Die Affäre Königsmarck
- List
- Erschienen: Januar 2008
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- List, 2008, Titel: 'Die Affäre Königsmarck', Originalausgabe
Wenig Spannung im Hannoverschen Karneval
Kurzgefasst:
Hannover, Ende des 17. Jahrhunderts: Während am Hof des Kurfürsten Ernst August Karneval gefeiert wird, verschwindet unter mysteriösen Umständen der schillernde Graf Königsmarck. Was steckt dahinter? Spielschulden? Oder hat ihn seine fatale Liebe zur Kurprinzessin ins Verderben geführt? Gemeinsam mit dem Bauernmädchen Marie versucht Antoine de Montagnac, das Geflecht der Intrigen und Geheimnisse zu durchdringen.
Im Jahr 1673 verschwindet im Hannoverschen Schloss der Graf Königsmarck während des Karnevals einfach so von der Bildfläche. Zu dieser Zeit ist auch der Marquis Antoine de Montagnac in Hannover, der drei Jahre zuvor noch am Hof in Versailles einen Mordfall gelöst hat. In Paris ungeliebt, hat es ihn in die Dienste von Anton Ulrich verschlagen, einem entfernten Verwandten des Kurfürsten Ernst August von Hannover, dem Ausrichter des Karnevals.
Von seinem Herrn bekommt Antoine de Montagnac auch den Auftrag, den Ereignissen nachzuspüren und das Verschwinden des Grafen zu klären. Dabei erfährt er zwangsläufig viel über dessen Familienverhältnisse - was ihm nur wenige Freunde einbringt. Ihm zur Seite steht die tot geglaubte Marie, seine Schutzbefohlene, und ihr Heranreifen vom Kind zur jungen Dame macht ihm wenigstens genauso viel zu schaffen wie die mysteriösen Umstände um den Grafen Königsmarck.
Langer Anlauf
Beruhend auf einer wahren Begebenheit, die in Wirklichkeit allerdings 20 Jahre später stattfand, konstruiert Sargon Youkhana sein zweites Abenteuer um den Marquis Antoine de Montagnac. Ging es im ersten Fall noch um einen echten Mord mit vielen komplizierten Wendungen in Versailles, so ist die Kulisse in Hannover nicht mehr so exklusiv, der Fall nicht mehr von so royaler Brisanz.
Ganz allmählich erst läuft die Geschichte an und setzt die eine oder andere falsche Fährte. Allerdings nutzt der Autor seinen langen Anlauf leider nicht dazu, Spannung am Hofe und in der Handlung aufzubauen. Zu lange plätschert das Geschehen vor sich hin, ehe man das Gefühl hat, dass nun endlich Spannung aufkommt. Wer da mit wem ein Verhältnis hat, wer wessen offizielle Mätresse ist und wer eher nicht, wer da in der Familie gegen wen intrigiert und wer wen nicht mag, das alles ist recht früh klar und daher ohne weitere Überraschung und Spannung für den weiteren Verlauf.
Alte Bekannte in neuen Kleidern
Das ändert sich erst, als Marie wieder in Antoines Leben tritt. Allerdings weiß er nicht, was er mit ihr anfangen soll und sie auch nicht mit ihm. Doch bleiben sie einander verbunden, wenngleich sie nebeneinander her leben. Mit Maries überraschendem Wiederauftauchen gerät die Geschichte auch endlich in Fahrt, auch dank ihrer Bekanntschaft mit dem jungen Wachsoldaten Jasper, mit dem sie bald mehr verbindet.
Auch Antoine macht eine Liebesbekanntschaft, die ihn mehr in Anspruch nimmt, als geplant. Überhaupt nimmt das Privatleben hier überhand, was die Handlung ein ums andere Mal länger auf der Stelle treten lässt. Das ist alles nett und schön, aber man fragt sich schon gelegentlich, wo der berühmte rote Faden verläuft.
Sprachlich reicht Youkhana leider auch nicht an seinen Erstling heran. Besaß "Im Labyrinth der Lilien" noch durch eine gewisse höfische Delikatesse, mit der die Spitzen der Beteiligten nur so hin- und herflogen, so bleibt der zweite Fall Antoines doch leider weit dahinter. Nur gelegentlich blitzen kleine Gehässigkeiten auf, die die Würze eines solchen Romans sind, nur leider viel zu selten.
Mit dem Auftreten des Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz holt sich Youkhana einen prominenten und berühmten Namen in die Handlung. Leider aber wird dessen Präsenz im Grunde verschenkt, weil er mit der Aufklärung des Falles recht wenig zu tun hat. Hier sollte man doch mehr mit den Pfunden wuchern, die sich einem bieten, auch wenn es vielleicht nicht historisch korrekt ist. Da der reale Leibniz tatsächlich in Hannover war, sollte man das doch besser nutzen, als der Autor es getan hat.
Realer Hintergrund wenig spannend aufbereitet
Zwar bietet der Roman einen netten Blick in das Ende des 17. Jahrhunderts im Hannoverschen Raum, allerdings hätte die Geschichte auch an jedem anderen Schloss der Zeit spielen können. Dass es das nicht tut, liegt wohl daran, dass ihr eine wahre Begebenheit zugrunde dient, in der der echte Graf Königsmarck tatsächlich auf mysteriöse Weise verschwand. Dies alles wird vom Autor in einem ausführlichen Nachwort dargestellt, das ist sehr lobenswert. Auch präsentiert er den echten Ausgang der Affäre Königsmarck und stellt alles in den historischen Kontext. Zu Beginn des Romans findet man auch eine Auflistung der Personen.
Mit der "Affäre Königsmarck" liest man einen netten, allerdings leider über weite Strecken wenig spannenden Roman, bei dem man tatsächlich überlegen muss, ob es ein Kriminalroman ist. Die aus dem ersten Teil bekannten Personen haben im Grunde dieselben Probleme wie damals und machen nur wenig Entwicklung mit. Allerdings kann man diesen Roman auch lesen, ohne den ersten zu kennen. Sollten weitere Romane der Reihe um Antoine de Montagnac folgen, wird sich der Leser auf mehr Spannung und mehr Aktion freuen. Es gibt noch genügend Fürstenhäuser mit Leichen im Keller.
Sargon Youkhana, List
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