Die Bernsteinsammlerin
- Droemer-Knaur
- Erschienen: Januar 2009
- 4
- Droemer-Knaur, 2009, Titel: 'Die Bernsteinsammlerin', Originalausgabe
Von der Fingerfertigkeit, die das Überleben sicherte
Kurzgefasst:
Lübeck 1806: Die Thuraus sind eine Familie, die durch den Handel mit Wein reich und mächtig geworden ist. Ihre Tochter Femke aber, deren meeresgrüne Augen schon so manchen fasziniert haben, zaubert aus dem Bernstein, den sie am Ostseestrand sammelt, wahre Meisterwerke, denen man sogar magische Fähigkeiten nachsagt. Als die Familie aufgrund der Bedrohung durch Napoleons Truppen in wirtschaftliche Bedrängnis gerät, ist es Femkes Talent, das den Thuraus das Überleben sichert. Femke ahnt nicht, dass sie ein Findelkind ist und dass ein dunkles Geheimnis in ihrer Herkunft sie mit dem Stein verbindet, der ihr Schicksal ist...
Femke hat es gut - ihre Mutter legt sie als frisch geborenes Baby auf die Schwelle eines jungen Paares, das sich nichts sehnlicher wünscht, als ein Kind zu haben. Die beiden nehmen das Findelkind als ihre eigene Tochter an und lassen sie in einer Umgebung voller Liebe und Reichtum aufwachsen. Doch dann bricht über die freie Hansestadt Lübeck der Krieg herein. Französische Truppen unter Napoleon besetzen die Stadt. Die ehemals wohlhabenden Thuraus, die vor allem mit französischem Wein handelten, stehen vor dem Nichts. Einzig Femkes Talent, aus unscheinbaren Bernsteinklumpen filigrane Kunstwerke zu schaffen, kann sie vor dem Untergang und der Not retten. Doch Femke zahlt einen hohen Preis dafür, ihre Familie zu schützen.
Gut eingefangene Atmosphäre
Die Geschichte, in deren Mittelpunkt die junge Femke mit ihrer geheimnisvollen Herkunft steht, lebt von der atmosphärisch dichten Schilderung der Autorin. Sie versteht es sehr gut, die Angst und Verzweiflung der Lübecker wiederzugeben, die jahrzehntelang geglaubt hatten, ihnen könnte nichts passieren, die sich dann aber plötzlich fremden Mächten ausgesetzt sahen. Mit der Familie Thurau hat Lena Johannson eine für diese Zeit typische Kaufmannsfamilie gewählt, die versucht, mit den neuen Begebenheiten umzugehen. Lena Johannson gelingt es mühelos, in ihren Roman die düstere, oft hoffnungslose Stimmung wiederzugeben, die die Menschen Lübecks in ihrer Umklammerung hält. Sehr schön ist der Einstieg in den Roman, der es schnell schafft, die Leser in die Geschichte hinein zu begleiten. Sehr gut eingearbeitet ist die Geschichte rund um den Bernstein, die dem Roman ein besonderes Gepräge gibt.
Eine etwas farblose Heldin
Femke mit ihrem flammend roten Haar bleibt leider trotz allem etwas farblos. Zwar ist erkennbar, wie sich das verwöhnte Kind aus behütetem Haus in eine junge Frau, die sich dem Leben stellt, verwandelt, doch hätte man sich von dem Mädchen die eine oder andere Ecke oder Kante gewünscht. So bleibt Femke den ganzen Roman über das liebe Mädchen, das - etwas verängstigt zwar - an die große Liebe glaubt und bereit ist, dafür einiges auf sich zu nehmen. Allerdings passt Femke gut ins Bild des Romans, und so bleibt die Geschichte stimmig, auch wenn die Protagonistin nicht nur überzeugt.
Solide Sprache
Lena Johannson kann auch mit der unprätentiösen Sprache punkten. Das Buch liest sich flüssig und ohne große Hürden, kann durch die Sprache aber doch sehr lebendige Bilder hervor rufen, die dem Roman zusätzliche Tiefe verleihen. Nicht ganz so konstant ist hingegen der Spannungsbogen. Immer mal wieder verliert sich die Autorin hier in Längen, die sich dem Lesefluss etwas in den Weg stellen. Es ist aber nie so ausgeprägt, dass Langeweile aufkommen könnte.
Die Bernsteinsammlerin ist ein Roman für jene Leserinnen und Leser, die sich für das 19. Jahrhundert interessieren und sich mit der Geschichte der freien Hansestädte auseinander setzen mögen. Wer atemlose Spannung sucht, wird eher enttäuscht. Wer die gut beobachteten Details liebt, wird das Buch mögen.
Lena Johannsson, Droemer-Knaur
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