Die Seele des Wolfes
- Gmeiner
- Erschienen: Januar 2010
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- Gmeiner, 2010, Titel: 'Die Seele des Wolfes', Originalausgabe
Religion, Landsknechte und ein Werwolf
Kurzgefasst:
Das Kurfürstentum Köln, in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts - eine Zeit heftiger Auseinandersetzungen zwischen katholischen und protestantischen Anhängern. Peter Stubbe kehrt auf seinen heimatlichen Hof zurück, da sein älterer Bruder gestorben ist. Als gebildeter Protestant genießt er schnell das Ansehen der umliegenden Dörfer, und sogar der einflussreiche Ratsherr Gartz aus dem nahen Bedburg wird auf ihn aufmerksam und protegiert ihn.
In den ständig wiederaufflammenden Glaubenskriegen wird einer Reihe von Morden zunächst keine große Aufmerksamkeit geschenkt. Doch ein Detail lädt zu Gerüchten ein: Den Opfern wurde die Kehle herausgerissen. So heißt es bald, ein Werwolf treibe sein Unwesen. Als im Wald Peter Stubbe den Häschern des katholischen Grafen Reifferscheidt ins Netz geht, sieht dieser die Chance, seine gerade unter Mühen errungene Macht durch einen Schauprozess zu festigen...
In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts werden Köln und Umgebung immer wieder von kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Katholiken und Protestanten erschüttert. In dieser Zeit kehrt der Protestant Peter Stubbe nach jahrelanger Abwesenheit zurück auf den elterlichen Hof nahe Bedburg. Sein älterer Bruder ist verstorben, und er soll den Hof nun weiter führen. Aufgrund seiner ruhigen und weit blickenden Art gedeiht sein Besitz prächtig und er ist sowohl bei Gesinde als auch bei den Nachbarn bald beliebt und geachtet. Auch mit seiner Nachbarin, einer jungen Witwe, verbindet ihn bald mehr als nur Freundschaft.
Die ersten Toten, die ihn der Umgebung gefunden werden, erregen wenig Aufsehen, in den Zeiten, in denen sich versprengte Landsknechte in der Gegend herum treiben, sind Tote keine Seltenheit. Doch einigen ist die Kehle herausgerissen worden und so entsteht langsam das Gerücht, ein Werwolf treibe sein Unwesen...
Fein erzähltes Portrait eines Mannes und der Gesellschaft
Peter Stubbe ist aller Wahrscheinlichkeit nach eine historische Persönlichkeit, die tatsächlich gelebt hat und der auch die Werwolf-Anklage vorgeworfen wurde. Natürlich ist es heutzutage klar, dass es keine Werwölfe gibt, doch wird Peter Stubbe weiterhin in den meisten Quellen als Massenmörder angesehen.
Diesen Mann hat Ruben Philipp Wickenhäuser ins Zentrum seines ersten historischen Romans für Erwachsene gesetzt. Er erzählt das Leben dieses Mannes von seiner Ankunft auf dem elterlichen Hof, den er übernimmt bis hin zu seiner Verhaftung und den darauf folgenden Ereignissen. Entgegen des Klappentextes nehmen die Gefangennahme und der Prozess keinen großen Raum rein. Diese Ereignisse geschehen erst ganz zum Schluss des Romans.
Vielmehr werden aus der Perspektive verschiedener Personen das Leben auf dem Stubbe-Hof sowie seine Bewohner beschrieben, so dass sich nach und nach ein interessantes und deutliches Bild des damaligen Lebens und des Alltages auf einem Hof sowie seiner Bewohner zusammensetzt. Zusätzlich verfolgt ein zweiter Erzählstrang die Geschehnisse in einer Rotte Landsknechte und gibt so ebenfalls Einblick in das harte Leben der Söldner und die kriegerischen Auseinandersetzungen der damaligen Zeit.
Von den Morden an sich wird hauptsächlich aus der Sicht des Mörders berichtet, ohne dass Ruben Philipp Wickenhäuser dessen Identität lüftet. Man erfährt nur durch die Gedanken und Erinnerungen des Mörders von dessen Phantasien und nach und nach auch etwas über seine Vergangenheit.
Ungewöhnliche Erzählweise
Leichte Kost ist dieses Buch wahrlich nicht. Das liegt zwar nicht an furchtbar blutigen Szenen, denn diese sind wohldosiert eingesetzt und werden auch nicht allzu sehr ausgeschlachtet. Doch wird dem Leser die politische Situation nicht auf dem Silbertablett serviert. Erklärungen, warum es zu den Fehden kam, fehlen, vielmehr klärt sich einiges im Verlauf des Buches anhand der Geschehnisse, anderes muss der interessierte Leser einfach selber recherchieren, so er nicht das nötige Vorwissen besitzt. Zudem macht eine Eigenart des Autors das Lesen nicht immer leicht. Gerade, wenn aus der Sicht des Mörders berichtet wird, werden mitten in Sätze einfach andere Satzteile eingeschoben, die zumeist von den Jagdmethoden der Raubtiere handeln. Das ist vor allem Anfangs recht irritierend und stört den Lesefluss, doch wenn man sich darauf einlassen kann, fällt es schließlich kaum mehr auf.
Wer ein blutrünstiges Werwolfbuch erwartet, in dem es tatsächlich um diese Fantasy-Wesen geht, wird bitter enttäuscht werden. Wer hingegen einen historischen Roman zu schätzen weiß, in dem man ein fein gestaltetes Portrait einer Gegend und seiner Bewohner zu einer bestimmten Zeit präsentiert bekommt, wer auch nicht vor ungewöhnlichen, aber interessanten Schreibstilen zurückschreckt und wer gerne seine eigenen Überlegungen zu Geschehnissen anstellt, dem sei dieses Buch empfohlen.
Ein Nachwort rundet den Roman ab. Dort erklärt Ruben Philipp Wickenhäuser seine Gedanken zu Peter Stubbe und warum er sich den allgemeinen Theorien nicht anschließen will. Zudem gibt er noch einen Überblick über historische und fiktive Ereignisse sowie über die künstlerischen Freiheiten, die er sich herausgenommen hat.
Ruben Philipp Wickenhäuser, Gmeiner
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