1661

  • dtv
  • Erschienen: Januar 2007
  • 1
  • dtv, 2005, Titel: '1661', Originalausgabe
1661
1661
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Carsten Jaehner
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Histo-Couch Rezension vonJan 2008

Der Staat bin ich!

1661 - Das Jahr der Entscheidung - Paris. Kardinal Mazarin, der als Premierminister zwanzig Jahre lang die Geschicke des Landes bestimmt hat, hat nur noch wenige Wochen zu leben. Das Ringen um seine Nachfolge hat begonnen. Colbert, Mazarins engster Vertrauter, wird von Neid und Eifersucht auf den mächtigen Finanzminister Fouquet zerfressen und spinnt eine Intrige nach der anderen, um Fouquet zu stürzen. Gegen seinen Willen wird der junge Adlige Gabriel de Pontbriand in diesen Machtkampf mit hineingezogen: Der Sekretär von Molières Theatertruppe findet zufällig eine Ledermappe mit verschlüsselten Dokumenten, die bei einem Einbruch in Mazarins Privatkabinett entwendet worden ist. Als er auf einem der Papiere die Unterschrift seines tot geglaubten Vaters entdeckt, beginnt er Nachforschungen anzustellen. Er sticht in ein Wespennest: Alle sind hinter der Mappe her, denn sie birgt bedeutsame Geheimnisse. Gabriel kann nur auf die Hilfe der schönen Louise de la Vallière zählen, für die auch der junge König entflammt ist. Unter Einsatz ihres Lebens versuchen die beiden ein seit Jahrhunderten sorgsam gehütetes Geheimnis zu lüften. Vom Erfolg ihres Unternehmens hängt das Schicksal Frankreichs und des Sonnenkönigs ab.

Zu Zeiten des Sonnenkönigs Ludwig XIV. von Frankreich schien die Sonne wohl etwas heller in Paris und Umgebung und wo viel Sonne ist, ist auch viel Schatten. In diesem Schatten spielen sich Intrigen um den König und seine Vergangenheit ab, ziehen unschuldige Personen mit hinein und reichen sogar bis nach England. Von diesen durchtriebenen Gegebenheiten berichten Yves Jégo und Denis Lépée in ihrem saftigen ersten Gemeinschaftsroman "1661".

Intrigen am Hofe Ludwigs XIV.

Im Jahr des Herrn 1661 liegt Kardinal Mazarin, Erster Minister, Vertrauter und Lehrer König Ludwigs XIV., im Sterben. Zwar wissen alle, dass seine Zeit gekommen ist, doch erweist er sich als zäh und ist bis zum letzten Atemzug im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte. Dies gibt ihm genug Zeit und Gelegenheit, nicht nur seinen umfangreichen Nachlass zu regeln, sondern auch ein dunkles Geheimnis seiner Vergangenheit endgültig zu verschleiern.

Zu den Ereignissen am Hof gehört das ständige Intrigieren von Colbert, dem engsten Vertrauten Mazarins, dem er auch seinen letzten Willen diktiert und Fouquet, dem Finanzminister. Beide schenken sich nichts in Bezug auf Einschmeicheleien beim Kardinal und auch beim König. Stets versuchen beide, den jeweils anderen zu übervorteilen und beim König und der Königinmutter schlecht zu machen. Das ist nicht immer vom gewünschten Erfolg gekrönt, vor allem dann nicht, wenn sie vom König gezwungen werden, zusammen zu arbeiten.

Der junge Adlige Gabriel de Fontbriand, Sekretär der Theatertruppe Molières, findet zudem eine Mappe mit verschlüsselten Dokumenten, hinter denen mehrere Gruppierungen her sind, sei es, sie zu veröffentlichen, sei es, sie zu verschleiern. In den Papieren stößt er auch auf die Unterschrift seines totgeglaubten Vaters und somit bekommt der mysteriöse Fall auch eine für ihn persönliche Dimension. Immer mehr wird Gabriel in den Sumpf der Intrigen hineingezogen. Er setzt alles daran, die Codes zu entschlüsseln und bleibt bei seinen Nachforschungen nicht nur in Frankreich, sondern muss auch nach England reisen, wo er dem Geheimnis der Dokumente Mazarins einen gefährlichen Schritt näher kommt.

