Der Bierzauberer
- Gmeiner
- Erschienen: Januar 2008
- 7
- Gmeiner, 2008, Titel: 'Der Bierzauberer', Originalausgabe
Ein lesenswerter historischer Roman über die Bierbrauerei!
Niklas von Hahnfurt macht sich auf den steinigen Weg, der beste Bierbrauer seiner Zeit zu werden. Von seiner fränkischen Heimat gelangt er dabei über das Kloster Weihenstephan nach St. Gallen, der Hochburg mittelalterlicher Braukunst. Als dort mehrere Pilger mit vergiftetem Bier ermordet werden, gerät Niklas ins Visier des fanatischen Inquisitors Bernard von Dauerling. Es beginnt eine Jagd auf Leben und Tod. Niklas' Flucht führt ihn in die Bierstädte Regensburg, Bitburg und Köln, sogar bis nach Lübeck und London kommt der "Bierzauberer". Doch am Ende ist ein letztes "Bierduell" mit seinem Todfeind unausweichlich.
1248 wird Niklas in dem beschaulichen Ort Hahnfurt geboren, wo er als kleiner Junge schon bald seiner Mutter bei zahlreichen Hausarbeiten zur Hand gehen muss. So lernt er recht früh die ersten Handgriffe, welche erforderlich sind, um eigenes Bier brauen zu können. Um als zwölfjähriger Knabe der mühsamen Feldarbeit zu entgehen, bittet er seinen Vater ihn nach Kloster Urbrach zu schicken, wo gerade neue Novizen eingestellt werden sollen. Abt Kilian nimmt Niklas auf und so beginnt seine Arbeit mit Bruder Thomas, dem Vorsteher der Klosterbrauerei. Thomas experimentiert bei zahlreichen Brauvorgängen mit einigen Kräutern herum und so entdeckt er mit Niklas eher zufällig die Wirkung der Hopphopflanze, dem Hopfen. Wird landesweit noch weitgehend das schnell vergängliche Gruitbier gebraut, so lässt sich das Hopfenbier deutlich länger halten.
Während seiner Zeit in Kloster Urbrach freundet sich Niklas mit Bernard von Dauerling an, der dem Klosterbruder Ansgar in der Backstube behilflich ist. Doch als eines Tages bei einem Unfall in der Brauerei Thomas stirbt, erhebt Ansgar schwere Vorwürfe gegen Niklas, dem er unterstellt, er habe bei dem Todesfall seine Hände im Spiel gehabt, um selber Vorsteher der Brauerei zu werden. Abt Kilian glaubt Ansgar zwar nicht, entscheidet sich aber für die Durchführung eines Gottesurteils, welches Niklas besteht. Da die angespannte Stimmung aber weiter anhält, verlässt Niklas das Kloster und zieht weiter zu dem Benediktinerkloster Weihenstephan bei Freising. Hier lebt er einige Jahre bis nach einem heftigen Erdbeben die Brauerei vernichtet wird. Nach den Vorfällen von Urbrach sieht er einen schlechten Stern über seiner Person schweben und zieht weiter nach Helvetien, in das Kloster von St. Gallen.
In St. Gallen entwickelt er die Braukunst weiter und führt auch hier einige Neuerungen herbei. Nachdem jedoch mehrere Gäste eines plötzlichen Todes sterben, scheint erneut das Unheil seinen Lauf zu nehmen, denn der Klostervorsteher erbittet in Rom die Hilfe der Inquisition. So gibt es ein unvorhergesehenes Wiedersehen mit Bernard von Dauerling, mit dem sich Niklas zuvor zerstritten hat. Auch wenn Niklas nichts mit den Todesfällen zu tun hat, zieht er doch weiter in Richtung Regensburg, bevor ihn sein weiterer Werdegang als Biermagus, als Bierzauberer, nach Bit(z)burg und Köln führt. Immer auf seiner Spur, Bernard von Dauerling, der es sich zum Ziel gemacht hat, Niklas zu vernichten, da er diesem blind vor Hass unterstellt, einem Geheimbund der ";Reinen Brauer" anzugehören...
