Die Gauklerin von Kaltenberg
- Schröder
- Erschienen: Januar 2010
- 7
- Schröder, 2010, Titel: 'Die Gauklerin von Kaltenberg', Originalausgabe
Alle Klischees versammelt
Kurzgefasst:
Bayern, 1315. Gellende Schreie erfüllen die Nacht. Im Kampf um die Königskrone wüten die Truppen Friedrichs von Habsburg durch das Dorf Kaltenberg. Verzweifelt hämmert die junge Anna an das Tor der Burg. Ihr Geliebter, der Burgherr Ulrich von Rohrbach, gewährt ihr Zuflucht. Noch ahnt das Mädchen nicht, welch gefährliche Gabe sie besitzt: ihre verführerische Stimme, mit der sie die Lieder des fahrenden Volks singt. Doch schon bald soll sie deshalb als Hexe ertränkt werden. Nun bleibt ihr nur noch das rechtlose Leben einer Gauklerin.
Anna ist entschlossen, ihre Unschuld zu beweisen. Es ist eine gefährliche Welt: Was die plündernden Truppen verschont haben, brennen Raubritter nieder, und das Fahrende Volk gilt als zwielichtig. Und doch ... wenn sie singt und tanzt, spürt sie eine überschäumende Lebensfreude, die sie vorher nicht gekannt hat. Auf die Dorfanger und in finstere Tavernen, durch Moorwiesen und in die Badestuben der aufstrebenden Städte führt Anna ihre Suche: Die Suche nach einem rätselhaften Buch, das ihre Unschuld beweisen soll - den "Carmina Burana". Damit aber durchkreuzt sie die Pläne ihres Todfeindes, des fremden Ritters Raoul. Hinter seinem schwarzen Visier verbirgt er nicht nur seinen wahren Namen, sondern auch ein dunkles Geheimnis. Und obwohl sie Raoul mit jeder Faser ihres Seins hasst, kann sich Anna seiner Faszination nicht entziehen.
Tief in den Bergen Südtirols in einem trutzigen Kloster findet Anna unerwartete Hilfe. Aber längst ist die Gauklerin in die alte Fehde zweier Männer geraten, die sich abgrundtief hassen - und in den Bann eines Buches, das Weltruhm erlangen soll...
Wer merkt nicht auf, wenn ein historischer Roman verspricht, die Hintergründe der Carmina Burana zu beleuchten? Allein schon die Vorstellung, diesen intensiven und eindrücklichen Gesängen nachzuspüren, wirkt unwiderstehlich. Genau hier liegt bei Die Gauklerin von Kaltenberg auch der Hund begraben. Denn es werden Erwartungen geweckt, die der Roman so nicht einhält, nicht einhalten kann. Julia Freidank legt einen soliden historischen Roman vor - allerdings einen, der sich klar an ein Mainstream-Muster hält. Sie packt weniger eine echte Auseinandersetzung mit den Carmina Burana in ihren Roman, als jedes mögliche und gängige Klischee des Genres.
Schöne Heldin, geheimnisvoller Ritter
Im Zentrum der Geschichte stehen die rothaarige und absolut reizvolle Anna, Tochter des Dorfschmieds, der freundliche aber etwas farblose Burgherr Ulrich von Rohrbach und der dunkle, geheimnisvolle Ritter Raoul, der Ulrich die Burg Kaltenbach abnehmen möchte. Anna ist Ulrichs große Liebe, allerdings ist sie damit Ulrichs Frau Jutha und Ulrichs Vater Hermann von Rohrbach ein Dorn im Auge. Um die "Metze" aus dem Weg zu schaffen, klagt Hermann von Rohrbach sie der Hexerei an. Anna soll den jungen Burgherren mit einem Lied aus den Carmina Burana verhext haben. Dem Gottesurteil entkommt Anna nur mit Raouls Hilfe, der durch einen unseligen Fluch an die rothaarige Schönheit gebunden ist. Anna macht sich auf die Suche nach dem Ursprung der Carmina Burana, um zu beweisen, dass der Vorwurf wegen Hexerei unberechtigt ist.
Nicht richtig warm werden
Natürlich muss Anna auf ihrem Weg vielerlei Gefahren bestehen. Natürlich ist auch das Thema Vergewaltigung nicht ausgespart - es kommt gleich mehrfach zum Zuge. Und natürlich wird die schöne Gauklerin - um ihre Unschuld zu beweisen, verwandelt sich Anna in eine possenreißende Gauklerin - immer wieder im letzten Moment aus der lebensbedrohenden Situation gerettet. Doch so sehr die junge Frau das Herz des Burgherren und weiteren Mitwirkenden bezaubert, das Herz der Leserinnen (das Buch dürfte vornehmlich eine weibliche Leserschaft ansprechen) kann sie nicht so richtig erobern. Sie bleibt nämlich bei allen positiven Attributen, die ihr von der Autorin zugeschrieben werden, eine recht blasse und uninteressante Person. Ja, zeitweise kommt ob ihres Verhaltens ein leicht ärgerliches Gähnen auf. Bei genauerem Hinsehen sind es ohnehin die Figuren am Rande, die dem Roman eine würzigere Note verleihen.
Unterhaltsam geschrieben
Wer den Roman nicht liest, um mehr über die Carmina Burana - die weitgehend den Charakter einer Kulisse einnehmen - zu erfahren, sondern um sich unterhalten zu lassen, liegt mit Die Gauklerin von Kaltenberg jedoch goldrichtig. Denn Julia Freidank schreibt flüssig und präsentiert einen zwar etwas verschachtelten, aber nicht uninteressanten Plot. Der führt die Leserschaft nicht nur nach Bayern - hier stört man sich doch an der sehr veralteten Schreibweise Baiern, die im Kontext mit dem Roman wenig Sinn macht - sondern auch ins Tirol, ins Südtirol und kurzzeitig (durch die Schlacht am Morgarten) sogar nach Einsiedeln. Selbst die Geschichte der Kreuzfahrer findet am Rande ihren Platz.
Abenteuer, Witz und Liebe
Julia Freidank ist es zweifellos gelungen, einen Roman zu präsentieren, der alle Elemente für einen richtigen Schmöker enthält: Abenteuer, Witz und viel Gefühl. Das Thema "Carmina Burana" ist jedoch bei Die Gauklerin von Kaltenberg eher verschenkt. So müsste es im Bestreben von Autorin und Verlag liegen, den Irrtum zu vermeiden und den Roman als das zu deklarieren, was er tatsächlich ist - gelungene und kurzweilige Unterhaltung, die an die Leserschaft nur wenig Ansprüche stellt. Denn die zu hohen Erwartungen, die im Vorfeld geweckt werden, führen dazu, dass der Roman von der falschen Warte aus beurteilt wird und man ihm deshalb unter Umständen nicht gerecht wird.
Julia Freidank, Schröder
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