Ludwig XIV., 22 Jahre alt und bereits seit 17 Jahren im Amt, verliert mit dem Tod Mazarins einen Vertrauten, der im Prinzip für ihn den Staat geleitet hat und der immer auf seiner Seite war. Dies gilt leider nicht für alle Personen, die dem König nahe stehen. Ludwigs Mutter Anna von Österreich weiß ebenso ihre Strippen im Hintergrund zu ziehen wie sein Bruder, Herzog Philippe d'Orléans. Mit Mazarins Tod wird es für Ludwig Zeit, selbst in die Geschichte einzugreifen.

Goldene Zeiten für Frankreich?

Groß prangen die goldenen Ziffern des Jahres 1661 auf dem Cover des ersten Romans der beiden Franzosen Yves Jégo und Denis Lépée. Die Sonne des Königs, eine Dame mit Fächer und zahlreiche goldene Lilien, Symbol des Sonnenkönigs, komplettieren die Titelseite und versprechen eine große Story voller Pomp und Glorie -doch dem kann der Roman leider nicht immer entsprechen.

Dass die beiden Autoren ihre Hausaufgaben gemacht haben, steht außer Zweifel. Chronologisch wird die Geschichte des Jahres 1661 erzählt, Intrigen somit gut und logisch vorbereitet und teils vereitelt, teils erfolgreich gesponnen. Sie verstehen es, die Charaktere sinnvoll zu beschreiben und zeichnen ein pralles und saftiges Bild der Zeit, in der Versailles noch nicht existierte und Hygiene noch als schädlich galt. Die Atmosphäre der Zeit wird jederzeit gut eingefangen und geschildert. Wo es nötig ist, wird geschwelgt, wo nicht, wird es unterlassen. Dabei erzählen die Autoren die Handlung nicht nur aus dem Blick einer Person, sondern aus mehreren Perspektiven und das baut auch eine gewisse Spannung auf, die dem Roman jederzeit gut tut.

Sprünge und Lücken in der Chronologie

Durch die Chronologie der Ereignisse passiert jedoch auch etwas, wodurch die Spannung nicht konsequent aufrecht erhalten werden kann. Es entstehen, gerade in der zweiten Hälfte des Buches, größere Zeitsprünge, in denen nichts beschrieben wird, und diese Sprünge lassen die gerade aufgekommene Spannung verflachen, da ein völlig neuer Handlungsstrang erzählt und der vorherige nur knapp beendet wird. Es mag sein, dass dies dadurch geschieht, dass hier zwei Autoren am Werke waren, wo dann eine Übergabe nicht gut geklappt hat, aber diese Lücken stören den Gedankenfluss des Lesers. Vom Erzählstil kann man nicht sagen, wer was geschrieben hat, aber inhaltlich ist es doch zu erkennen.

Gabriels Beziehungen zum Hof und zu der jungen Louise de la Vallière, einer Freundin nicht nur aus Kindertagen, sorgen für eine Art roten Faden, den die Autoren immer wieder suchen und meistens auch finden. Letztendlich verfolgt der Roman zwei Erzählstränge, die miteinander verwoben sind, die aber zwischenzeitlich drohen, sich dabei zu verheddern. Soweit lassen es die Autoren allerdings nicht kommen. Dafür beginnen sie neue Nebenhandlungen, ohne sie zu Ende zu führen oder sie zu erklären. Hier hätte man noch sorgfältiger arbeiten können.

Kein Anhang - keine Informationen

Was diesem Roman zudem leider fehlt, ist ein Anhang, in dem aufgeschlüsselt wird, welche Personen der Geschichte real sind und welche fiktiv und zudem eine historische Einordnung der Handlung. Dazu gehört auch, welche der Ereignisse real sind und welche nicht. Zu einem Roman, der in diesen royalen Gefilden spielt, gehört dies mittlerweile zum Standard, leider ist hier nichts dergleichen zu finden.

"1661" ist somit ein Roman, der gut zu lesen ist und auch interessant und irgendwie auch spannend ist, bisweilen aber an einer Ideenfülle zu scheitern droht, die angedeutet, aber nicht konsequent zu Ende geführt wird. Das ist bedauerlich, hat man doch ein Sujet gewählt, das an sich schon genug Spannung enthält. Sollten die beiden Autoren, die beide nicht in belletristischen Berufen tätig sind, sich an einen weiteren Roman wagen, steht zu wünschen, dass sie dramaturgisch besser miteinander arbeiten. Die französische Geschichte bietet noch genügend Jahreszahlen voller Brisanz, so dass sich sicherlich ein geeigneter Stoff dafür finden ließe.

 

1661

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