Die Herrin der Zeit

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2009
  • 3
  • Heyne, 2009, Titel: 'Die Herrin der Zeit', Originalausgabe
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Rita Dell'Agnese
881001

Histo-Couch Rezension vonApr 2009

Wettrennen um 20‘000 Pfund Sterling für eine Uhr

Kurzgefasst:

Hamburg 1757: Besorgt wartet die junge Merit Paulsen auf die Heimkehr ihres Mannes, der zur See fährt. Um wie viel sicherer könnte die Schifffahrt sein, wenn man endlich die Position eines Schiffes auf hoher See bestimmen könnte? Das ginge mit einem Instrument, das die Zeit auch auf dem Meer genau anzeigt. Das britische Königshaus hat ein hohes Preisgeld für eine solche Erfindung ausgelobt. Die junge Mutter hat eine Idee, so genial wie wagemutig ...

 

20‘000 Pfund Sterling: Diese unvorstellbare Summe soll derjenige bekommen, dem es gelingt, ein Messinstrument zu entwickeln, anhand dessen sich die genaue Position von Schiffen bestimmen lässt. Im 18. Jahrhundert versuchten zahlreiche Erfinder, Uhrmacher und Astronomen, diese Summe, die vom britischen Königshaus ausgelobt worden war, zu ergattern. Doch niemandem wollte es gelingen, eine seetaugliche Uhr zu entwickeln. Salzwasser, Temperaturschwankungen und mehr setzten den Messinstrumenten zu. Die Seefahrer-Witwe Merit Paulsen hat ihrem Sohn versprochen ein solches Instrument zu entwickeln. Doch so einfach, wie Merit sich das vorgestellt hat, geht es nicht. Denn als Frau muss sie gegen zusätzliche Hürden kämpfen ...

Perlen aufgereiht

Sina Beerwald hat in ihrem zweiten Roman kleine Schicksale wie Perlen aufgereiht und daraus eine wunderschöne Kette gemacht. So kommt „Die Herrin der Zeit" als ein Roman voller Kleinods daher. Erzählt wird nicht primär die Geschichte von Merit - vielmehr ist es die Geschichte um die Entzauberung der Zeit. Eine Zeit, die sich im Buch in persönlichen „Betrachtungen" an Merit wendet. Dieses Stilelement ist zugegebenermaßen gewöhnungsbedürftig. Wer schon den ersten Roman von Sina Beerwald („Die Goldschmiedin") gelesen hat, wird sich aber recht schnell mit diesem Element abfinden, wenn nicht gar anfreunden.

Keine Strahlefrau

Wer davon ausgeht, mit „Die Herrin der Zeit" einen weiteren historischen Roman in Händen zu halten, der sich um eine überdurchschnittlich starke Frau dreht, liegt falsch. Merit Paulsen ist ein Kind ihrer Zeit. Sie lässt sich immer mal wieder zu Handlungen hinreißen, die zwar aus der Situation heraus logisch, aber zwangsläufig zum Scheitern verurteilt sind. Darüber kann sich die junge Witwe ebenso wenig hinwegsetzen wie über die gesellschaftlichen Normen, die ihr das Fortkommen erschweren. Subtil und voller Empathie geht Sina Beerwald mit ihrer Protagonistin um. Sie führt sie durch eine Folge von Scheitern und Erfolg, lässt die anfänglich sehr jugendliche und ungeduldige Frau reifen und stellt ihr Freunde - aber auch eine ganze Anzahl von Feinden - zur Seite.

Die Geschichte der Zeit

Das eigentliche Juwel dieses Buches ist aber nicht Merit Paulsens Schicksal, sondern die Geschichte der Zeit, die im 18. Jahrhundert ein neues Kapitel hinzugefügt bekam. Eingängig schildert die Autorin die Probleme, mit denen die Seefahrer konfrontiert waren, macht die Dringlichkeit deutlich, die der Entwicklung genauer Messinstrumente anhaftete. Sina Beerwald spielt dabei gekonnt mit wechselnden Szenarien und baut Spannung auf, ohne danach in ein belangloses Geplätscher abzufallen.

Interessante Erläuterungen

Gut gelöst ist das Nachwort, das die Grundlage erläutert, auf der die Geschichte aufgebaut ist. Dadurch wird der ganze Handlungsstrang noch einmal in seinem Ablauf bestärkt und man legt das Buch mit dem Gefühl weg, etwas erfahren zu haben. Sprachlich fein geschrieben, lässt das Buch kaum je in seinem Zauber nach und erfüllt weitgehend die Ansprüche, die man an einen gelungenen historischen Roman stellen kann. Weitgehend deshalb, weil zwar einige der Charaktere sehr vielschichtig daher kommen, das Bild ‚schwarz-weiß‘ beziehungsweise ‚gut-böse‘ aber noch etwas zu stark dominiert. Grundsätzlich lässt sich aber sagen, dass Sina Beerwald auf dem Weg zu einer ausgereiften Autorin ist, die ihre Fangemeinde auszubauen versteht. Sicher wird auch der Umstand, dass Sina Beerwald auf die ermüdende Taktik, über alles eine Trilogie zu schreiben, verzichtet und in ihrem zweiten Werk eine völlig andere Geschichte erzählt, die Zahl der zufriedenen Leserinnen und Leser erhöhen.


Alles in allem wird dem Leser in diesem Roman für sein Geld außerordentlich viel geboten. Und wer die Tiefgründigkeit von „Die Herrin der Zeit" entdeckt hat, wird voller Ungeduld auf ein weiteres Werk der Autorin warten.

Die Herrin der Zeit

Sina Beerwald, Heyne

Die Herrin der Zeit

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