Turm der Lügen

Kurzgefasst:

Die junge Sévérine wächst auf einer Burg fernab vom Königshof auf - und weiß nicht, dass sie blutsverwandt ist mit den drei Schwiegertöchtern Philipps des Schönen von Frankreich. Als zwei der Damen im Jahre 1314 des Ehebruchs überführt werden - ein beispielloser politischer Skandal -, gerät Sévérine unversehens in einen gefährlichen Strudel aus höfischer Intrige und Verrat...

Frankreich im Jahre 1313. Sévérine Gasnay wächst auf der Burg Faucheville fernab von Paris frei und ungebunden von Konventionen auf. Ihr Vertrauter aus Kindertagen, Adrien, der Sohn des Lehnsherren Baron Flavy, drängt Sévérine mit ihm nach Paris zu kommen, da dort ihr eigentliche Zuhause und ihre Familie seien. In blindem Vertrauen zu Adrien folgt Sévérine ihm nach Paris und findet im Haushalt der Jeanne von Poitiers, der Schwiegertochter des Königs, eine neue Bleibe. Schnell wird sie zur Vertrauten der jungen Frau, die ahnt, dass Sévérines rätselhafte Herkunft ein Geheimnis birgt, das auch ihr Leben durcheinander wirbeln könnte. Jeannes Schwester Blanche und ihre Cousine Marguerite, die ebenfalls mit Söhnen des Königs verheiratet sind, betrachten diese vertraute Beziehung mit Argwohn. Marguerite und Blanche sind in ihren Ehen nicht glücklich und frönen daher ungezügelt den Freuden des französischen Königshofes.

Skandal im Tour de Nesle

Die beiden Frauen werden schließlich des Ehebruchs beschuldigt und ein beispielloser Skandal um den Tour des Nesle nimmt seinen Lauf. Unversehens gerät Sévérine in dieses Ränkespiel der höfischen Kreise. Ihre letzte Hoffnung, dem zu entgehen und endlich das Geheimnis ihrer Herkunft zu klären, ist Adrien. Doch dieser ist als engster Vertrauter und Freund des Königsohnes Philipp des Langen anderen Belangen verbunden. Wird Sévérine zu ihrem Geburtsrecht kommen und schließlich glücklich werden können?

Intrigen und unverbrüchliche Treue bestimmen das Geschehen am französischen Königshof

Um die historischen Personen der französischen Königsfamilie herum spinnt die Autorin eine verzwickte Geschichte um Ehebruch, Intrigen und Verrat einerseits, aber auch unverbrüchlicher Treue und Vertrauen andererseits. Die Charaktere sind mit Ecken und Kanten gezeichnet, so dass auch bei den geschichtlichen Personen der Eindruck erweckt wird, dass sich der tatsächlich belegte Skandal so ereignet haben könnte. Auch die fiktiven Protagonisten Sévérine und Adrien passen sich stimmig in die Gesamthandlung ein. Allein die unverrückbare Hingabe Sévérines zu Adrien ist nicht ganz nachvollziehbar entwickelt. Obwohl Adrien seit Jahren nicht mehr in Faucheville war und Sévérine zu dieser Zeit noch ein kleines Mädchen gewesen ist, folgt sie ihm als fast erwachsene Frau nun ohne Widerrede nach Paris und lässt Adrien über sich verfügen. Auch die Rahmen gebende Liebesgeschichte ist vor diesem Hintergrund nicht tief genug entwickelt, sondern passiert en passant.

Bildhafte Sprache und spannende Handlung begründen den Lesegenuss

Die Sprache ist leicht und flüssig zu lesen und doch bildhaft beschreibend. Der Ton des Romans ist der historischen Zeit stimmig angenähert, ohne altbacken zu sein. Die historischen Ereignisse sind harmonisch mit dem fiktiven Geschehen verbunden, so dass ein wunderschön zu lesender Roman entstanden ist. Die Spannung des Romans wird bereits im Prolog aufgebaut und durch die Handlung und der Frage nach der Herkunft Sévérines fortgeführt. Die ganz unterschiedlichen Beziehungen zwischen den handelnden Personen der französischen Königsfamilie halten die Spannung hoch und der Leser hofft auf eine guten Ausgang. Auch für Sévérine und Adrien.

Das Cover des Buches ziert eine Darstellung des Tour des Nesle sowie eine Abbildung eines Frauenarmes in zeitgenössischer Kleidung, diese Gestaltung ist stimmungsvoll und passend ausgewählt. Ergänzt wird der Roman im Anhang durch ein Personenverzeichnis der wichtigsten historischen Protagonisten sowie einer Stammtafel der französischen Königsfamilie im Jahre 1314. Dieser Anhang rundet den Roman ab und gibt einen Einblick in die historischen Zusammenhänge.

Insgesamt ist ein spannender und reizvoller Roman um ein eher vernachlässigtes Kapitel der französischen Geschichte entstanden, dem es gelingt, den Leser für ein paar sehr vergnügliche Stunden in das Frankreich des 14. Jahrhunderts zu entführen.