Die Spucke des Teufels
- Grafit
- Erschienen: Januar 2009
- 7
- Grafit, 2009, Titel: 'Die Spucke des Teufels', Originalausgabe
Ein blutdurchtränktes Plädoyer für die Kartoffel
Kurzgefasst:
Lisbeth, die erst kürzlich verwitwete Wirtin des Gasthauses zum Ochsen, ist entschlossen, die Geschäfte allein weiterzuführen. Schon bald muss sie sich bewähren, denn bei ihr quartieren sich preußische Gardisten ein. Der Lohn: ein Sack Kartoffeln und die Nachstellungen eines Majors. Der Müller Willem und der fahrende Barbier Jost versuchen, Lisbeth zu helfen, doch sie wissen nicht, dass sie ein Geheimnis hat...
Eine Erzählung über eine Frau, die für ihre Unabhängigkeit über Leichen geht, und über die Bemühungen Friedrichs II., seinem Volk die Kartoffel schmackhaft zu machen.
Wer auf seinem Speiseplan häufiger Kartoffeln stehen hat, wird am Buch Die Spucke des Teufels Gefallen finden. Autorin Ella Theiss hat - eingebettet in eine deftige Geschichte - die mühsame Einführung der Kartoffel als Volksspeise thematisiert. Mit viel Tempo steigt die Autorin in den Roman ein und lässt gleich den ungehobelten Ochsenwirt das Zeitliche segnen. Die genauen Umstände, die zu seinem Tode geführt haben, bleiben zwar ungeklärt, doch erlöst es die Witwe Lisbeth von seiner Tyrannei. Nie wieder, so schwört sich Lisbeth, will sie von einem Mann abhängig werden. Zu sehr hat sie unter Gewalt und Lieblosigkeit ihres ersten Ehemannes gelitten. Doch der hat ihr ein stattliches Gasthaus vermacht. Dies und der Umstand, dass Lisbeth ein attraktives Frauenzimmer ist, rufen mehrere Eheanwärter auf den Plan. Einer von ihnen stösst mit seinen Avancen durchaus auf Gegenliebe, doch ein brutaler Preussen-Major hat selber Interesse und durchkreuzt das junge Glück.
Stetiger Szenenwechsel
Schon zu beginn des Romans lässt Ella Theiss keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie Grosses schaffen wollte. Eine derbe Sprache gepaart mit schwarzem Humor scheint hier das richtige Rezept zu sein, um die Geschichte von Lisbeth und von der Einführung der Kartoffel zu einem Lesegenuss zu vereinen. Doch bald einmal zeigt sich, dass die Autorin die Suppe etwas zu gut gesalzen hat. Denn zum an sich schon gewöhnungsbedürftigen Blickwinkel in den ersten Kapiteln gesellen sich verschiedene Szenenwechsel hinzu, die des Guten zu viel sind. Es sind zwar jeweils recht kleine Happen, die in den Text eingestreut werden, doch machen sie die Geschichte an sich nicht bekömmlicher.
Für Hobby-Köche
Eingestreut sind neben den verschiedenen Erzählperspektiven auch einzelne Rezepte, denen sich Lisbeth im Verlauf der Geschichte zuwendet und denen sie ihren guten Ruf verdankt. Sowohl für den Leser als auch für den Hobbykoch wäre es aber hilfreicher, die Rezepte als "Dreingabe" an den Roman anzuhängen und es an den entsprechenden Stellen bei einem Hinweis auf das vollständige Rezept zu belassen. Die gute Idee mit den Rezepten verliert durch die gewählte Darstellung zu stark an Qualität.
Nicht jedermanns Geschmack
Im Verlaufe des Romans nimmt Lisbeth zunehmend makabre Züge an und auch, wenn es Ellen Theiss weitgehend bei Andeutungen bewenden lässt, so sind verschiedene Szenen denn doch so unappetitlich aufbereitet, dass sie nicht mehr jedermanns Geschmack sein dürften. Es benötigt schon den Hang zum tiefschwarzen Humor, um Gefallen an "Ochsenfleisch" mit unbestimmter Herkunft zu finden. Hier scheint die Autorin definitiv vom gängigen Pfad abzuweichen, die Geschichte schlägt einige Haken und zuckelt vor sich hin wie ein überladenes Fuder Heu.
Schöne Aufmachung
Ein Kompliment verdient der Verlag, der das Buch fein gestaltet und in eine ansprechende Hülle gesteckt hat. Schön auch das passende Buchzeichen mit Informationen zum Werdegang der Kartoffel in Europa. Wünschenswert wäre ein etwas grösseres Format von Buch und Schrift gewesen, vor allem bei den Szenenwechseln ist das Schriftbild nicht für alle Augen gut lesbar.
Alles in allem ist der Debüt-Roman von Ella Theiss ein gut gemeintes, aber über das Ziel hinaus schiessendes Machwerk. Die an sich spannende Grundgeschichte verliert zu sehr durch die verschiedenen eingebrachten Stilelemente, als dass man es noch als gelungenes literarisches Mahl bezeichnen könnte. Vielmehr ist diese Suppe eher leicht versalzen und weniger wäre auf jeden Fall mehr gewesen. Selbst die Freunde des tiefschwarzen Humors dürften mit Die Spucke des Teufels nicht wirklich glücklich werden, dazu ist der historische Hintergrund zu dominant. Ein Hintergrund, der gut gewählt ist und an sich mehr hergegeben hätte, als den vorliegenden Roman.
Ella Theiss, Grafit
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