Requiem am Rialto
- Kindler
- Erschienen: Januar 2009
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- Kindler, 2009, Titel: 'Requiem am Rialto', Originalausgabe
Karnevalszeit ist Mordzeit
Kurzgefasst:
Venedig im Februar 1865: Es ist Karneval, die Stadt ist voll mit maskierten Fremden. Und mit Prostituierten, die aus ganz Europa nach Venedig strömen, um Geld zu verdienen. Wie jeden Februar ist Tron damit beschäftigt, seiner Mutter bei den Vorbereitungen zu ihrem Maskenball behilflich zu sein. Da passt es ihm überhaupt nicht, dass er sich mit einem Mord befassen muss, der zudem noch etwas Absonderliches hat: In der Calle della Verona, ganz in der Nähe des Teatro Fenice, ist die Leiche einer blonden Prostituierten gefunden worden. Der Frau wurde mit großer Kunstfertigkeit die Leber entfernt auf den ersten Blick die Tat eines Wahnsinnigen. Vermutlich, so denkt Tron, ist sie einem Fremden zuzuschreiben, der die Stadt schon wieder verlassen hat. Doch kurze Zeit später wird in einer Gondel eine zweite Leiche gefunden: Die Frau war blond, und ihr wurde die Leber entfernt.
Venedig zur Karnevalszeit des Jahres 1865: Während die Stadt ausgelassen und fröhlich feiert, geschieht ein Mord an einer jungen, blonden Frau. Commissario Tron nimmt die Ermittlungen auf und muss bald feststellen, dass es nicht bei dieser Einzeltat bleibt, offenbar scheint ein Serienmörder sein Unwesen in der Lagunenstadt zu treiben. Allerdings kann sich Venedig zu diesem Zeitpunkt gerade keine weiteren Morde leisten. Der Polizeipräsident, Baron Spaur, möchte in den jährlichen Wettbewerb um die niedrigste Kriminalitätsrate im Kaiserreich gewinnen, denn dem Sieger winkt eine Einladung in die Hofburg, auf die wiederum die Baronin Spaur ganz versessen ist. Tron und sein treuer Gehilfe Ispettor Bossi haben alle Hände voll zu tun, um sowohl den Täter zu verhaften als auch den Ehefrieden Spaurs zu retten. Dabei müssen sie manchmal auf sehr ungewöhnliche Ermittlungsmethoden zurückgreifen...
Venedig erstrahlt in altem Glanz
Wie schon in seinen ersten vier Bänden gelingt es Nicolas Remin mit seiner feinen, ausdrucksstarken und humorvollen Sprache erneut meisterhaft, das Venedig des neunzehnten Jahrhunderts auferstehen zu lassen. Zudem fließen gekonnt die politischen und gesellschaftlichen Zustände mit in die Geschichte ein. Anschaulich wird das Leben unter habsburgischer Herrschaft sowie das immer noch bestehende Unabhängigkeitsdenken vieler Venezianer geschildert. Eine besondere Rolle nimmt natürlich der Karneval ein und man bekommt als Leser einen schönen Einblick in die damaligen Festivitäten, sowohl bei den einfachen Leuten als auch bei den adeligen Familien. Es lässt sich leicht nachvollziehen, wie einfach es ein Mörder in dieser Zeit hatte, unerkannt zu morden. Die Stimmung ist ausgelassen, Hemmungen werden abgelegt und jeder will sich nur amüsieren, ohne groß nach dem Morgen zu fragen. Umso schwerer haben es demnach aber auch Tron und Bossi, dem Mörder auf die Schliche zu kommen.
Commissario Tron in Höchstform
Der Spannungsbogen wird ziemlich rasch aufgebaut und auch gekonnt bis zum Schluss gehalten. Der Autor baut geschickt immer neue, überraschende Wendungen ein, die nicht nur Commissario Tron und Bossi verwirren, sondern auch den Leser des öfteren von seiner bisher verfolgten Spur abbringen. Commissario Tron zeigt sich diesmal als äußerst fähiger Ermittler. Zwar tritt er weiterhin gerne in fast jedes Fettnäpfchen, das sich im bietet, doch er wirkt nicht ganz so vertrottelt, hilflos und naiv wie noch in manchen vorherigen Bänden.
Dass diesmal kein Mitglied der kaiserlichen Familie in den Kriminalfall verwickelt ist, tut der Geschichte keinen Abbruch. Mit dem Comte de Chambord, der von sich behauptet, ein Nachfahre des Sonnenkönigs zu sein, gibt es trotzdem einen hochrangigen Adeligen, dem man leicht auf die Füße treten kann.
Altbekannte und interessante neue Personen
Neben Commissario Tron und Ispettor Bossi trifft man als Leser auf viele lieb gewonnene Bekannte, wie zum Beispiel Baron Spaur und seine Gemahlin, die Principessa und die Contessa, Trons Mutter. Gerade die letzteren zwei haben allerdings leider nur immer kurze Auftritte, so dass die amüsanten Wortgefechte zwischen Principessa, der Contessa und Tron diesmal so gut wie gar nicht stattfinden. Dafür bereichern aber sehr interessante und facettenreiche neue Figuren das Geschehen: Neben dem bereits erwähnten Comte de Chambord sind das unter anderem Oberst Stumm von Bordwehr, ein etwas aufbrausender kaiserlicher Offizier, oder Julien, ein in Frankreich lebender Neffe der Principessa, der zudem noch ausgesprochen attraktiv ist.
Gewürzt ist das Ganze mit dem unnachahmlichen Witz des Autors, der von Situationskomik bis hin zu schwarzem Humor reicht und das Lesevergnügen noch einmal um einiges erhöht.
Mit Requiem am Rialto ist Nicolas Remin eine höchst vergnügliche und spannende Fortsetzung seiner Reihe gelungen, die den Leser erneut auf eine bezaubernde Reise ins Venedig des neunzehnten Jahrhunderts mitnimmt. Bleibt nur zu hoffen, dass es auch noch einen sechsten Fall für Commissario Tron geben wird!
Nicolas Remin, Kindler
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