Kirschblüten im Wind

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2009
  • 4
  • Heyne, 2009, Titel: 'Kirschblüten im Wind', Originalausgabe
Kirschblüten im Wind
Kirschblüten im Wind
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Rita Dell'Agnese
841001

Histo-Couch Rezension vonMär 2009

Eine überraschend lebendige und witzige Geschichte mit ungewöhnlichem Handlungsort

Kurzgefasst:

1691: Die siebzehnjährige Katharina ist entsetzt. Ihr Vater will sie mit einem reichen, alten Kaufmann verheiraten. Die Reise nach Amsterdam, wo sie auf die Leitung eines großen Haushalts vorbereitet werden soll, nutzt sie zur Flucht. Ihr Jugendfreund Severin soll den Arzt Dr. Martin Liebau nach Japan begleiten, möchte aber lieber zu Hause bleiben. Kurz entschlossen verkleidet sich Katharina als Mann, schifft sich an seiner Stelle auf dem Ostindiensegler ein und wird zum Arztgehilfen Severin.

 

Katharina Sessenheimer soll nach Wunsch ihres Vaters heiraten. Hatte sie einst davon geträumt, mit ihrem Ehemann die Welt zu bereisen und viele Abenteuer zu erleben, sieht sie sich um ihre Träume betrogen. Der zukünftige Ehemann ist zwar reich, aber alt und ungepflegt. Um sie auf ihre künftige Aufgabe in dem wohlhabenden Haus vorzubereiten, schickt ihr Vater Katharina nach Amsterdam zu ihrer Tante. Begleitet werden soll das Mädchen von ihrem Jugendfreund Severin, der zu seinem Leidwesen mit seinem Vetter Martin Liebau, einem jungen, modernen Arzt, nach Japan fahren soll, um ihm zu assistieren. Doch Severin sieht sein Glück nicht in abenteuerlichen Reisen. Also beschließt Katharina, an Severins statt mit Martin aufzubrechen. Durch eine List gelingt es ihr, in die Rolle ihres Jugendfreundes zu schlüpfen. Doch ausgerechnet vom brutalen Söldner Eisherz wird Katharinas List durchschaut.

Was auf den ersten Blick wie eine gewöhnliche Liebesgeschichte scheint, entpuppt sich bald als spannend geschriebener Histo-Roman mit Tiefgang. Zwar hat die Autorin Susanne Wahl auf das bereits dutzendfach bemühte „Frau in Hosen"-Genre zurückgegriffen, doch hebt sich die Geschichte durchaus von der breiten Masse ab. Dies alleine schon durch den ungewohnten Handlungsort Japan.

Viel Überraschendes

So ist es denn auch weniger die Liebesgeschichte um Katharina, die von Martin ausgesprochen angetan ist - der aber seinerseits nur Augen für die junge Umé hat. Eine Liebe, die nicht sein darf, hat doch Umés Vater große Pläne für seine Tochter - als vielmehr ein Sittengemälde des Japans im 17. Jahrhundert. Mit viel Geschick und Feingefühl stellt die Autorin dar, wie verschieden die Mentalitäten sind und mit welchem Misstrauen die Japaner den Europäern entgegentreten, nachdem sie die missionierenden christlichen Mönche aus ihrem Land verwiesen haben. So bewegen sich Doktor Liebau und sein vermeintlicher Assistent Severin in sehr eng gesteckten Grenzen. Denn nur den holländischen Vertretern der ostindischen Kompanie ist das Betreten des Landes überhaupt noch gestattet. Hier zeigt sich die vertiefte Auseinandersetzung der Autorin mit der japanischen Kultur. Sie verzichtet auf jede Wertung und präsentiert dem Leser ein anschauliches Bild von Ehre und Tradition.

Immer wieder verlässt die Autorin den stilleren Pfad von Schilderungen und Einblicken in die Kultur und verleiht dem Roman Tempo. Das geht nicht ohne Bösewichte. Und hier schöpft Susanne Wahl aus den Vollen. Dennoch driftet sie nicht ins Triviale ab. Dies auch deshalb, weil der eigentliche Held ein ganz anderer ist, als der Verlauf der Geschichte vermuten lässt und so für zusätzlich atemlose Momente gesorgt ist.

Bekannte Persönlichkeiten

Während Susanne Wahl ihre Hauptfiguren der Fiktion entspringen lässt, begegnet man in „Kirschblüten im Wind" durchaus auch bekannteren Persönlichkeiten. Sie sind stimmig in die Geschichte eingepasst und lassen den Leser so neugierig zurück, dass er bereit ist, deren Geschichte separat nachzuschlagen. Damit erreicht die Autorin eine vertiefte Auseinandersetzung auch mit nebensächlichen Figuren ihrer Geschichte, was für zusätzliche Tiefe sorgt.

Viel Hilfreiches

Sehr angenehm ist nicht nur die leichtgängige Sprache, sondern auch die Gestaltung des Buches an sich. Das Cover ist zwar unspektakulär, aber ansprechend, doch schon der in der Innenseite präsentierte Plan von Deshima gibt einen Eindruck von mehr Leistung als üblich. Das Glossar und die Anmerkungen der Autorin zum Schluss des Buches überzeugen ebenso, wie die umfangreiche Literaturliste, die bei Bedarf eine Wegleitung für eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Thema darstellt.

Susanne Wahls erster historischer Roman kommt also als gut fundiertes, leicht lesbares Werk daher, das zwar den Hang der Autorin zu Liebesromanen nicht ganz in den Hintergrund treten lässt, aber gefällig präsentiert wird. Die Themenwahl ist gelungen und das Ende lässt auf eine Fortsetzung hoffen. Dies im wahrsten Sinne des Wortes, denn aufgrund des Buchaufbaus muss keine Endlos-Schlaufe befürchtet werden.

Kirschblüten im Wind

Susanne Wahl, Heyne

Kirschblüten im Wind

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