Des Teufels Sanduhr

  • Goldmann
  • Erschienen: Januar 2009
  • 7
  • Goldmann, 2009, Titel: 'Des Teufels Sanduhr', Originalausgabe
Des Teufels Sanduhr
Des Teufels Sanduhr
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Carsten Jaehner
781001

Histo-Couch Rezension vonJun 2009

Eine spannende Geschichte mit erzählerischen Schwächen

Kurzgefasst:

Westfalen im Dreißigjährigen Krieg: Die junge Anna Pippel hat alles verloren und schließt sich dem Tross eines Heeres an. Dort findet die schüchterne Frau in der resoluten Marketenderin Liese Kroll und dem kauzigen Geschichtenerzähler Hans Mergel eine neue Familie. Doch im Umfeld des Heeres ereignen sich brutale Frauenmorde. Schnell sucht man einen Schuldigen und bezichtigt Liese, Anna und Mergel der Hexerei. Liese wird hingerichtet, Anna und Mergel werden aus dem Tross vertrieben. Aber das Morden geht weiter - und der Mörder ist immer in Annas Nähe...

 

Während der Dreißigjährige Krieg in Westfalen wütet, verliert Anna Pippel ihre Familie, und sie wird so gezwungen, sich einem Troß des Heeres anzuschließen. Dort lernt sie Liese Kroll und den redefreudigen Hans Mergel kennen und schliesst mit ihnen eine Art Freundschaft, helfen sie sich ja gegenseitig in dieser für alle schweren Zeit. Im Umfeld des Heeres ereignen sich jedoch immer wieder Morde an jungen Frauen, die aufgehängt werden, ein Hund wird an ihren Fuß gebunden, und es findet sich eine kleine Sanduhr in ihrer Hand.

Schon bald wird Liese der Hexerei bezichtigt, und Anna, Hans und einem jungen Mann namens Balthasar gelingt die Flucht aus dem Troß. Sie werden von einem unbekannten Reiter nach Süden an den Ammersee geschickt, wo sie sich an einem bestimmten Hof einfinden und leben sollen, bis er wiederkommt. So begeben sie sich allein auf den Weg. Doch das Morden um Anna herum geht weiter, nur sie wird weiterhin verschont. Wer mag die Bestie sein, die so brutal vorgeht?

Beeindruckende Beschreibungen des Dreißigjährigen Krieges

Simone Neumanns erster Roman besticht durch intensive Beschreibungen der Lebensverhältnisse im Dreißigjährigen Krieg. Eindrucksvoll versetzt sie den Leser in eine Zeit, in der man von der Hand in den Mund und von einem Tag in den nächsten lebte, und sie beschönigt nichts und hat ein Händchen für die kleinen und großen Gräuel der Zeit. Das ist sehr bestechend und manchmal schon fast zu viel, aber es bringt den Leser zum Nachdenken.

Die Geschichte ist auch recht gut konstruiert. Zwischen der Erzählung taucht immer wieder ein zweiter Erzähler auf, von dem schnell klar ist, dass er Anna verfolgt, aber man weiß nicht, wer er ist und was er vorhat. Aus dieser zweiten Perspektive entsteht so ein weitere Ebene, die den Roman spannendend macht und den Leser bei der Stange hält.

Einstreuung von historischen Ereignissen

Auch die Beschreibung der Charaktere ist gelungen. Anna ist eine junge Frau, die mit der Zeit im Troß lernt, ihre Schüchternheit abzulegen, und der Überlebenskampf hinterlässt seine Spuren. Liese ist eine Dame, die umstritten, aber doch irgendwie herzig ist, und der alte Hans erzählt gerne aus seinem langen und reichhaltigen Leben. Alles in allem Figuren, wie sie irgendwie jeder kennt, und daher kann man sich auch gut in sie hineinversetzen.

Neben den persönlichen Geschichte lässt die Autorin auch immer wieder die historischen Ereignisse mit in die Handlung einspielen, so um Wallenstein und seine Karriere und dem ganzen Wirrwarr des Krieges. Dies macht sie zwar dezent aber immer an den richtigen Stellen und gut dosiert, so dass man das große politische Geschehen immer mit der kleinen Situation um Anna in Verbindung bringen kann.

Schwächen im Erzählstil

Allerdings gibt es vom Formalen her noch einige erzählerische Schwächen, die die sonst sehr talentierte Autorin unbedingt ausmerzen muss. Sätze wie "gesagt, getan" oder der häufige Gebrauch des Wortes "also" stören doch den Lesefluss. Besonders auffällig sind Brüche in Erzählungen, die mit Halbsätzen wie "Und das kam so:" eingeleitet werden. Aber das sind im Prinzip Anfängerfehler, und die Autorin hat bereits bewiesen, dass sie es besser kann. Dennoch stören sie hier und da den Lesefluss, und zwar so, dass man in diesem Roman leider nicht darüber hinweglesen kann. Auch sind manchmal die zeitlichen Dimensionen im Roman nicht klar und logisch.

Die Auflösung der Mordfälle dürfte für aufmerksame Leser keine Überraschung sein (für nicht aufmerksame schon), aber dennoch bleibt bis zum Schluß eine gewisse Spannung erhalten. Der Autorin ist zu wünschen, dass sie Ihren Stil weiter entwickelt und weiter gute Geschichten dramatisiert.

Immerhin hat es auch der Goldmann-Verlag mit diesem Buch geschafft, einmal nicht einen "Die ...-in"-Titel zu wählen, deren Verwendung mittlerweile schon ins groteske abdriftet und die Leserschaft mehr und mehr ermüdet und von Büchern abschreckt, die es eigentlich verdient hätten, gelesen zu werden. Aber Des Teufels Sanduhr ist ein sowohl ansprechender als auch treffender Titel, der hier auch einmal lobend erwähnt werden soll. Leider bietet der Roman keine Ergänzungen wie eine Zeittafel oder eine Landkarte, die den Leser noch ein wenig weiter in die Materie geführt hätten.

Ein empfehlenswerter Roman mit leider zu gravierenden erzählerischen Schwächen, aber einer schönen und spannenden Geschichte. Wir warten gerne auf weitere Romane der Autorin.

 

Des Teufels Sanduhr

Simone Neumann, Goldmann

Des Teufels Sanduhr

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