Die Jungfrau im Eis
- Heyne
- Erschienen: Januar 1986
- 1
- Heyne, 1982, Titel: 'The virgin in the ice', Originalausgabe
Bruder Cadfael ermittelt wieder - in Eis und Schnee!
Kurzgefasst:
Im Winter des Jahres 1139 wird Bruder Cadfael in eine benachbarte Abtei gerufen, um einem Verwundeten zu helfen. Er hat aber auch den Auftrag, nach einem verschwundenen Geschwisterpaar Ausschau zu halten. Unter dem Eis eines Baches entdeckt Cadfael den Leichnam eines jungen Mädchens, und unverzüglich macht sich der scharfsinnige Detektiv in der Mönchskutte auf die Suche nach dem Mörder.
Im Winter des Jahres 1139 schwelt der Krieg zwischen König Stephen und Kaiserin Maud unaufhörlich weiter. Recht und Ordnung zerfallen, marodierende Soldaten und Banditen bluten die einfache Bevölkerung aus. Jüngstes Opfer der Grausamkeiten sind die Bewohner der Stadt Worcester, wo Truppen von Kaiserin Maud die Zivilbevölkerung zur Flucht zwingen. Schutz finden die Flüchtlinge unter anderem in der Stadt Shrewsburry und der angrenzenden Abtei. Doch ein Junge und ein Mädchen, Geschwister von Adel, und die sie begleitende Nonne sind verschwunden. Bruder Cadfael macht sich auf die Suche - doch neben den verschwundenen Kindern beschäftigen ihn auch noch ein Mönch, der sein Gedächtnis verloren hat, sowie eine weibliche Leiche, die in einem zugefrorenen Fluss gefunden wird.
Es ist der bereits sechste Band um Bruder Cadfael, den Detektiv in der Mönchskutte. Wie in den anderen Krimis bildet die so genannte Anarchy - der Krieg zwischen Stephen und Maud - den historischen Hintergrund. Dieses Mal muss sich der Mönch gleich um drei Fälle kümmern, die anfangs nichts miteinander zu tun haben, deren Zusammenhang sich jedoch Cadfael wie dem Leser - soviel darf an dieser Stelle verraten werden - Stück für Stück offenbart.
Altbewährtes Rezept ohne Langeweile
Der geübte Leser dieser historischen Krimi-Reihe wird nicht enttäuscht: Ellis Peters hat die bereits bekannten Zutaten neu gemischt und einen in sich stimmigen, unterhaltsamen und spannenden Kriminalroman erschaffen. Altbekannte Charaktere wie Hugh Beringar sind wieder mit von der Partie, und der Leser erhält wieder einen etwas tieferen Einblick in Cadfaels Vergangenheit. Dieses Mal erzählt die Autorin häufig aus wechselnden Sichtweisen, so dass der Leser zwar einen leichten Wissensvorsprung hat, nichtsdestotrotz aber ebenso lange auf die Lösung warten muss wie die Hauptfigur.
Ellis Peters bleibt sich auch stilistisch treu: der Stil überfordert den Leser nicht, so dass man den Krimi gemütlich an einem Leseabend beenden kann. Dennoch wäre es verfehlt, den Stil als platt oder billig zu bezeichnen: der Autorin gelingt der Spagat zwischen Anspruch und Lesefreundlichkeit gekonnt wie immer. Wer bei einem Mönch als Protagonisten Langeweile und Kleingeisterei erwartet, der wird über die Weltoffenheit und den geistigen Witz von Bruder Cadfael positiv überrascht sein.
Krimi und Historie gehen harmonisch Hand in Hand
Eine der großen Stärken von Ellis Peters ist die an Perfektion grenzende Kombination von Historie und Kriminalfall. Häufig haben Autoren historischer Kriminalromane das Problem, dass sie das Gewicht zu eindeutig auf eine der Seiten verlagern: in einem stark ausgearbeiteten historischen Hintergrund läuft die Kriminalhandlung Gefahr, vernachlässigt zu werden. Bei einem dominanten Kriminalfall fühlt sich der historisch interessierte Leser nicht selten verschaukelt, weil die historischen Fakten nur schmuckes Beiwerk zu sein scheinen.
In ihrer Reihe um Bruder Cadfael gelingt es der Autorin, in beiderlei Hinsicht Maß zu halten: der Krieg ist weit mehr als nur Hintergrund für die Geschichte, insbesondere die Auswirkungen der Anarchy auf die einfache Land- und Stadtbevölkerung wird eindrucksvoll geschildert: Recht und Gesetz gelten nichts, wenn sich niemand verantwortlich fühlt, sie zu verteidigen.
Gleichzeitig entrollt sich vor den Augen des Lesers ein spannender Krimi, bei dessen Auflösung sich die Autorin die Zeit nimmt, den Leser in die Irre zu führen, falsche Fährten für ihn zu legen und ihm zum Ende eine trotzdem rundum glaubwürdige Lösung zu präsentieren. Zum Ende hin zieht die Spannung noch einmal deutlich an. Dabei braucht Ellis Peters weder Blut noch extreme Gewaltszenen, um den Leser bei der Stange zu halten, eine erfreuliche Abwechslung zu dem in Mode gekommenen Gewaltvoyeurismus.
Nach einer zufriedenstellenden Auflösung des Falles wartet die Autorin sogar noch mit einem besonderen Schmankerl auf, bei dessen Erwähnung sich der Leser von Herzen mit seinem Protagonisten mit freuen kann, so dass das Buch mit einem Lächeln geschlossen werden kann. Was Ellis Peters hier bereithält, soll natürlich nicht verraten werden.
Rundum empfehlenswert
Ellis Peter hat hier erneut einen spannend Mittelalterkrimi geschaffen, der gekonnt Historie und Kriminalfall miteinander verbindet. Wer auf leichte, unblutige Spannung und einen interessanten Einblick in einen düsteren Teil der englischen Geschichte aus ist, ist bei Bruder Cadfael erneut wunderbar aufgehoben!
Ellis Peters, Heyne
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