Das Hexenbuch von Salem
- Page & Turner
- Erschienen: Januar 2009
- 2
- Page & Turner, 2009, Titel: 'The Physick Book of Deliverance Dane', Originalausgabe
Den wahren Hexen Salems auf der Spur
Kurzgefasst:
Connie Goodwin ist eine hervorragende Studentin der Harvard Universität und schreibt gerade an ihrer Doktorarbeit über Sitten und Gebräuche im Amerika des 17. Jahrhunderts. Ihr Spezialgebiet sind die Hexenverfolgungen in Salem. Als Connies Mutter Grace sie eines Tages bittet, das halbverfallene Haus der Großmutter in Marblehead, Massachusetts, in Ordnung zu bringen, ist Connie wenig begeistert. Mit gemischten Gefühlen reist sie in das Küstenstädtchen, das nicht weit von Salem entfernt liegt. Immerhin hofft Connie, in den alten Kirchenregistern von Salem etwas über die Hexenprozesse zu finden, und ist froh, dass ihr der gutaussehende Restaurator Sam, den sie in der Kirche antrifft, bei den Recherchen helfen möchte.
Kurz darauf entdeckt Connie im verwunschenen Haus der Großmutter ein vergilbtes Pergament, das sie auf die Spur eines alten Buches mit sonderbaren Formeln und Rezepten bringt. Als sie ihrer Mutter von dem Folianten erzählt, ist diese nicht überrascht: Grace weiß von dem Buch, das lange im Familienbesitz war, und warnt ihre Tochter, sich damit zu beschäftigen. Gemeinsam mit Sam kommt Connie schließlich einem gefährlichen Familiengeheimnis auf die Spur - und entdeckt plötzlich seltsame Fähigkeiten an sich selbst...
Im Prinzip möchte Connie Goodwin nichts anders, als mit einer ausgezeichneten Doktorarbeit die hohen Erwartungen ihres Doktor-Vaters Manning Chilton zu erfüllen. Doch da kommt ihr eine Bitte ihrer exzentrischen Mutter in die Quere. Denn Grace möchte, dass Connie das seit vielen Jahren leer stehende Haus ihrer verstorbenen Grossmutter in Marblehead, einem kleinen Ort nahe Salem, in Ordnung bringt, damit es verkauft werden kann. Connie fühlt sich zunächst zwischen dem Anspruch ihres Doktorvaters, sie solle nach einer Primärquelle Ausschau halten und die Hexengeschichte von Salem neu aufarbeiten und dem Wunsch ihrer Mutter nach einer raschen Erledigung der Räumung hin und her gerissen. Da stösst sie im alten Haus auf ein Pergament und einen Satz besonderer Rezeptkarten. Nach und nach taucht Connie in die Geschichte der Hexen von Salem ein, zu denen auch ihre Grossmutter eine spezielle Verbindung hatte.
Mix von Gegenwart und Vergangenheit
Autorin Katherine Howe erzählt die Geschichte der Hexenverfolgung von Salem (17. Jahrhundert) auf eine ganz eigene Art und Weise. Dadurch hebt sich Das Hexenbuch von Salem von der Masse von Büchern zu diesem Thema ab und bekommt eine eigene Dramatik. Denn die Autorin stellt anders als das gängige Schema nicht in Abrede, dass es tatsächlich unerklärbare Phänomene gegeben haben könnte, die besonders in jener Zeit als Hexerei gedeutet werden mussten. Im Gegenteil. Je tiefer sich Protagonistin Connie in die Geschichte einliest, desto deutlicher wird, dass Frauen mit besonderen Heilkräften am Werk gewesen sein müssen. Durch einen geschickten Aufbau der Erzählstränge kommt es zu einem Mix von Gegenwart und Vergangenheit, der den Spannungsbogen aufrecht erhält und die einzelnen Schicksale optimal miteinander verknüpft.
Starker historischer Teil
Qualitativ unterscheiden sich allerdings die Erzählstränge spürbar. Während die Gegenwart eine nette und temporeiche, aber nicht unbedingt aussergewöhnliche Geschichte darstellt, liegt die eigentliche Stärke des Buches im historischen Teil. Hier geht Katherine Howe mit grossem Feingefühl ans Werk und vermag es, für die Geschichte der Hexenverfolgung erneut zu interessieren und eine neue Sichtweise einzubringen. Sie verzichtet (fast) auf Schuldzuweisung - einzig die jungen Mädchen, die mit ihren angeblichen Anfällen, die vermutlich unter anderem aus Langeweile entstanden sind, werden in ein gnadenloses Licht gestellt. Die Handlungen der Charaktere sind weitgehend nachvollziehbar, auch wenn sie oft grausam sind. Besonders gelungen ist die Entwicklung der weiblichen Nachkommen von Deliverance Dane, die in Salem hingerichtet worden ist. So kann Katherine Howe glaubwürdig aufzeigen, wie sich die jeweiligen Nachkommen in ihrer Zeit behauptet haben und teilweise auch versucht haben, sich von ihrem Erbe zu befreien.
Sprachliche Stolpersteine
Nicht ganz geglückt ist hingegen die Übersetzung des Buches, die einige sprachliche Stolpersteine bereit hält, was den Lesefluss da und dort etwas beeinträchtigt. Durch die gelungene Gesamtkomposition der Geschichte lässt sich dies allerdings verschmerzen. Dem Prädikat "Ausgezeichnet" steht somit vor allem die doch etwas gar seichte Liebesgeschichte zwischen Connie und Sam im Wege, die durchaus etwas mehr Pfiff vertragen hätte. Etwas bemüht wirkt auch die Rolle von Doktor-Vater Manning Chilton. Hier hätte Katherine Howe es bei einer im Hintergrund agierenden Persönlichkeit belassen können, ohne der Geschichte Abbruch zu tun.
Zusätzlichen Reiz erhält das Buch Das Hexenbuch von Salem dadurch, dass Katherine Howe selber gleich zwei Vorfahrinnen hat, die bei den Hexenprozessen vor dem Richter standen. Dies lässt die ganze Geschichte um Deliverance Dane (keine der beiden Vorfahrinnen) noch zusätzlich an Tiefe gewinnen.
Das Hexenbuch von Salem ist allemal ein gelungenes Leseerlebnis das die Vorgänge um die beispiellose Hexenverfolgung in den USA in einem besonderen Licht erscheinen lässt.
Katherine Howe, Page & Turner
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