Die Stunde des Königs
- Gmeiner
- Erschienen: Januar 2009
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- Gmeiner, 2009, Titel: 'Die Stunde des Königs', Originalausgabe
Spannendes Thema wenig spannend aufbereitet
Kurzgefasst:
Frühjahr 1886. Die bayerische Regierung entscheidet sich endgültig, mit aller Härte gegen König Ludwig II. vorzugehen. Sie lässt den exzentrischen Herrscher für geisteskrank erklären und verhaften. Aber es bleibt ein Problem: Der lebende Ludwig würde so lange König sein, bis er stirbt - so sieht es die Verfassung vor ...
Sein Leben war ein Mysterium, sein Tod ist bis heute ein Rätsel: Für die Nachwelt bleibt König Ludwig II. von Bayern der Märchenprinz, der mit Schlössern wie Neuschwanstein und Herrenchiemsee eindrucksvolle Bauten hinterlassen hat. Uwe Gardein spürt in seinem Roman den letzten Monaten im Leben des Königs nach.
Am Ende eines Lebens
König Ludwig II. ist 40 Jahre alt, als sich im Jahr 1886 die politische Lage zuspitzt. Wenig interessiert an den vielen Pflichten seines Amtes, lebt er zurückgezogen auf Schloss Neuschwanstein, das noch nicht fertig gebaut ist. In München, wo seine Minister sitzen, macht sich eine Front gegen das Königtum und für den Anschluss Bayerns an das Reich breit, das Bismarck derzeit entstehen lässt. Die Königstreuen wettern dagegen und stehen tapfer an der Seite ihres Monarchen.
Schon Ludwigs jüngerer Bruder, Prinz Otto, wurde wegen seiner Geisteskrankheit für unmündig erklärt und aus diesem Grunde gibt es Bestrebungen, dies auch mit Ludwig zu tun. So entscheidet sich die Regierung in München im Frühjahr 1886 zu genau diesem Schritt. Allen voran Dr. Gudden, der aufgrund von Zeugenaussagen eine Diagnose stellt, ohne den König auch nur ein einziges Mal persönlich getroffen zu haben. Während die königstreuen Bediensteten weiter von Republikanischen unterwandert werden, wird das Schloss weiträumig umstellt, sodass auch keine Informationen ungefiltert aus dem Schloss heraus oder hineingelangen können.
Die vielen Hilfsangebote seiner Anhänger nicht annehmend, wird der König nach Schloss Berg gebracht und dort inhaftiert. Am darauffolgenden Tag wird er tot im Starnberger See gefunden.
Immer noch ungeklärte Todesumstände
Noch immer sind die genauen Umstände der Tode von König Ludwig II. und Dr. Gudden nicht geklärt. Uwe Gardein versucht in seinem 278 Seiten umfassenden Roman die Entwicklung zu diesen Ereignissen nachzuzeichnen und dabei nicht Partei zu ergreifen. Dabei hält er sich größtenteils an bekannte Fakten und versucht nicht, Fiktives in die Geschichte einzubetten.
Dass die Story einige Brisanz enthält, ist unumstritten. Spannend ist das Buch aufgrund seiner Darstellung der politischen Lage, auch die Zeit an sich ist in wenigen Worten recht gut eingefangen. Leider nimmt es sich diese Spannung aber aufgrund seiner Dramaturgie. Das Buch beginnt drei Monate vor dem Tod des Königs und erklärt nur häppchenweise die Umstände, die letztlich zu den dramatischen Ereignissen führten.
Erzählt wird das Geschehen aus den Blickwinkeln des Fürsten zu Wehen und auch die Perspektive des treuen Königsdieners Mader taucht immer wieder auf. Eingesprengte Handlungsstränge einer russischen Spionageaffäre oder einer vermeintlichen Romanze Maders bleiben letztlich unklar und verlaufen daher auch zunehmend im Sande. Somit sind sie auch eigentlich unnötig, weil sie den Leser doch eher verwirren als dass sie zur Klärung der Umstände beitragen.
Schwache Charakterzeichnungen
Die Charakterisierung der einzelnen Personen ist schwach, nur hier und da blitzen gelegentlich ein paar Informationen auf, die wirklich Menschen entstehen lassen. Einzig der König wird etwas näher betrachtet, dabei allerdings nicht verklärt, wie zu befürchten war. Er wird dargestellt als jemand, der sich zwar seiner Lage bewusst ist, der es jedoch - aus welchen Gründen auch immer - nicht schafft, dieser Lage Herr zu werden. Hier werden dem Leser ausreichend Punkte zum Nachdenken und zum Diskutieren überlassen.
Uwe Gardein begeht nicht den Fehler, die Todesumstände minutiös nachzuzeichnen. Allerdings beschreibt er eine Möglichkeit, wie es hätte gewesen sein können. Das passiert durch Schlüsse, die Professor Miller, ein Arzt, für sich zieht. Die wahren Umstände sind ja immer noch ungeklärt und so bietet diese Möglichkeit eine interessante Alternative.
Ein unentschlossener Roman
Letztlich ist Uwe Gardeins Buch allerdings ein echt unentschlossener Roman. Gerade der Beginn ist durch seine häufigen Perspektivwechsel recht konfus und nur ganz allmählich setzt sich ein Bild der Lage zusammen. Brisante politische Verhältnisse werden immer wieder von letztlich unnötigen Nebensächlichkeiten durchzogen. Hier hätte sich der Autor für eine Gewichtung zur einen oder anderen Seite entscheiden sollen, so steht er sich selbst häufig im Weg.
Bei aller gebotenen Neutralität, um keiner Partei wirklich Recht zu geben, fehlt es dem Roman auch an einem echten Höhepunkt. Feinde des Königs tauchen niemals persönlich auf und sind daher ebenso ungreifbar wie wohl der König selbst. So plätschert das Buch vor sich hin, der eigentliche Höhepunkt wird ausgespart. Das ist schade und nimmt der Geschichte das wirklich spannende.
Kein Anhang
Leider fehlt gerade hier etwas wichtiges, nämlich ein Anhang, in dem erklärt wird, was von dieser real ist und was Fiktion. Leser, die in die bayrische Geschichte nicht eingeweiht sind, erleben zwar einen interessanten politischen Moment, werden aber nicht richtig in die Situation einführt. Eine Personenliste am Ende des Buches reiht zwar die realen Persönlichkeiten des Buches auf, allerdings werden einige von ihnen nur erwähnt und tauchen gar nicht persönlich auf und zudem fehlt Ludwig II. selbst auf dieser Liste, sodass man meinen könnte, er wäre eine erdachte Figur.
Dass er das nicht ist, davon zeugen noch heute seine unfertigen Schlösser. Uwe Gardeins Buch hält leider nicht, was es verspricht. Auch der Titel des Buches bleibt letztlich unklar. Hier wurde ein spannendes Thema wenig spannend aufbereitet. Daraus hätte man mehr machen können!
Uwe Gardein, Gmeiner
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