Die Närrin des Königs
- Aufbau
- Erschienen: Januar 2008
- 6
- Aufbau, 2008, Titel: 'Die Närrin des Königs', Originalausgabe
Närrische Weisheiten, höfische Ränke
Der Volksmund weiß: Kinder und Narren sagen die Wahrheit. Noch heute gehen die Karnevalsnarren üblicherweise kritisch mit aktuellen Themen um. Narren waren im Mittelalter und der Frühen Neuzeit aus dem höfischen Leben nicht wegzudenken. In Angeline Bauers Roman "Die Närrin des Königs" geht es um eine konkrete Närrin, die in Frankreich Bekanntheit erlangte: Mathurine.
Königlicher Verfall und vielbeschäftigte Närrin
Mathurine ist lange Zeit mit dem Kriegstross umhergezogen, bis der König sie zu seiner Närrin machte und ihre Lebensbedingungen schlagartig verbesserte. Sie ist dem König treu ergeben und ist jederzeit bereit ihm in schönen, als auch dunklen Stunden Kurzweil zu bieten. Sie tanzt, singt, musiziert und berät auf ihre eigene, freche Art. Auch nachts wird sie häufig gerufen, um den ängstlichen, unsicheren König aus seiner Melancholie zu reißen oder gar in den Schlaf zu singen.
Heinrich III. galt als unentschlossener Monarch. Er litt unter seiner machtgierigen Mutter und war dem politischen Ränkespiel selten gewachsen. Die Figur wirkt manchmal geradezu hysterisch, depressiv und weltfremd. Heute wird vermutet, dass er an einer vererbten Syphilis litt. Ob er sich tatsächlich junge Höflinge ins Bett holte, bleibt ungewiss. Spekulationen gab es beispielsweise aufgrund seines regen Interesses an Kleidung und Schmuck. Man nannte ihn sogar den "Prinzen von Sodom".
Interessantes Geschehen auf zu wenig Raum
Der historische Hintergrund des Buches, das Ringen um die Macht in Frankreich gepaart mit der Geschichte der Närrin, bietet einen ansprechenden Stoff, der leider viel zu knapp erzählt wird. Zeitweise wird die Geschichte der Hauptfigur fast nebensächlich und man wartet auf neue Ereignisse. Genauso werden Intrigen, Verwicklungen und Schlachten zwar erzählt, aber nicht näher ausgeführt. Die Autorin erzählt ihre Geschichte gut und sprachlich gefällig und leider - zu kurz. Störend waren nebenbei einige Druck- und Schreibfehler, die das Lektorat leider übersehen hat.
Eine sehr schöne Idee hat die Autorin jedoch umgesetzt: Sie hat ihrer Närrin viele Weisheiten in den Mund gelegt, die andere Menschen gesagt haben. Die Sprüche hat sie hinten verzeichnet, so dass man sich an der Narretei erfreuen kann, welche Worte sie so alle anachronistisch einsetzt.
Und wärst Du auch dem ärmsten Bettler gleich, bleibt Dir ein Freund, so bist Du reich. Doch wer den höchsten Königsthron gewann, doch keinen Freund hat, ist ein armer Mann.
(Friedrich von Bodenstedt)
Unglück kann jeder Esel haben, die Kunst besteht darin, dass man es richtig auszubeuten versteht.
(Frank Wedekind)
Figuren zwischen Hülle und Charakter
Einige Figuren sind schön und solide ausgearbeitet und können den Leser durchs Buch führen. Daneben stehen allerdings weitere, die leider zu wenig Beachtung erfahren, obgleich sie zum Geschehen beitragen. Auch auf dieser Ebene zeichnet sich ab, dass das Buch mit etwas mehr Mühe und Länge sehr gewonnen hätte. Angeline Bauer kann hier nicht überzeugen, ist aber sicherlich eine Autorin mit Potenzial für mehr. Es wäre schön, wenn sie sich demnächst auch die Zeit für das Mehr nimmt.
Angeline Bauer, Aufbau
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