Die Apfelrose
- Schillinger Verlag
- Erschienen: Januar 2005
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- , 2005, Titel: 'Die Apfelrose', Originalausgabe
Lebendig, spannend und mit viel Gespür umgesetzt.
Der historische Roman spielt im Schwarzwald des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Die junge Helena holt bei der Kräuterfrau Josefa Medizin für ihre im Wochenbett liegende Mutter. Auf dem Heimweg durch den Wald wird sie überfallen und vergewaltigt. Der gerade in die Heimat zurückgekehrte Antonius findet sie und bringt sie nach Hause.
Grosse Not
Antonius kümmert sich auch weiterhin um Helena. Die beiden verlieben sich. Doch Helenas cholerischer Vater will von einer Verbindung mit dem jungen Burger nichts wissen. Existenzielle Gründe spielen eine grosse Rolle. Das Leben im Schwarzwald ist hart und so mancher Bauer und Handwerker kämpft ums Überleben. Für junge Leute wie Helena und Antonius sind das nicht gerade die besten Voraussetzungen für ein gemeinsames Glück. Der Krieg und die Raubzüge von Napoleons Soldaten durch Europa haben gravierende Folgen für die Menschen im Schwarzwald. Plündernde Soldaten ziehen durch die Dörfer und nehmen die wenigen Lebensmittel und alle Tiere mit. Zu allem Überfluss bricht auch noch eine Viehseuche aus. Die Lebensgrundlage ist dahin, die Menschen hungern. Die Bauern können ihre Abgaben an die Klöster und Grundherren nicht mehr leisten.
«Die Klöster oder die Fürsten. Für die Bauern wird’s egal sein, an wen sie am Ende Abgaben leisten müssen, denn Abgaben wollen Lehnsherren alle.»
Für Helena hat die Vergewaltigung Folgen. Als ihr Vater die Schwangerschaft bemerkt, will er sie so schnell wie möglich verheiraten. Niemand soll von der Schande erfahren, obwohl es immer wieder vorkommt, dass Frauen von Soldaten vergewaltigt werden und Kinder bekommen. Helenas Mutter versucht, Zeit zu gewinnen, und möchte ihre Tochter in die Obhut ihrer Schwester geben. So wäre wenigstens ihre Tochter vor Julius’ Gewaltausbrüchen sicher. Doch die Ereignisse überschlagen sich und Helena flüchtet zur Kräuterfrau Josepha. Dort wird sie schon bald von der Heilerin und Hebamme unterrichtet.
Währenddessen will Antonius gemeinsam mit seinem Meister Uhrenkästen in Italien verkaufen und Geld verdienen. Eine abenteuerliche Reise steht ihm und seinem Meister bevor. Ob er bei seiner Rückkehr Helena wiederfinden wird, ist noch ungewiss.
Viele interessante Elemente
Keineswegs idyllisch, aber dennoch wunderbar hat Birgit Hermann das Leben im Schwarzwald im zu Ende gehenden 18. Jahrhundert festgehalten. Dabei ist ein absolut realistisches Bild der Lebens- und Arbeitswelt der Menschen entstanden. Geschickt verwebt sie Fiktives mit historisch Bekanntem, wie zum Beispiel die Abhängigkeit der Bauern von ihren Grundherren. Die Arbeit war hart und reichte kaum zum Überleben. Ein Teil der erwirtschafteten Erträge ging als Abgabe an die Klöster oder den Landesherrn. Umso schwerer wogen die immer wiederkehrenden Plünderungen durch fremde oder sogar eigene Soldaten.
In einem weiteren Handlungsstrang beschreibt Birgit Hermann die gesellschaftliche Stellung der Frauen. Als quasi Leibeigene ihrer Männer haben sie keine Bedeutung. Ihre Pflichten sind immens, während sie keinerlei Rechte geltend machen können. Die unermüdliche Arbeit und die ständigen Schwangerschaften zehren an den Kräften der Frauen, so dass ihr Leben oft nur von kurzer Dauer ist. Die Männer hingegen nehmen sich jegliches Recht, verprügeln ihre Frauen, Kinder und Knechte und trinken sich durchs Leben.
Natürlich erzählt die Autorin auch vom Schwarzwälder Uhrenhandwerk. In den Wintermonaten werden die Uhren in den heimischen Werkstätten hergestellt. Im Frühjahr machen sich die Händler auf den Weg, um ihre Ware im Ausland zu verkaufen. Birgit Hermann beschreibt anhand der Reise von Antonius mit den Uhrenkästen die gefährlichen Wege über die Alpen in den Süden. Dabei erfährt man viel über die Art und Weise des Handels. Zunächst waren es nur Einzelne, die die Gefahren auf sich nahmen. Später schlossen sie sich zu einer Handelskompanie zusammen. Damit konnte die Gefahr für alle minimiert werden.
Faszinierend ist auch die Welt der Kräuterkunde. Mit der Figur der Josepha hat Birgit Hermann hier eine eindrucksvolle Gestalt geschaffen. Der Spagat zwischen Heilen und Hexen wird sehr deutlich.
Alles in allem ein wirklich gelungener Schwarzwaldroman, der auf einer spürbar exzellenten Recherche basiert und wunderbar in Worte gefasst ist. Ausserdem sorgen die vielen Wendungen immer wieder für Spannung.
Fazit
Ein beeindruckender und eindringlicher Roman, der neben vielen historischen auch spannende und tragische Elemente enthält. Das Eintauchen gelingt mühelos, gerade weil die Geschichte so lebendig gestaltet ist.
Birgit Hermann, Schillinger Verlag
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