Wer Fortuna trotzt
- Grafit
- Erschienen: Januar 2010
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- Grafit, 2010, Titel: 'Wer Fortuna trotzt', Originalausgabe
Verbrechen aus Leidenschaft in antiken Köln - in höchst unterhaltsamer Form
Kurzgefasst:
Der junge Bergbaucurator Felix soll die Bergwerke Galliens und Germaniens inspizieren. Doch kaum hat er seine Aufgabe begonnen, verunglückt ein Mann. Als Felix ihm helfen will, stürzt der Stollen ein. Offenbar war eine Stütze angesägt und ausgerechnet Felix gerät unter Mordverdacht. Im letzten Moment kannt er mithilfe des Sklaven Ateius fliehen. Die beiden machen sich auf den Weg in die Colonia Agrippinensis zu Felix' Onkel, von dem er sich den Beweis seiner Unschuld erhofft. Doch die Verfolger sitzen ihm im Nacken und ist Ateius zu trauen? Felix' Bruder Victor plagen unterdessen andere Sorgen: Er ist dem verbotenen Glücksspiel verfallen, wovon seine geliebte Frau Lavinia nichts ahnt. Der Statthalter jedoch weiß von Victors Schwäche und spannt ihn in seine Umsturzpläne ein. Als der Onkel der Brüder stirbt, könnte Victor sich mit einem Schlag von seinen Problemen befreien sofern sein Bruder Felix der Stadt fern bleibt. Und auch Lavinia hat Interesse daran, dass ihr Schwager die römische Provinzhauptstadt nie erreicht...
Lucius Iulius Felix ist Curator, Bergwerksinspektor. Auf einer Inspektionstour in germanischen Bergwerken stürzt ein Mann in einen offenen Schacht. Bei der Untersuchung des Falles werden Felix und sein Begleiter, der Sklave Ateius, in dem Bergwerk verschüttet und für tot erklärt. Sie überleben dennoch und können aus dem eingestürzten Stollen entkommen. Doch nun sind beide vogelfrei, denn Felix wird sowohl der Unfall im Schacht als auch der Tod seines Onkels angelastet. Gemeinsam machen sie sich nach Colonia Agrippinensis auf, um die rätselhafte Geschichte zu entwirren. Indes bleibt Felix´ Nicht-Ableben den Architekten der Intrige nicht verborgen, die nun alles daran setzen, ihn von seiner Heimatstadt und damit vom Antritt seines Erbes fernzuhalten.
Niedere Beweggründe
Einst, als es weder Strom noch Telefone oder gar Handys gab, lief Kommunikation nur von Angesicht zu Angesicht. Oder schriftlich. Da unterscheidet sich die römische Antike nicht besonders vom ausgehenden 18. Jahrhundert. Auch Motive für Verbrechen haben sich über die Jahrtausende nicht verändert. Insofern unterscheidet sich Ilka Stitz´ historischer Kriminalroman "Wer Fortuna trotzt", der zu einer Zeit spielt, in der Köln noch "Colonia Agrippinensis" hieß, auch nicht so sehr von Romanen in jüngerer zeitlicher Umgebung. Es geht um Mord, Entführung und Betrug aus niederen Beweggründen, es geht also um Geld.
Dabei ist der eingangs erwähnte Mangel an elektronischer Kommunikation von essentieller Bedeutung, weiß doch die zu Unrecht des Mordes beschuldigte Hauptfigur Felix über lange Zeit weder von der Anklage gegen ihn noch vom Tod seines angeblichen Opfers. Das ist ausgerechnet sein Erbonkel, der ein großes Vermögen zu vererben hat. Jedoch nicht nur an ihn, sondern auch an Felix´ Bruder Victor. Doch Felix würde dank römischen Rechts nichts erhalten, wenn er nicht innerhalb einer bestimmten Frist heiratet und Vater wird. Doch auch davon ahnt der junge Bergbauinspektor nichts. Er muss vielmehr als Angehöriger eines Reparaturtrupps für Aquädukte durch das Land ziehen und versuchen, sich vom Mordverdacht reinzuwaschen.
Kriminalistisches Talent
Ilka Stitz konstruiert ihren Roman sorgfältig. Das ist auch nötig, denn die Konstellation von Personen, Orten und Taten ist vergleichsweise kompliziert. Trotzdem kann der Leser der Handlung leicht folgen. Auch dass man längere Zeit im Dunkeln tappt, obwohl ein Anfangsverdacht vorhanden ist, spricht für das erhebliche kriminalistische Talent der Autorin. Elegant umschifft sie die Gefahren, die die Kombination von Verbrechen und Liebe immer bergen. Ihr Stil ist leicht lesbar, mit feinem Humor durchsetzt, jedoch niemals niveaulos.
Irgendwann führt sie alle Ereignisstränge zu einem Showdown zusammen, der eines Edgar Wallace würdig wäre, jedoch ohne in die Geschwätzigkeit einer Agatha Christie zu verfallen. Die Figuren sind ebenfalls sorgfältig gezeichnet. Zwar hat jeder und jede eine Schwäche, Stitz vermeidet es jedoch, Stereotypen zu verwenden. Niemand ist besonders gut, besonders aufrichtig oder besonders böse. Das macht die Geschichte trotz ihres antiken Hintergrunds zugänglich für heutige Leser.
Einzig das - natürlich gute - Ende wirkt ein wenig konstruiert. Denn selbstverständlich kommt Felix kurz vor Ablauf der Erbfrist noch zu einer Frau und zu einem Kind. Dank römischem Adoptionsrecht kann er das Kind der Frau, die er heiratet, als sein eigenes anerkennen. Womit die Bedingungen für die Erbschaft erfüllt werden. Aber schließlich muss der Name "Felix" ja auch einen Grund haben. Er heißt "der Glückliche".
Ilka Stitz, Grafit
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