Titan

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2009
  • 4
  • Heyne, 2009, Titel: 'Conspiracy', Originalausgabe
Titan
Titan
Wertung wird geladen
Jörg Kijanski
901001

Histo-Couch Rezension vonSep 2009

Der Untergang Roms schreitet voran

Kurzgefasst:

Cicero hat es geschafft - Verhandlungsgeschick und sein Redetalent haben ihn an die Spitze der Macht gebracht: Er bekleidet als Konsul das höchste Amt in Rom. Aber seine Widersacher haben sich längst formiert. Eine große Verschwörung droht die Republik zu stürzen. Und immer wieder scheint es der gerissene Caesar zu sein, der im Hintergrund die Fäden zieht ...

Rom im Jahr 63 v. Chr.: Cicero ist endlich Konsul. Im Wahlkampf hat er sich gegen den korrupten Patrizier Catilina durchgesetzt. Aber zur Verwirklichung seiner politischen Ideale läuft ihm die Zeit davon, denn Catilina hat den Kampf noch nicht aufgegeben: Zusammen mit enttäuschten Aristokraten, Veteranen, Kriminellen und anderem Gesindel bereitet er eine große Verschwörung vor, um an die Macht zu gelangen. Aber welche Rolle spielt der umtriebige Caesar dabei? Der Einfluss seines Kontrahenten wächst unaufhörlich, und Cicero muss seine Tugendhaftigkeit auf die zwangsläufige Probe stellen: Wenn man die Macht im Staat innehat - ist es dann gerechtfertigt, illegale Methoden anzuwenden, um die Republik zu retten? Schließlich erfährt Cicero von einer konspirativen Sitzung, auf der seine Ermordung geplant wurde...

 

Zwei Tage vor seiner Amtseinführung als neuer Konsul von Rom wird Marcus Tullius Cicero zu einem Leichenfund am Tiber gerufen. Ein zwölfjähriger Junge wurde bestialisch ermordet. Dass es sich bei dem Toten ausgerechnet um einen Sklaven seines Mitkonsuls und Konkurrenten Hybrida handelt, macht die Sache für Cicero nicht einfacher. Kurzerhand entscheidet sich Cicero dafür, den Vorfall zu vertuschen, schließlich warten dringendere Aufgaben auf ihn.

Tatsächlich geht es gleich zu Beginn von Ciceros Amtszeit ordentlich zur Sache, denn kein geringerer als Cäsar strebt nach Einfluss und Macht und versucht den neuen Konsul auf seine Seite zu ziehen. Dazu baut er höchstmöglichen Druck auf, in dem er durch seinen Mittelsmann Rullus ein neues Gesetz einbringen lässt, in dem es um die Verteilung größerer Ländereien geht. Diese sollen von einer Kommission verwaltet werden, wodurch die diesbezüglichen Befugnisse des Senats de facto abgeschafft würden. Des Weiteren wird der Patrizier Rabirius des Mordes am Volkstribun Saturninus angeklagt. Nicht nur dass dieses Verbrechen bereits 36 Jahre zurückliegt, auch der Anklagepunkt ist entscheidend. So wird Rabirius nicht etwa Hochverrat vorgeworfen, wofür ihm ein Leben im Exil droht, sondern Perduellio. Perduellio ist zwar nur ein anderes, überaltertes Wort für Hochverrat, allerdings droht nach einem immer noch in Kraft befindlichen Gesetz hier der Tod durch Kreuzigung.

Die Patrizier, allen voran sein alter Widersacher Hortensius, fordern von Cicero, dass er sich für Rabirius einsetzt, da er selber durch die Unterstützung der Patrizier zum Konsul gewählt wurde. Derweil haben die Popularen, allen voran Cäsar, ein gewichtiges Argument auf ihrer Seite, nämlich die realen Machtverhältnisse. "Wir haben die Unterstützung des Volkes, der Volkstribunen, der Hälfte der Prätoren - tja, sogar Antonius Hybrida, dein Mitkonsul, steht auf unserer Seite. Wer bleibt da noch für dich? Die Patrizier? Sie verachten dich. In dem Augenblick, in dem du ihnen nicht mehr von Nutzen bist, lassen sie dich fallen."