Liquida non frangunt ieuneum -
Flüssiges bricht das Fasten nicht
Gerade zur Fastenzeit sind die Brauer der Klöster sehr beliebt, denn während die meisten Lebensmittel streng verboten sind, ist ein Bier gegen den Durst immer drin. Leider verkommt dieses jedoch oft allzu schnell und so ist die Entdeckung des Hopfens für die damalige Zeit ein Quantensprung. Doch Niklas entdeckt und erfindet noch viele andere wertvolle Methoden und Apparaturen, die die Braukunst verfeinern werden bis hin zum ersten weltweiten Bierautomaten.
Wer sich für die Geschichte des Bierbrauens interessiert, kommt an diesem Buch von Günther Thömmes, von Beruf gelernter Brauer und Mälzer, nicht vorbei. Sehr umfassend werden die Braumethoden dargestellt und so entsteht ein lebhaftes Bild von der damaligen Arbeitswelt der Bierbrauer. Dass Niklas in den noch heute wichtigen Bierstädten wie Bitburg und Köln Station macht, ist dabei sicher kein Zufall. Zu Beginn seiner Ankunft in den jeweiligen Orten wird ein kurzer Einschub hinsichtlich der allgemeinen und politischen Lage gegeben, so dass auch an der Historie interessierte LeserInnen durchaus auf ihre Kosten kommen. Zudem gibt es Einblicke in das Alltagsleben der Menschen im Mittelalter, vor allem innerhalb von Klostermauern.
Kaum Spannung außerhalb des Brauereialltags
Der Gmeiner Verlag hat sich bislang einen Namen im Segment Regionalkrimis gemacht und führt erst seit kurzer Zeit auch einige historische Romane. Wohlgemerkt historische Romane, nicht Kriminalromane, denn trotz einiger ermordeter Personen in St. Gallen ist ";Der Bierzauberer" sicher alles, aber eben kein Krimi! Dies tut dem Buch keinen Abbruch, sollte allerdings bekannt sein, da der Buchumschlag einen anderen Inhalt suggeriert. Hier wird der Eindruck erweckt, dass es um den Zweikampf zwischen Niklas und dem Inquisitor Bernard von Dauerling geht, doch dieser erscheint immer nur (gefühlt alle 50 Seiten) sporadisch auf der Bildfläche und genau diese Passagen sind es, die einen leicht säuerlichen Beigeschmack hinterlassen. Die Figur des Bernard ist schwach gezeichnet, seine Motivation nicht erkennbar. Irgendwelche Emotionen können beim Lesen jener Passagen kaum aufkommen, da sie zu plakativ wirken und offensichtlich nur als Beiwerk des eigentlichen Plots dienen, nämlich dem Bierbrauen. Schade, denn hier wäre sicherlich deutlich mehr drin gewesen.
Für Mittelalterfans und besonders für lesefreudige Biertrinker ein ";Muss"
Wer sich für das Leben im Mittelalter interessiert, darf hier ebenso gerne zugreifen wie jeder lesefreudige Biertrinker. Brauereien werden weiterentwickelt und ";modernisiert" und zwischendurch, damit wenigstens ein bisschen Abwechslung in den Brauereialltag kommt, passieren die Schrecken der damaligen Zeit. Die Inquisition (naja) bedroht einzelne Personen und der Schwarze Tod löscht gleich ganze Dörfer aus. Immerhin bleiben noch ein paar Zeilen für eine kleine Liebesgeschichte übrig.
Lobenswerte Aufmachung
Lobens- und daher noch erwähnenswert sind der abschließende Epilog und der darauf folgende Anhang mit zusammen rund 40 Seiten Länge. Hier finden sich umfangreiche Erläuterungen, eine geschichtliche Zeittafel und zahlreiche Informationen über weiterführende Literatur und Internetadressen für all jene, die es noch genauer wissen wollen. Mehrere Illustrationen und ein Lesezeichen - passend zum Buchcover - runden den positiven Gesamteindruck ab.
Günther Thömmes, Gmeiner
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