Die Schule der Spielleute

  • Gmeiner
  • Erschienen: Januar 2010
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  • Gmeiner, 2010, Titel: 'Die Schule der Spielleute', Originalausgabe
Die Schule der Spielleute
Die Schule der Spielleute
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Rita Dell'Agnese
521001

Histo-Couch Rezension vonJul 2010

Der Melodie fehlt die Lebendigkeit

Kurzgefasst:

Worms, im Jahre 1339. In einer Spielmannsschule treffen Fahrende aus allen Teilen Europas zusammen, um Wissen und Erfahrungen auszutauschen, aber auch, um sich für die großen Fürstenhöfe zu empfehlen. Ein begehrtes Ziel ist die Residenz des Erzbischofs von Trier. Auch die jungen Musiker Elbelin und Gottfrid sind dorthin unterwegs. Was sie nicht ahnen: Das spielerische Kräftemessen soll sich schon bald zu einer tödlichen Tragödie auswachsen...

 

Sich an einen Fürstenhof empfehlen: Für die Spielleute im 14. Jahrhundert kann dies eine Anstellung für viele Jahre bedeuten - und damit ein sicheres Einkommen. Die Fürsten sind jedoch anspruchsvoll und so nehmen viele Spielleute das Angebot an, sich von einem bekannten Musiker unterrichten zu lassen. Zur Ausbildung nach Worms zieht es einerseits die Spielleute Elbelin und Gottfried, aber auch die kecke Alheit und den Musiker Franz Wohlgesang. Die Ausbildung ist streng - und Alheit wird der Zugang nicht nur verwehrt, weil sie eine Frau ist. Während eine ausgesuchte Gruppe von Musiker den Unterricht besucht, streift Alheit durch die Stadt und stößt auf einige Ungereimtheiten. Als stille Beobachterin stellt sie zudem fest, wie viel Neid zwischen den Musikern herrscht. Das gipfelt darin, dass seltene Instrumente zerstört werden und schließlich öffnet jemand dem grimmigen Tanzbär einer Musikergruppe das Tor, um ihn als gefährliches Raubtier durch die Stadt ziehen zu lassen. Intrigen, Missgunst und Machtstreben treten immer deutlicher zu Tage. Da muss jemand sterben.

Durch die Übungen kämpfen

Wer musiziert kennt die Situation: Zunächst heißt es üben, üben, üben - erst dann fügen sich die einzelnen Passagen zu einem harmonischen Ganzen und werden vielleicht gar später zu einem überragenden Konzert. Für den unbeteiligten Zuhörer ist die Zeit des Übens jedoch wenig anziehend bis langweilig. Genau diesen Effekt hat das Üben der Spielleute im Roman von Susanne Bonn. Die detaillierten Beschreibungen von Instrumenten, Problemen mit Intonation und einer menschlichen Disharmonie sind für den unbeteiligten Dritten - und ein solcher ist der Leser - wenig ergiebig. So muss sich der Leser zunächst durch die vielen Sequenzen kämpfen, die einer Detailverliebtheit der Autorin geschuldet sind. Bis es zum im Klappentext angekündigten Todesfall kommt, vergeht geraume Zeit, in der kaum etwas geschieht. Der Leser muss sich mit der Verstimmung der vor die Türe der Spielmannschule gesetzten Protagonistin Alheit begnügen und bekommt häppchenweise einen Eindruck von der Virtuosität der anderen Beteiligten serviert. Eine stimmige Melodie wird daraus aber nicht.

Als der Mord geschieht, mag sich der Leser wünschen, der Roman würde nun an Tempo zulegen. Doch weit gefehlt - die Autorin bleibt dem eingeschlagenen Weg treu und präsentiert viele Dialoge, in denen zu wenig gesagt wird. Die Suche nach dem Mörder mag sich nicht so richtig entwickeln und der Leser steht so weit außerhalb, dass er selber gar nicht so richtig ins Geschehen hinein kommt. Leider zieht sich dieser Eindruck durch das ganze Buch hindurch weiter. Unbestritten ist, dass Susanne Bonn ein großes Wissen über Instrumente und Spielkunst im 14. Jahrhundert hat. Das stellt sie mühelos unter Beweis. Damit aber verpasst sie die Chance, ihr Publikum auf eine gedankliche Reise mitzunehmen. Vielmehr erinnert der Roman da und dort an eine etwas blutleere Geschichtsstunde, in anderen Sequenzen mag man sich an eine Situation erinnert fühlen, in der man die wenig abwechslungsreichen Erinnerungen einer fernen Bekannten aufgetischt bekommt, ohne die Erzählungen genießen zu können.

Zickige Charaktere

Susanne Bonn bemüht sich sichtlich, nicht einfach strahlende Helden und abgrundtiefe Bösewichte ins Spiel zu bringen. Sie gestaltet ihre Charaktere aus und gibt ihnen einen ganzen Rucksack voller verschiedenster Gefühlsregungen mit auf den Weg. Dadurch wirken die einen etwas zickig. Besonders die nicht gerade begnadete Musikerin Alheit will sich nicht so recht zu einer Integrationsfigur entwickeln. Sie bleibt bis zum Schluss fade und in ihrer Haltung unreif. Eine Entwicklung ist nicht auszumachen. Auch die Hahnenkämpfe der anderen Musiker sind eher ermüdend denn überzeugend - hier dürfte sich der Leser leise an die eigene Schulzeit erinnert sehen, in der es mit dem einen oder anderen Klassenkameraden zu einem Konkurrenzdenken gekommen ist. Die Charaktere hindern durch ihre Trägheit den Roman daran, wirklich Spannung zu entwickeln und sich als historischer Kriminalroman eine andere Wendung zu geben.

Schnörkellose Sprache

Susanne Bonn geht sehr direkt voran, hat ihre Erzählung klar strukturiert und pflegt eine schnörkellose Sprache. Allerdings wäre es für alle Nichtmusiker hilfreich, ein Glossar zu den beschriebenen Musikinstrumenten zu bekommen, um sich nicht anderweitig darüber kundig machen zu müssen, wovon die Rede ist. Ein solches Glossar hätte unter Umständen zum besseren Verständnis und damit zu einem gesteigerten Interesse an den Schilderungen beigetragen. So aber bleibt der Roman Die Schule der Spielleute eine Melodie, der die Lebendigkeit fehlt und die nur bei eingefleischten Fans von mittelalterlicher Musik einen Wohlklang erzeugt.

 

Die Schule der Spielleute

Susanne Bonn, Gmeiner

Die Schule der Spielleute

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