Die Schattenflotte
- Rowohlt
- Erschienen: Januar 2008
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- Rowohlt, 2008, Titel: 'Die Schattenflotte', Originalausgabe
Geglückte Gratwanderung zwischen Realität und Fiktion
Kurzgefasst:
Als sein Ziehsohn David in einen Todesfall verwickelt wird, muss Sören Bischop sich wieder als Detektiv betätigen. Der Tote war ein jüdischer Emigrant, die Spur führt in die Auswandererstadt an der Elbe. Dann stößt Sören auf ein geheimnisvolles Schreiben aus dem Reichsmarineamt, und er ahnt: Auch in diesem Fall führt ein kleines Verbrechen auf die Spur großer Staatsaktionen...
Boris Meyn meint im Epilog zu seinem Roman Die Schattenflotte: "... handelt es sich um eine Gratwanderung zwischen Realität und Fiktion". Gleich vorweg: diese Gratwanderung ist geglückt. Dank der schnörkellosen, nicht aber reizlosen Figurenzeichnung bindet der Autor den Leser gleich von Anfang an ins Geschehen ein. Der Schreck ist groß, als Rechtsanwalt Sören Bischop erfährt, dass sein Ziehsohn David wegen Mordes verhaftet wurde. Davids dunkle Vergangenheit scheint wieder aufgeflackert, obwohl Sören Bischop überzeugt gewesen war, dass dieses Kapitel abgeschlossen und David auf gutem Wege sei. Bei seinen vorsichtigen Recherchen stößt Bischop auf Ungereimtheiten und schließlich auf einen weiteren Toten, der David hätte entlasten können. Bei diesem Toten findet Sören Bischop geheimnisvolle Papiere, die ihm den Weg weisen.
Düstere Atmosphäre
Mit Die Schattenflotte legt Boris Meyn einen Roman vor, der von einer düsteren Atmosphäre und vielen Verwicklungen lebt. Das Tempo der Geschichte geht recht flott voran, wenn auch die Ermittlungen des rührigen Rechtsanwalts Sören Bischop, der den Meyn-Fans schon aus früheren Romanen ein Begriff ist, immer mal wieder an einem toten Punkt angelangt scheinen. Wohltuend ist, dass Sören Bischop kein Übermensch ist, dem alles ohne Probleme gelingen will. Vielmehr ist der Fortgang seiner Ermittlungen Ergebnis aus vielen kleinen Details - und zum Teil nur dank Hilfe anderer überhaupt realisierbar. Damit hat der Autor einen Protagonisten geschaffen, dem man seine Handlungsweise glaubt und der sehr realistisch wirkt.
Es könnte so gewesen sein
Obwohl klar ist, dass die Geschichte rund um Sören Bischop Fiktion ist, kommt gelegentlich der Eindruck auf: "Es könnte so gewesen sein". Und so kommt dem Roman als Ganzes mehr Gewicht zu, als der eigentlichen Kriminalgeschichte. Denn zwar beschäftigt der Mord an einem jüdischen Emigranten, der nicht hätte dort sein dürfen, wo er war, als er ermordet wurde. Aber vielmehr noch beschäftigen der zweite Todesfall und die dabei gefundenen Papiere. Es wird deutlich, dass Vorgänge von großer Tragweite im Gange sind und hier ein Spiel hinter den Kulissen stattfindet.
Einige Lücken
So wirkungsvoll viele Szenen umgesetzt sind, so stößt man beim Lesen denn doch immer wieder mal auf Längen - oder auch Lücken, die etwas ratlos machen. Es mag daran liegen, dass einiges vorausgesetzt wird, das wohl in früheren Romanen erklärt wurde, oder aber an einer nicht immer ganz geglückten Kürzung. Damit wird diesem an sich spannenden Roman eine holprige Komponente verpasst, die den Lesegenuss letztlich etwas schmälern. Das ist höchst bedauerlich.
Ein besonderes Lob verdient Die Schattenflotte für die Aufmachung. Nicht so sehr das eher düstere Cover als vielmehr die enthaltenen zeitgenössischen Bilder sind eine Bereicherung.
Ein Roman also, der vor allem ein männliches Publikum fesseln dürfte, durchaus aber auch weiblichen Krimifans etwas zu bieten hat.
Boris Meyn, Rowohlt
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