Das Vermächtnis der Seherin

  • Page & Turner
  • Erschienen: Januar 2008
  • 3
  • Page & Turner, 2008, Titel: 'Das Vermächtnis der Seherin', Originalausgabe
Das Vermächtnis der Seherin
Das Vermächtnis der Seherin
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Rita Dell'Agnese
731001

Histo-Couch Rezension vonDez 2008

Einem Mysterium auf der Spur ...

Kurzgefasst:

Frankreich im 13. Jahrhundert: Die jüdische Gauklerin Rahel zieht mit einer Truppe von Spielleuten durch das Land. Das Leben ist hart, denn wandernde Prediger hetzen die Christen gegen ihre jüdischen Nachbarn und das fahrende Volk auf. Eines Tages schließt sich ihnen die geheimnisvolle Wahrsagerin Madora an. Von ihr erfährt Rahel, dass ihre Mutter, die vor vielen Jahren bei einem Judenpogrom ums Leben kam, eine mächtige Seherin war und dem Geheimbund von En Dor angehörte. Rahel hatte als Kind von ihrer Mutter eine alte Weise gelernt, aber erst durch Madora wird ihr die Bedeutung des Liedes klar: In den Gesang sind verschlüsselte Hinweise eingeflochten, die zum Heiligtum des Geheimbunds führen, dem Schrein von En Dor, der eine magische Wirkung haben soll.Madora möchte den Schrein mit allen Mitteln in ihren Besitz bringen, um drohendes Unheil von den Juden abzuwenden. Denn auch Guillaume de Rampillon, Erzdiakon von Paris und eingeschworener Feind des jüdischen Volkes, ist auf der Suche nach dem Heiligtum. Und so beginnt ein gefährlicher Wettlauf durch Frankreich und die winterlichen Alpen. Aber kann Rahel Madora wirklich trauen?

 

Die Welt von Rahel sieht düster aus - als Anführerin ist sie für eine kleine Gauklertruppe verantwortlich, die mehr schlecht als recht von ihren Einnahmen leben kann. Zu schaffen machen ihnen die Hetz-Prediger, die das Land überziehen und das Volk nicht nur gegen die Juden aufwiegeln, sondern auch gegen die Gaukler und Schausteller. Nur knapp entkommt Rahel einem Anschlag auf ihre Truppe - zusammen mit ihrem langjährigen brüderlichen Freund Bren und einem zur Gruppe gehörenden Zwillingspaar. Rahel stößt auf die geheimnisvolle Madora, die dem gleichen Geheimbund (En Dor) angehört, wie einst ihre Mutter, die einem Pogrom zum Opfer fiel. Je länger aber Rahel in Madoras Nähe weilt, desto unsicherer ist sie über die wahre Natur ihrer geheimnisvollen Gefährtin. Schließlich machen Rahel und Bren sich auf, den geheimnisvollen Schrein von En Dor zu suchen.

Blasse Figuren und fragwürdige Interpretation

Obwohl Christoph Lode in seinen Roman alle Elemente gepackt hat, die Spannung versprechen, will die Geschichte nicht so richtig auf Touren kommen. Das liegt wohl daran, dass die Figuren eher blass bleiben und sich nicht so richtig zu Sympathieträgern aufschwingen können. Weder Rahel noch Bren und schon gar nicht Madora vermögen sich richtig durchzusetzen. Rahel bleibt ein ambivalentes Wesen und mehr als einmal kommt der Verdacht auf, als ob der Autor zu sehr bemüht sei, Schwarz-Weiß-Malerei zu vermeiden und seine Hauptfiguren sowohl mit Stärken als auch mit Schwächen auszustatten. Dabei schießt er immer mal wieder übers Ziel hinaus, die Handlungsweisen der Figuren sind dadurch oft nur schlecht nachvollziehbar.

Der Autor nimmt die schrecklichen Pogrome, denen die jüdische Bevölkerung ausgesetzt war und stellt sie in einen fragwürdigen Zusammenhang. Die religiösen Eiferer entpuppen sich im Laufe der Romans als bloße Werkzeuge eines nach dem geheimnisvollen Schrein von En Dor gierenden Klerikalen, der seinen eigenen Bezug zu Gott längst verloren hat und die Volkshatz einzig zum Zweck initiiert, diesem Schrein auf die Spur zu kommen. Diese Interpretation der Judenverfolgung und der Pogrome scheint vor dem Hintergrund der Geschichte recht fragwürdig und erinnert allenthalben an Verschwörungstheorien.

Stimmungsvolle Beschreibungen

Bei all seinen Schwächen ist „Das Vermächtnis der Seherin" jedoch durchaus ein unterhaltendes und an einigen Stellen auch spannendes Buch. Christoph Lode versteht es, durch seine schöne Sprache Bilder zu zeichnen, die den Leser unvermittelt in eine andere Umgebung versetzen. Sei dies nun der durch die Kälte ratternde Wagen der Spielleute, das düstere Gewölbe des Schlosses, in dem der Dauphin lebt oder die klirrende Eiswüste der französischen Berge, durch die sich Rahel und Bren auf der Suche nach dem Schrein kämpfen: Es ist wunderschön inszeniert. Ebenso spielt der Autor virtuos mit den verschiedenen Tempi - er lässt Raum für stille Momente und steigert das Tempo rechtzeitig, bevor die Geschichte ins Dröge kippen könnte.

Gutes, aber nicht ganz ausgereiftes Handwerk

Christoph Lode hat Potenzial, dies wird nach dem Roman „Das Vermächtnis der Seherin" - ein eher unglücklicher Titel übrigens - deutlich. Noch ist aber sein Handwerk nicht ganz ausgereift. Er sollte, was die Charakterisierung seiner Figuren angeht, noch etwas prägnanter werden und sich klarer festlegen, ohne gleich in ein Schwarz-Weiß-Klischee zu verfallen. So könnte er das Verblassen der Figuren verhindern und seinem Roman zusätzliche Tiefe und das gewisse Etwas verleihen, das dem Buch „Das Vermächtnis der Seherin" noch fehlt.

Das Vermächtnis der Seherin

Christoph Lode, Page & Turner

Das Vermächtnis der Seherin

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