Die Adler von Lübeck
- Gmeiner
- Erschienen: Januar 2009
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- Gmeiner, 2009, Titel: 'Die Adler von Lübeck', Originalausgabe
Verwirrende Namen, sprunghafte Kapitel und am Ende wird geheiratet
Kurzgefasst:
Lübeck 1602. Nach dem mysteriösen Tod des ebenso erfolgreichen wie gehassten Reeders und Werftbesitzers Rosländer plant seine Frau Anna ein Schiff zu bauen, das sogar noch größer ist als die legendäre Adler von Lübeck.
In der ehrwürdigen Hansestadt stößt dieses wagemutige Vorhaben auf wenig Gegenliebe. Nur die Hebamme Trine Deichmann und ihre Freundinnen stehen auf Annas Seite. Ihre Hilfe kommt zur rechten Zeit, denn auf der Rosländer-Werft geschehen merkwürdige Dinge...
Die meisten Frauen, die im Jahr 1602 ihren Mann verlieren, verschwinden gesellschaftlich gesehen von der Bildfläche. Nicht so Anna Rosländer. Schon während ihrer Ehe mit dem nicht unkomplizierten Reeder Rosländer zeichnete sie sich durch eher unkonventionelles Verhalten aus, dass offensichtlich oft und gerne auch in einer durchzechten Nacht gipfelte. Anna sieht keine Veranlassung dazu, sich hinter ihrem Witwenschleier zu verstecken, sondern beschließt, zum Gedenken ihres Mannes ein neues, gigantisches Schiff zu bauen.
Leider wird das in ihrer Heimatstadt Lübeck nicht nur gerne gesehen. So werden der Witwe nicht nur durch die konkurrierende Reederei Steine in den Weg gelegt, sondern vielmehr auch durch das herrschende Patriarchat an sich. Welcher Mann kann es denn ertragen, dass sich eine Frau an die Spitze eines Unternehmens stellt und dann auch noch den Mercedes der Segelschiffe produziert? Aber auch im 17 Jahrhundert beweisen Frauen schon, dass auch sie durchaus in der Lage sind, ihre eigenen Pläne zu schmieden und zu verfolgen. So erfährt Anna Unterstützung durch einen eigenen Kreis von Freundinnen, die sich mit ihr gemeinsam verbünden um einen großen Traum Realität werden zu lassen und allen die Stirn zu bieten.
Tempo zu Lasten des Verständnisses
Glaubt man dem Klappentext, so "...gehört Klugmann zu den deutschen Schriftstellern, die wissen wie Tempo erzeugt wird, wie Witz und Dramatik Hand in Hand gehen können, wie schlagfertige Dialoge geschrieben werden". Diese Aussagen mögen grundsätzlich zutreffen, doch bleibt immer die Frage, wie diese Ziele erreicht wurden. So treibt Klugmann zwar seine Handlung durch eine Vielzahl von eingeführten Personen und abrupten Handlungssprüngen zwischen den einzelnen Kapiteln zügig weiter, doch geht das wesentlich zu Lasten des Verständnisses. Permanent sieht sich der Leser mit neuen Personen konfrontiert, die entweder gerade erst neu eingeführt oder aber vorher so schwach charakterisiert wurden, dass sie ohnehin wieder vergessen wurden. Dialoge werden geführt, ohne dass ersichtlich wird, zwischen welchen Personen die Gespräche stattfinden, und oft und gerne erstrecken sich Sätze über ganze Absätze. Immer wieder wird der Leser daher gezwungen, ganze Textpassagen noch einmal zu lesen, um den Sinn dieser verschachtelten Aussagen nachzuvollziehen.
Norbert Klugmann beschränkt sich in seinem Buch Die Adler von Lübeck darauf, ein Bild der damaligen Gesellschaft zu zeichnen, das in erster Linie den Männern die gesellschaftliche Macht vorenthält und Frauen nur in kleinen Nischen ein eigenständiges Leben gestattet. Grundsätzlich würde diese Konstruktion für ein fesselndes Buch ausreichen, doch ist der Autor, von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht in der Lage, seine Personen mit genügend Leben zu versehen. Der Leser steht daher einer Vielzahl von Aktionen ohne Verständnis gegenüber, bleiben ihm die handelnden Personen doch fremd und konturenlos. Insbesondere trifft das auf die Person der Anna Rosländer zu, deren Gefühlswelt und das darauf basierende Motiv für den gigantischen Schiffsbau sich dem Leser nicht erschließen können.
Letztendlich stolpert der Leser von Kapitel zu Kapitel, um auf dem letzten Meter vom glücklichen Ende überrascht zu werden, das sich quasi als deus ex machina aus den Überresten von Anna Rosländers Werft erhebt. Auch wenn dieses Ende versöhnlich stimmt, reicht es nicht aus, die noch offenen Fragen des Romans zu klären. Hier soll auch nicht unerwähnt bleiben, dass der Leser zwar im Laufe des Buches mit einer großen Menge schwer einzuprägender Namen - Sybille Pieper, Ludowica Schelling, Elsa Pleurin, Hippolyt Vierhaus, Leonhard Ivanauskas, um nur einige zu nennen - bombardiert wird, aber bis zum Schluss nicht erfährt, wie eigentlich der Urheber des ganzen Dramas - der verblichene Reeder Rosländer - mit Vornamen hieß.
Norbert Klugmann, Gmeiner
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