Als wäre das neue Gesetz zur Landverteilung und der drohende Prozess gegen Rabirius noch nicht schlimm genug, droht Ciceros Intimfeind Catilina diesem offen mit dem Tod. So kämpft Cicero an mehreren Fronten, und als es ihm gelingt, Hybrida auf seine Seite zu ziehen, droht bereits neues Ungemach. Metellus Pius stirbt, und so steht die Neuwahl des Pontifex Maximus, dem höchsten Priester der römischen Staatsreligion, an. Da sich die beiden aussichtsreichsten Kandidaten Catulus und Isaurius nicht einigen können wer antreten soll, geschieht das Undenkbare. Beide nehmen sich gegenseitig die Stimmen weg und der lachende Dritte ist - ausgerechnet - Julius Cäsar...

 

 

Aber in der Politik kann man sich seine Feinde eben nicht immer aussuchen, geschweige denn seine Freunde.

 

Titan ist nach Imperium der zweite Teil der "Cicero-Trilogie" des Bestsellerautors Robert Harris. Ging es im ersten Teil um Ciceros Aufstieg zum Konsul, so beginnt der zweite Band im Jahr 63 vor Christus und besteht aus zwei Teilen. Teil eins ("Konsul") beschreibt Ciceros Jahr als Konsul bis hin zur blutigen Niederschlagung von Catilinas Verschwörung und Teil zwei ("Pater Patriae") zeigt die Ereignisse der Jahre 62 - 58 vor Christus auf, die ebenfalls alles andere als ereignisarm sind. Im Gegenteil: Cäsar wird Konsul, Pompeius kehrt nach Rom zurück und Clodius tritt die "Nachfolge" von Catilina an, will Volkstribun werden und trachtet Cicero nach dem Leben. Als sich zu allem Überfluss Cäsar, Pompeius und Crassus (reichster Mann Roms) verbünden, gerät nicht nur Ciceros Leben in höchste Gefahr. Auch der Untergang Roms scheint nicht mehr aufzuhalten, und so endet der zweite Teil folgerichtig mit Ciceros Flucht. Positiv anzumerken wäre noch, dass anschließend - anders als bei Imperium - ein (kleines) Glossar und eine Übersicht der "Dramatis Personae" folgen.

Die Ereignisse überschlagen sich, und einmal mehr gelingt es Robert Harris auf beeindruckende Weise, dem Leser das innere Wesen von Politik nahe zu bringen. Ränkespiele wohin man sieht, Moral ist da eher nicht gefragt. Ganz im Gegenteil. So hält der Stoiker Cato zwar flammende Reden, scheitert gleichwohl erbarmungslos an der Realität. Auch Cicero, dessen Handeln (einmal mehr) von seinem Sklaven und Sekretär Tiro erzählt wird, muss sein politisches Fähnchen bedenklich oft in den Wind halten und seine eigene Position mehrfach den Gegebenheiten anpassen. Er selbst sieht dies als "politische Flexibilität" an; der Begriff Opportunismus dürfte eher passen. Doch wie soll man sich richtig verhalten in einer Stadt, in der die Moral jeden Tag mehr und mehr verloren geht, in der der Pöbel zunehmend die Kontrolle übernimmt?

All diese fast unüberschaubaren Facetten politischen Kalküls und die damit verbundenen Machtspiele beschreibt Robert Harris mit großer Leidenschaft. Der Leser kann sich dieser "Faszination" nur schwer entziehen und so zeigt Titan zeitlos auf, warum es sich (trotz nachvollziehbarer Verdrossenheit) noch immer lohnt, sich politisch zu engagieren und für seine Werte einzutreten. Wie gesagt, endet der zweite Band mit Ciceros Flucht aus Rom vor Clodius und seinen Häschern im Jahr 58 vor Christus. Somit verbleiben dem dritten und letzten Band weitere fünfzehn Jahre aus dem Leben Ciceros vorbehalten. Man darf gespannt sein, wie tief Rom in dieser Zeit noch fallen kann (wird). Schade bleibt einzig, dass der Autor es trotz mehrfacher Anfrage nicht geschafft hat, sich für ein Interview zur Verfügung zu stellen bzw auf die Anfrage zu reagieren.

 

Titan

Robert Harris, Heyne

Titan

Ähnliche Bücher:

Deine Meinung zu »Titan«

Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!

Letzte Kommentare:
Loading
Loading
Letzte Kommentare:
Loading
Loading

Zeitpunkt.
Menschen, Schicksale und Ereignisse.

Wir schauen auf einen Zeitpunkte unserer Weltgeschichte und nennen Euch passende historische Romane.

mehr erfahren