Die Bestie im Turm

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  • Erschienen: Januar 2007
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  • , 2007, Titel: 'Die Bestie im Turm', Originalausgabe
Die Bestie im Turm
Die Bestie im Turm
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Jörg Kijanski
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Histo-Couch Rezension vonJan 2008

Kein weiterer Preußenkrimi, aber ein detailverliebter Mittelalterroman

Als ob die Bedrohung durch den Herzog und seine Krieger noch nicht genügte. Mellnaus humanistisch geschulter Geist fühlt sich durch den öffentlich verbreiteten Aberglauben herausgefordert und setzt alles daran, die wahren Gründe der Todesfälle zu entdecken. Was als Zeitvertreib neben trockenen Geschäften beginnt, wird rasch zu einer gefährlichen Mission. Mellnau und Basler entgehen mehrfach nur knapp dem Tod. Und auch im Rat betreibt man ihre Abschiebung. Doch so einfach gibt ein Kaufmann und Philosoph nicht auf!

Juni 1527: Der Rat der freien Reichsstadt Goslar liegt im Streit mit dem Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel, der einst den erzreichen Rammelsberg gegen ein Pfandgeld der Stadt zur Verfügung stellte. Nun hat er das Geld zurückgegeben, doch die Stadtväter wollen den Berg behalten. So ruht die Arbeit in den Bergwerken, was sich auf das gesamte Wirtschaftsleben auswirkt.

Allein der Schacht der Grube Neuwerk fördert noch, sehr zum Verdruss der meisten Einwohner Goslars. Als einer der Bergwerkseigner ermordet aufgefunden wird, hält sich die Bestürzung in Grenzen. Vor allem bei dem Ratsherrn Achtermann, der sich erhofft, von der Auflösung des Kontors des Ermordeten den größten Anteil einzuheimsen. Die Freude wehrt jedoch nur kurz, denn wenig später wird Achtermann erschlagen und stürzt in ein Lichtloch eines Bergstollens. Nur wenig bleibt von seinem Körper übrig.

Bürgermeister Weidemann und seine Ratskollegen werden allmählich unruhig und beauftragen den gerade erst in den Rat der Stadt aufgenommenen Daniel Jobst, die Todesfälle zu untersuchen. Dieser stößt gemeinsam mit seinem Lehrjungen Gregor Geismar auf lang zurückliegende Geschehnisse innerhalb des Stadtrates, während das gemeine Volk einen aus dem Tollkasten entflohenen Mann oder gar den Teufel selbst als Übeltäter vermutet ...

Wer sich für die Geschichte des Bergbaus interessiert, kann unbesehen zugreifen

Tom Wolf, bekannt als Autor der erfolgreichen "Preußenkrimis" (König Friedrich II.), macht also einen Ausflug in die Reichsstadt Goslar. Diese wird bildhaft zum Leben erweckt und zudem erhalten die Leser zahlreiche Informationen über den damaligen Bergbau. Die Ausgangssituation, der Konflikt zwischen Stadtrat und Herzog, findet zwar immer wieder beiläufig Erwähnung, ist aber kaum Gegenstand der Handlung. Vielmehr steht die Suche nach der "Bestie im Turm" im Vordergrund, die letztendlich zwar keineswegs enttäuschend, aber auch nicht allzu spektakulär beendet wird.

 

"Was sollen wir? Kirchen und Klöster niederbrennen? Das wird uns Kopf und Kragen kosten. Das wird uns Seine Heiligkeit, der Papst, niemals durchgehen lassen ... Von Seiner Unheiligkeit, dem Kaiser, ganz zu schweigen ..."

Während der Krimiplot sehr wohl hätte spannender ausfallen können, punktet der Autor mit seiner Detailverliebtheit was den historischen Part angeht. Mitunter übertreibt es Tom Wolf jedoch bei seinen Aufzählungen. So liest man über mehrere Zeilen eine Auflistung der zum Harz gehörenden Berge oder deren zahlreiche Schächte. Gerade zum Beginn des Romans wird dem Leser in dieser Hinsicht einiges abverlangt. Hat man sich darauf eingelassen, folgt die Belohnung. In gewohnt souveräner Manier wird man kurzerhand in die damalige Zeit versetzt, in der es mitunter rau zur Sache geht, wie nicht zuletzt die arg entstellten Leichen beweisen.

Kein Meisterwerk, aber als historischer Roman empfehlenswert

Die Geschichte des Bergbaues, die aufkommenden Differenzen zwischen Katholiken und Anhängern eines gewissen Martin Luther, sowie einige in der Vergangenheit liegende Verfehlungen des Stadtrates von Goslar stehen im Fokus der Geschichte. Offenbar sinnt jemand auf Rache, denn die Reihen der Ratsherren lichten sich zunehmend. Dies alles ist durchaus interessant, auch unabhängig von dem lokalen Bezug zu Goslar und so kann "Die Bestie im Turm" empfohlen werden. An die bereits angesprochenen Preußenkrimis, in deren Mittelpunkt der grandiose zweite Hofküchenmeister Honoré Langustier steht, kommt dieser Roman aber nicht heran und auch Johannes Soyeners Werk "Der Meister des siebten Siegels", in dem der Bergbau des 16. Jahrhunderts ebenfalls eine wichtige Rolle spielt, bleibt unerreicht ...

Die Bestie im Turm

Tom Wolf, -

Die Bestie im Turm

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