoch mit Frankreich, was aber bis zum Tod von Charles II. nicht offiziell zum Tragen kam, da es auch ein öffentliches Bekenntnis des englischen Königs zum katholischen Glauben beinhaltet hatte.

Charles II.: Intrigen und Ränkespiel am Königshof

Karleen Koen versetzt die Leserschaft mit ihrem zweiten Roman ";das Spiel der Hofdame" an eben diesen Hof Charles' II. Sie beschreibt die damalige Zeit aus der Perspektive ihrer frei erfundenen Hofdame und Hauptdarstellerin Alice Verney.

Der königliche Hof ist pompös, prunksüchtig, bunt und ausschweifend. Auf den vielen Festen versucht jeder Höfling seinen Einfluss und sein Ansehen gegenüber dem König, der Königin oder bei der augenblicklichen Mätresse des Königs zu erhalten und zu mehren. Dass dabei nicht nur redliche Mittel gerade recht sind, wird von Karleen Koen sehr bildhaft beschrieben. Bisherige Freunde werden für eine wichtige Information, die eine besondere Gunst beim König verspricht, mal eben verkauft. Neid und  Missgunst sind Schwert und Schild auf dem Schlachtfeld am Hof des englischen Königs.

Alice Verney ist eine Meisterin des höfischen Intrigenspiels. Ihre Loyalität gegenüber dem Könighaus ist absolut untadelig und ihre Ansichten gegenüber ihren Freundinnen mögen zwar gutgemeint und ehrlich sein, jedoch lässt sie sich von ihrer Meinung auch dann nicht abbringen, wenn die Freundinnen ihr Ansinnen ablehnend behandeln. Und so kommt dann irgendwann der tiefe Fall...

Das Spiel der Hofdame: Ein bisschen weniger wäre bisweilen etwas mehr gewesen

Die Geschichte bricht unmittelbar mit der ersten Seite über den Leser herein, als die Schwester Henriette Anne des englischen Königs mit ihrem Gefolge am Strand von England zu einem Besuch aus Frankreich ankommt. Auf den wenigen folgenden Seiten wirft die Autorin mit den Namen der englischen und französischen Adeligen nur so um sich, so dass der unbedarfte Leser leider ein ums andere Mal gewaltig ins Schwimmen kommt und nur durch wiederholtes Lesen oder Querlesen in Sekundarliteratur den roten Faden nicht verliert.

Ebenfalls stören kann die zu penetrante Schilderung von Intrigen und Ränke, wo sicherlich manchmal etwas weniger davon angebracht gewesen wäre. Der englische Originaltitel ";Dark Angels" trifft daher um einiges besser zu, als der deutsche Titel. Insgesamt hat der Roman doch einige Längen und der Spannungsbogen will sich so recht leider auch nicht erheben, zumal der Leser doch irgendwann die Schreibe der Autorin durchschaut und so das Ende manchen Handlungsstrangs bereits erahnen kann, bevor sich dieser überhaupt richtig entwickelt hat.

Das Spiel der Hofdame: Ein bisschen mehr hätte aber manchmal auch nicht geschadet

Positiv bemerkbar macht sich die gute Übertragung aus dem Englischen von Katharina Kramp und das gute Lektorat des Verlags.

Zu überlegen wäre allerdings, ob es sich für einen Roman mit fast 700 Seiten nicht lohnen würde, einen schöneren Rahmen für das Buch zu schaffen. Ob es sich dabei gleich um eine gebundene Ausgaben handeln muss oder eventuell eine Aufmachung, wie das erhabene ";Croix Pattée" des Verlags ";Rütten & Loening" oder stilisierte Juwelen des Verlags ";Marion von Schröder" ausreichen würden, sei mal dahin gestellt.

Wünschenswert wäre zudem ein Familienstammbaum oder zumindest ein Glossar von den wichtigsten Personen im Umfeld des englischen Königs gewesen. Auch die Information, dass sowohl Lady Diana als auch Camilla Parker Bowles ihre Wurzeln in der nicht näher überprüfbaren Anzahl von bis zu 350 illegitimen Nachkommen von Charles II. begründet haben, wäre einer Erwähnung würdig gewesen.

Schön, dass wenigstens der historische Rahmen in einem Vorwort der Autorin knapp umrissen ist, so dass die Leser wenigstens eine grobe Idee vom historischen Kontext bekommen. Leider ist das Vorwort so knapp gehalten, dass der Tod von Oliver Cromwell ins Jahr 1659 verlegt wurde, um die kurze und erfolgslose Regierungszeit seines Sohnes nicht noch zusätzlich erwähnen zu müssen.

Für all jene Leser, die weniger vom offiziellen Leben des letzten absolutistisch herrschenden Königs von England, als lieber über die ";Internal Affairs", dem Leben unmittelbar am Hof von Charles II. erfahren möchten, sei dieses Buch jedoch trotzdem guten Gewissens ans Herz gelegt, denn nicht das, was die Autorin geschrieben hat ist durchschnittlich geraten, sondern das, was vom Verlag - mag es aus Kostengründen gewesen sein - leider nicht ergänzt wurde, macht aus dem Roman als Ganzes kein Meisterwerk.
Das Spiel der Hofdame

Karleen Koen, Lübbe

Das Spiel der Hofdame

Ähnliche Bücher:

Deine Meinung zu »Das Spiel der Hofdame«

Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!

Letzte Kommentare:
Loading
Loading
Letzte Kommentare:
Loading
Loading

Zeitpunkt.
Menschen, Schicksale und Ereignisse.

Wir schauen auf einen Zeitpunkte unserer Weltgeschichte und nennen Euch passende historische Romane.

mehr erfahren