Die Konkubine des Mörders
- Gmeiner
- Erschienen: Januar 2010
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- Gmeiner, 2010, Titel: 'Die Konkubine des Mörders', Originalausgabe
Allenfalls mittelmäßiger Roman zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges
Kurzgefasst:
Bayern im Jahre 1632. Die Bauern leiden unter den Schrecken des Dreißigjährigen Krieges. Versprengte Truppen des gefallenen Feldherrn Johann t'Serclaes Graf von Tilly ziehen plündernd und mordend durch das Land. Auch Marie, die in einem kleinen Dorf in der Nähe von Ingolstadt lebt, muss mit ansehen, wie ihre Familie getötet und die Pferde geraubt werden. Nur sie und ihr Vater können den Mördern entkommen.
Auf ihrer Flucht schließen sie sich dem schwedischen Reiter Jaspar Hanebuth an und folgen ihm in sein Heimatdorf bei Hannover. Hanebuth entpuppt sich bald als skrupelloser Dieb, Vergewaltiger und Mörder. Sein Name ist in aller Munde und landauf, landab gefürchtet. Doch Marie fühlt sich von seinem wilden, zügellosen Wesen auch angezogen. Und sie weiß: Als Geliebte dieses Mannes wird ihr nichts zustoßen...
Marie wächst behütet in einem kleinen bayerischen Dorf nahe Ingolstadt auf. Auch während der Schrecken des Dreißigjährigen Krieges bleibt der Hof ihrer Eltern zunächst von Gewalt und Plünderung verschont, doch eines Tages im Jahre 1632 fallen auch bei ihnen versprengte Söldnertruppen ein. Für Marie und ihren Vater beginnt ein Alptraum: Marie muss mit ansehen, wie ihr jüngerer Bruder auf der Flucht erschlagen wird, der Vater wird Zeuge an dem Mord seiner Frau. Die beiden schließen sich dem schwedischen Heer an, in der Hoffnung, dort die Mörder ihrer Familie zu finden. Als sie auf den charismatischen, aber auch zügellosen Jaspar Hanebuth treffen, ist Marie gleichzeitig von ihm fasziniert und abgestoßen, und schließlich wird ihr klar, wer er wirklich ist und welche Rolle er beim Überfall auf den elterlichen Hof spielte. Trotzdem wird sie seine Geliebte...
Blasse, farblose Figuren, die den Leser kaum berühren
Die Idee, ein Buch über die Beziehung eines jungen Mädchens zu dem Mörder ihrer Familie zu schreiben, klingt auf den ersten Blick vielversprechend. Der Gewissenkampf Maries, ihre innere Zerrissenheit, ihre Gefühle für einen Menschen mit zwei Gesichtern und ihr Kampf um sich und ihre Identität hätten einen spannenden und faszinierend Roman ergeben können. Hätten - denn leider bleibt die Umsetzung hinter den Erwartungen zurück. Es gelingt Bettina Szrama während des gesamten Romans nicht, ihren Figuren Leben einzuhauchen, sie bleiben im Verlauf blass und farblos. Zwar werden die Entscheidungen, die Gefühle und auch die Zweifel geschildert, doch das Ganze sehr nüchtern und nur oberflächlich. Daher kann sich der Leser weder in Marie noch in ihren Vater oder jemand anderen wirklich hineinversetzen. Man bleibt sozusagen außen vor, war es natürlich extrem erschwert, mit den Charakteren mitzufiebern und mitzuleiden. Zudem erscheinen viele Entscheidungen sprunghaft und nicht überzeugend. Man erfährt einfach zu wenig über die Gedanken und Gefühle, um nachvollziehen zu können, warum die Personen so handeln, wie sie handeln. Das geht sogar soweit, dass sich dem Leser die Logik mancher Entscheidungen nur mühsam, wenn überhaupt, erschließt. Die einzige Figur, die meistens glaubhaft erscheint, ist Jaspar Hanebuth, der historisch verbürgt ist. Doch auch hier erfährt der Leser so gut wie nichts über die Beweggründe des Mannes, der einerseits plündernd, vergewaltigend und mordend durch die Lande zieht, andererseits ein loyaler, seinen Freunden gegenüber hilfsbereiter und Tiere liebender Mensch ist.
Der Alltag im Krieg
Dabei zeigt die Autorin, dass sie durchaus schreiben kann. Ihre Sprache ist klar und eindringlich und teilweise auch sehr bildhaft und oft auch schonungslos. Es gelingt ihr sehr gut, die Brutalität, die täglichen Ängste und Sorgen, die Hilflosigkeit und den Kampf ums Überleben, kurz: den Alltag der einfachen Leute zu beschreiben und dem Leser zu vermitteln. Damit kann der Roman wirklich überzeugen.
Auch wenn hier und da politische Informationen zur Situation eingeflochten werden, ist der Blick vor allem auf die Bauern und einfachen Gutsbesitzer gerichtet. Es wird deutlich, wie wenig sich diese Leute um die angeblich hehreren Ziele, um die dieser Krieg geführt wurde, gekümmert haben, bedrohte er doch täglich aufs Neue ihr Leben, waren Angst, Tod und Hunger ihre ständigen Begleiter.
Leider haben sich auch Logikfehler eingeschlichen, die den Lesefluss immer wieder stören. So gelingt es beispielsweise einem Mann, sich auf der Flucht auf den Rücken eines Pferdes zu ziehen, das er vorher vor den Wagen gespannt(!) hat und mit diesem über einen Zaun zu setzten. Oder aus einer Stute wird plötzlich ein Hengst. Am ärgerlichsten ist allerdings ein Fehler im letzten Kapitel. Gerade dieses ist, laut Nachwort der Autorin, besonders authentisch nachgestaltet, da es hier viele historische Quellen gibt. Umso unverständlicher, dass der Todestag Jaspars in der Geschichte vier Tage vor verlegt wurde, während er im Nachwort korrekt angegeben ist. Zumindest dem Lektorat hätte das auffallen müssen.
Insgesamt ergibt das Buch einen schonungslosen und erschütternden Eindruck über die Lebensbedingungen der "kleinen Leute" zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges wieder. Doch durch die enttäuschende Umsetzung der Geschichte an sich kommt der Roman über das Mittelmaß leider nicht hinaus.
Bettina Szrama, Gmeiner
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