Die hässlichste Frau der Welt

  • Nagel & Kimche
  • Erschienen: Januar 2009
  • 1
  • Nagel & Kimche, 2009, Titel: 'Die hässlichste Frau der Welt', Originalausgabe
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Rita Dell'Agnese
871001

Histo-Couch Rezension vonNov 2009

Ein erschütterndes Zeugnis von Voyeurismus und Unmenschlichkeit

Kurzgefasst:

Mitte des neunzehnten Jahrhunderts tingeln zwei junge Frauen durch Europa. Die eine ist als "die Affenfrau" der Star einer Freakshow, die andere ist eine junge Tänzerin, deren Schönheit dazu dient, die Abnormität des Stars noch zu steigern.

 

Eine Affenfrau und eine schöne Tänzerin - von einem geschäftstüchtigen Show-Manager in Verbindung gebracht und ausgestellt: Die Geschichte von Julia Pastrana und Rosie La Belle ist ein erschütterndes Zeugnis von Sensationslust. Eine unrühmliche Rolle nimmt dabei der Manager Theodor Lent ein, der als Ehemann von Julia Pastrana sicherstellt, dass seine Geldquelle munter sprudelt. Lent vermarktet die Hässlichkeit der "Affenfrau" geschickt. Selbst nach dramatischen Ereignissen schreckt er nicht zurück, Julia ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken.

Gut aufgebaut

Margrit Schriber hat ihren Roman in die Hände von Rosie La Belle gelegt. Die alternde und verarmte Schönheit zieht zurück in jenes kleine Schweizer Dorf, von wo aus sie zu ihrer unglaublichen Karriere gestartet war. Nach und nach kommt ihre Geschichte ans Licht. In Form von Briefen, die Rosie einst an ihren Waisenvater geschrieben hatte, liegt das Leben des ehemaligen Verdingkindes offen. Und damit eine Geschichte voller Bitterkeit und Süße zugleich. Denn Rosie war der Affenfrau Julia herzlich zugetan. Als ihre Dienerin und Vertraute spürte sie den Schmerz, den Julia durch die stetige Demütigung empfand, und war ihm doch genauso hilflos ausgeliefert, wie Julia selber. Durch dieses dramaturgische Mittel hat Margrit Schriber einen einzigartigen Roman geschaffen, der oft unvermittelt berührt und betroffen macht.

Schwierige Sprache

Nicht ganz so einfach ist es, mit der schnörkellosen, aber von ihrer Heimat geprägten Sprache der Schweizerin umzugehen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Kultur des kleinen Bergdorfes, in das Rosie La Belle zurück gekehrt ist, vielen so fremd sein dürfte, dass sie keinen Bezug zu den Schilderungen herstellen können. So offenbart sich die ganze Dichte der Geschichte wohl nur einem Kreis von Eingeweihten. Doch auch wer draußen bleibt und den Umgang im Dorf nicht ganz nachvollziehen kann, wird auf seine Kosten kommen.

Die hässlichste Frau der Welt hält den Menschen einen Spiegel vor und lässt die Leserinnen und Leser betroffen zurück. Es braucht zwar etwas Geduld, um an der Geschichte zu bleiben, doch wer diese aufbringt, wird ein außergewöhnliches Buch in Händen halten.

 

Die hässlichste Frau der Welt

Margrit Schriber, Nagel & Kimche

Die hässlichste Frau der Welt

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