Das flandrische Siegel
- Droemer-Knaur
- Erschienen: Januar 2009
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- Droemer-Knaur, 2009, Titel: 'Das flandrische Siegel', Originalausgabe
Junge Frau reift im Kampf gegen Zwangsheirat und Cholera
Kurzgefasst:
Brügge im 15. Jahrhundert. Christina, einzige Tochter im Handelshaus Contarini, weigert sich standhaft, eine Vernunftehe einzugehen. Hals über Kopf flieht sie mit ihrem jüdischen Geliebten und gerät auf ein Schiff, dessen Mannschaft durch eine rätselhafte Seuche dahingerafft wird. Vierzig Tage lang ist sie an Bord gefangen - ein Alptraum, der aus dem ungestümen Mädchen eine klarsichtige junge Frau macht, gerüstet für ein Schicksal voller Überraschungen...
Christina Contarini soll nach dem Willen ihres Vaters den ihr verhassten Hendrik van der Molen heiraten. Doch die junge Frau widersetzt sich. Ihr Herz gehört längst dem Juden Daniel. Nur: Für die Tochter eines wohlhabenden Handelshauses aus Brügge kommt eine Verbindung mit einem Juden nicht in Frage. Als ihr Vater beschließt, Christina gegen ihren Willen zu verheiraten, flüchtet die junge Frau. Ihr zur Seite stehen Daniel und Christinas Freundin Hannah. Das Trio will nach Venedig reisen, wo sich Christina in den Schoss der Familie Contarini flüchten zu können hofft.
In Antwerpen stoßen die drei auf Christinas Bruder Lucas. Lucas träumt davon, Maler zu werden. Doch davon will Simon Contarini nichts hören. Er zwingt Lukas, die Malerei aufzugeben und als Kaufmann ins Handelshaus einzusteigen. Als Hendrik van der Molen Lucas des Mordes an einem Freund bezichtigt und ihn damit zu erpressen versucht, hat sich Lucas ebenfalls auf den Weg nach Venedig gemacht. Das Schiff, mit dem die vier jungen Leute in ein neues Leben zu segeln hoffen, wird aber in einem Sturm beschädigt und muss nach London ausweichen, um wieder flott gemacht zu werden. Im Hafen von London geraten Christina und Daniel in eine unglückliche Situation, die ihrer beiden Leben bedroht.
Viel zu emanzipiert
Wohl in Anlehnung an die beiden ersten Bände der großen Flandern-Saga hat Autorin Marie Cristen die junge Christina Contarini als äußerst emanzipierte und eigenwillige Frau gezeichnet. Doch ist hier auch gleich eine der Schwächen des Buches auszumachen. Die Gestaltung der Protagonistin läuft dem Zeitgeist von Brügge im 15. Jahrhundert stark zuwider. So kann man sich zeitweise des Eindrucks nicht erwehren, es handle sich um die Geschichte einer modernen jungen Frau, die ihren Weg gehen muss. Dieser eher schale Geschmack hält sich über den ganzen Roman hinweg, der an sich flott geschrieben ist und manche dramatische Wendung nimmt.
Sehr viel Liebe
Etwas zu viel Gewicht wird leider auf die verschiedenen Liebesgeschichten gelegt. Kaum eines der liebenden Paare allerdings findet die Zustimmung der Gesellschaft, überall gibt es Probleme, die unüberwindbar scheinen. Das ist denn doch etwas des Guten zu viel. Zwar ist es angenehm, dass sich nicht alles nur um Christina und Daniel dreht, doch wirkt der Roman durch die Fülle von dramatischer Liebe etwas überladen.
Zu wenig Tiefe
Sehr unbefriedigend gelöst sind die Kehrtwendungen einzelner Charaktere. Im einen Moment noch von ihrem Tun überzeugt und voller Härte, wandeln sich die betroffenen Protagonisten von einem Moment auf den anderen in verständnisvolle Wesen, die aus tiefstem Herzen bereuen und sich nichts sehnlicher wünschen, als ihre Fehler wieder gut zu machen. Hier kommt ein so deutliches Schwarz-Weiß-Schema zur Anwendung, dass die Geschichte eindeutig Schaden nimmt. Es fehlt an Tiefe. Selbst die Phase, in der Christina vom verwöhnten Mädchen zur vernünftigen Frau reift, ist eine Gratwanderung und vermag nur knapp zu überzeugen.
Zurück bleibt nach der Lektüre das unbefriedigende Gefühl, um eine tiefsinnige Geschichte gebracht worden zu sein. Dass sich der Titel des Buches Das flandrische Siegel nur in einem winzigen Abschnitt gegen Ende des Buches erklärt, bestärkt dieses Gefühl noch. Gerne würde man der Autorin zurufen: Hier müsste doch noch etwas mehr kommen, etwas Bedeutenderes. So aber bleibt Das flandrische Siegel eine eher schale Fortsetzung der Flandern-Saga, die dem breiten sprachlichen wie erzählerischen Können der Autorin keineswegs gerecht wird.
Marie Cristen, Droemer-Knaur
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