Die Geliebte des Sarazenen
- Rowohlt
- Erschienen: Januar 2010
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- Rowohlt, 2010, Titel: 'Die Geliebte des Sarazenen', Originalausgabe
Kratzt man am Zuckerguss, findet man beeindruckende Elemente
Kurzgefasst:
Braunschweig zur Zeit der Kreuzzüge: Die junge Leonore von Calven begibt sich auf Wallfahrt nach Jerusalem. Was niemand weiß: Leonore trägt ihr Pilgergewand nur zum Schein. Der wahre Grund ihrer Reise muss verborgen bleiben. Viele Gefahren lauern auf dem Weg in die Heilige Stadt. Doch die junge Frau findet hilfsbereite Gefährten - und sie ist nicht die Einzige, die ein Geheimnis hütet ...
Als Leonores Leben bedroht wird, rettet sie der Karawanenführer Nadim. Durch ihn taucht sie ein in eine faszinierende fremde Welt. Aber der Friede im Heiligen Land ist zerbrechlich. Und Leonore muss sich der Frage stellen, ob eine Christin einen Sarazenen lieben darf.
Leonore von Calven versteht die Welt nicht mehr - ihr Ehemann Fulk von Calven verschwindet mit der gemeinsamen Tochter Blanche und zwei geheimnisvollen Sarazenen plötzlich aus Braunschweig. Niemand will der verzweifelten Mutter helfen - am wenigsten ihre Schwiegermutter. Also macht sich Leonore alleine auf den Weg ins gelobte Land, um nach ihrer Tochter zu suchen. Auf ihrer Suche trifft Leonore auf den Karawanenführer Nadim. Und muss erkennen, dass die Welt nicht unbedingt so sein muss, wie sie sie bisher gesehen hat.
Der Titel kündigt es an
Gut, der Titel lässt eigentlich keinen Zweifel daran aufkommen, dass in diesem Buch eine Liebesgeschichte die tragende Rolle spielen wird. Dennoch wirkt das Debüt von Christiane Lind manchmal gar zuckrig süss. Das ist höchst bedauerlich. Denn wer an diesem Zuckerguss kratzt, wird darunter eine erstaunlich gute Basis entdecken. Die junge Autorin hat nämlich Leonore weder zu einem strahlend schönen noch zu einer in jeder Gefahrensituation überlegenen Überheldin gemacht. Sie lässt sie durchaus realistisch reagieren, verleiht ihr jene Eigenschaften, die man von einer Frau aus gutem Hause im 12. Jahrhundert erwarten kann.
Die andere Wahrheit entdecken
Leonore wird auf ihrer Suche nach Blanche gezwungen, hinzusehen. Und genau dies hat Christiane Lind sehr überzeugend aufgearbeitet. Sie lässt ihre Heldin in einer Karawane mitreisen und sich da immer mal wieder falsch verhalten. Nämlich aus dem Verständnis einer Christin gegenüber dem ihr fremden Glauben. Nach und nach erkennt Leonore, dass das Bild, das sie sich von der religiösen Auseinandersetzung und den Menschen im gelobten Land gemacht hat, nicht stimmt. Sie kämpft mit sich selber, ist aber den neuen Eindrücken recht hilflos ausgeliefert. So gelingt es Christiane Lind auf subtile Weise, die Geschichte der Kreuzzüge aus einer ganz anderen Perspektive zu erzählen.
Zu stark in Schemen behaftet
Leider hält sich die Autorin in vielen Bereichen an die gängigen Schemen eines Mainstream-Romans. Dadurch verliert ihr Debüt an Tiefe, die sie mit der gut ausgearbeiteten Hauptfigur eigentlich schaffen würde. Sprachlich kommt der Roman unspektakulär, aber flüssig lesbar daher. Damit wird klar, dass von Christiane Lind noch einiges zu erwarten sein darf. Allerdings ist zu hoffen, dass sie den Liebesroman-Pfad schnell verlässt und dort mehr Gewicht gibt, wo die Stärken ihres Debüt-Romans liegen: bei der guten und bildhaften Aufarbeitung eines historischen Hintergrunds. Schön ist es auch, wenn sie den kritischen Blick, der in "Die Geliebte des Sarazenen" immer mal wieder zutage tritt, weiter ausbaut.
Alles in allem ein Debüt-Roman, der vordergründig wohl vor allem die Liebesroman-Fans ansprechen dürfte. Aber auch ein Roman, der Potenzial erkennen lässt, wenn er selber auch noch einige Schwächen aufweist.
Christiane Lind, Rowohlt
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