Der Anwalt des Königs
- Fischer
- Erschienen: Januar 2009
- 13
- Fischer, 2006, Titel: 'Sovereign', Originalausgabe
Hochverrat und Mord zur Zeit Heinrichs VIII.
Kurzgefasst:
England im Jahr 1541: Thomas Cromwell ist gestürzt und König Heinrich VIII. ist mit seinem gesamten Hofstaat in den Norden Englands unterwegs. Nach der Niederschlagung der "Pilgrimage of Grace", als sich der gesamte englische Norden gegen den König und die Reformation erhoben hat, kommt es erneut zu Revolten in Yorkshire. Mit seiner großen Reise (dem "Great Progress") will Heinrich VIII. dem rebellischen Norden Stärke demonstrieren und sich von der dort herrschenden Klasse Treue schwören zu lassen.
Auch Anwalt Shardlake wird von Erzbischof Thomas Cranmer auf eine Mission nach York geschickt. Zum einen soll er dort die Petitionen an den König auswählen, zum anderen einen gefangenen Rebellen sicher in den Tower nach London bringen. Aber der Mord an einem Yorker Glaser verwickelt Shardlake und seinen Gehilfen Jack Barak in eine Verschwörung gegen den König und bringt ihr Leben in Gefahr.
Eigentlich sollte Anwalt Matthew Shardlake erleichtert aufatmen: Obwohl sein politischer Gönner Thomas Cromwell sein Leben auf dem Richtplatz beendete und ihn in diesem Strudel mitreißen könnte, erhält er einen besonderen Auftrag: Erzbischof Thomas Cranmer beauftragt ihn damit, einen eingekerkerten Rebellen wohlbehalten nach London zu bringen, damit ihm dort seine Geheimnisse unter der Folter entrissen werden können. Damit aber nicht genug: Shardlake erhält nebenher noch den Auftrag, dem König der mitsamt seinem Hofstaat den rebellischen Norden bereist, Petitionslisten der murrenden Bevölkerung vorzulegen, damit dieser seine Volksnähe demonstrieren kann.
Leider stellt sich das als wesentlich schwieriger als gedacht heraus. In York, das sich auf die immer wieder verzögerte Ankunft von Heinrich VIII. vorbereitet, geht es drunter und drüber, der bucklige Shardlake wird trotz seiner neuen Position regelmäßig Gegenstand des Spotts und dann wird er auch noch in einen Mord hineingezogen. Der alte Glaser Oldroyd verstirbt auf mysteriöse Weise und teilt dem Anwalt sterbend eine mysteriöse Botschaft über die zukünftigen Thronerben und den König an sich mit.
Gemeinsam mit seinem Assistenten Jack Barak nimmt Shardlake die Ermittlungen zum Tod des Glasermeisters auf und muss hierbei feststellen, dass die mögliche Rebellion des Nordens nicht wie bisher vermutet, zerschlagen wurde, sondern dass sich in den Händen der Rädelsführer Beweise befinden, die den Thron Heinrichs ins Wanken bringen können. Der Anwalt und sein Assistent mühen sich, das Dickicht von Lügen, Halbwahrheiten und Vertuschungen zu durchdringen und müssen dabei alsbald feststellen, dass sie selber in eine Handlung hereingezogen werden, die nicht nur für sie tödlich enden, sondern sie auch als gemeine Verräter in den Tower bringen kann.
Spannungsgeladene Handlung
In seinem mittlerweile dritten Fall lässt der Autor C. J. Sansom seine Helden Matthew Shardlake und Jack Barak die Erlebnisse um den "Great Progress" - die Reise Heinrichs des VIII in den englischen Norden - mitverfolgen. Dabei schafft er es zunächst auch, den Leser in die Handlung einzuschwören. Einfühlsam und nachvollziehbar wird hier die spannungsgeladene Haltung der Helden in der damaligen durch die Abspaltung der englischen Kirche zerrissenen Gesellschaft geschildert, bei der ein falsches Wort zur falschen Zeit bereits die Folter oder den Tod nach sich ziehen konnte. Ein besonderes Augenmerk legt der Autor dabei auf die Person des buckligen Matthew Shardlake, der durch seine körperliche Behinderung immer wieder Gegenstand des Spotts wird und allein durch den König, dem er sich zu dienen verpflichtet hat, eine gnadenlose Demütigung erfährt. Zur Person Shardlakes muss hier allerdings auch festgehalten werden, dass dessen Naivität teilweise nicht nachvollziehbar ist. So sieht er sich aus Loyalität gegenüber dem ungeliebten König dennoch regelmäßig verpflichtet, seine Erkenntnisse und Verdächtigungen zum Tod des Glasers an seine Vorgesetzten weiter zu leiten und damit die des Hochverrats Verdächtigten der Folter zu überantworten.
Neben dem Sittengemälde aus der Zeit Heinrichs des VIII., das insgesamt ein Szenario von dauernden Ängsten vor Denunziationen und Hochverratsvorwürfen erschafft, ist es C. J. Sansom gelungen, einen spannenden Krimi zu konstruieren, wobei sich die Spannung allerdings in erster Linie aus der Sorge um den Helden Shardlake ableitet. Da es allgemein bekannt sein dürfte, dass Heinrich VIII. nicht einem Komplott zum Opfer fiel, sondern in seinem Bett starb, ist der entscheidende Ausgang der Verschwörung von Anfang an unerheblich bzw. nimmt vorweg, dass es Shardlake letztendlich offensichtlich gelingt, die Verschwörung zu zerschlagen. Dieser Hintergrund schränkt die Spannung dieses Buches von vornherein ein, wozu auch beiträgt, dass Sansom einmal zu oft falsche Fährten legt, die letztendlich dazu führen, dass die Handlung zu sehr dahin plätschert, da sich angebliche heiße Spuren dann doch als ebensolche heiße Luft erweisen.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass dem Autor ein lesenswertes und fesselndes Gemälde der damaligen Zeit gelungen ist, auch wenn der darin enthaltene Kriminalroman von Anfang an durch die Geschichte widerlegt wird. Dennoch hätten dem Buch einige Straffungen zu Gunsten eines höheren Tempos nicht geschadet.
C. J. Sansom, Fischer
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