Die Henkerstochter und der König der Bettler
- Ullstein
- Erschienen: Januar 2010
- 12
- Ullstein, 2010, Titel: 'Die Henkerstochter und der König der Bettler', Originalausgabe
Lange herbei gewünschter dritter Teil der Kuisl-Saga
Kurzgefasst:
Der Schongauer Henker Jakob Kuisl ist in eine Falle getappt: Bei einem Besuch in Regensburg findet er seine Schwester und den Schwager tot in der Badestube.Die Stadtwache verhaftet ihn als Verdächtigen und wirft ihn in den Kerker. Nun drohen ihm, dem Henker, selbst Folter und Hinrichtung. Fieberhaft suchen seine Tochter Magdalena und der Medicus Simon Fronwieser nach dem wahren Täter und stoßen dabei auf ein Komplott, bei dem die Zukunft des Kaiserreichs auf dem Spiel steht.
Von Schongau nach Regensburg
In dem von den Fans der Kuisl-Geschichten lange erwarteten, nunmehr dritten Roman verlagert Oliver Pötzsch die Handlung vom beschaulichen Pfaffenwinkel in die Großstadt Regensburg. Jakob Kuisl, der Schongauer Henker und Vorfahre des Autors wird in einem Brief von dessen Schwester nach Regensburg zitiert. Angeblich krank, soll er sich als erfahrener Heilkundler um die Genesung seiner Schwester kümmern. Dort angekommen, findet er sie jedoch nicht krank im Bett, sondern erstochen im eigenen Blut liegend. Und die Stadtbüttel erwarten ihn schon schwer bewaffnet. Jakob Kuisl ist blindlings in eine Falle gelaufen und soll nun die andere Seite seiner eigenen Arbeit kennenlernen.
Doch wer macht sich die Mühe, solch eine Falle zu stellen? Warum gerade in Regensburg? Wenn es bloß eines Sündenbocks für einen Mord bedurft hätte, warum nimmt man nicht einen der vielen namens- und gesichtslosen Armen von den Straßen, die es auch in Regensburg zuhauf gegeben hätte, sondern lotst einen Fremden vom bayrischen Schongau her?
Viel größer, viel verzwickter - ein richtiger Krimi zum Miträtseln
War seither pro Roman jeweils ein Fall zu klären, finden sich in dem neuen Roman Die Henkerstochter und der König der Bettler eine Vielzahl von Handlungssträngen. Ein geschicktes Verwirrspiel des Autors, indem er viele Vorkommnisse einbringt, Ideen und Motive liefert, die alle schlüssig sind und damit auch viele Menschen in der Geschichte integriert: Ein merkwürdiger Flößer, der Kuisl irgendwie bekannt vorkommt, Nathan der Weise und die Bettlerschaft von Regensburg, Karl Gessner, der Hafenmeister, Silvio Contarini, der venezianische Gesandte, der Mämminger - Regensburger Stadtkämmerer, der unbekannte dritte Fragherr, die dicke Thea, deren Huren auf unerklärliche Weise verschwinden, die Stadtwache, die das abgebrannte Haus der ermordeten Baderfamilie bewacht, Pater Hubertus seines Zeichens bischöflicher Braumeister und ein unheimliches Phantom, ein Mörder, welcher immer in der Nähe zu sein scheint, um die Erhellung der Fälle zu verhindern. Oder ist doch alles in einem großen Zusammenhang zu sehen?
Interessante und schmerzhafte Einblicke ins Henkerhandwerk
Neben der wiederum sehr gelungenen Beschreibung des historischen Regensburgs im 17. Jahrhundert mit all seinen Gerüchen und dem Tun der Leute, besticht die Erzählung von Oliver Pötzsch wieder durch die äußerst präzise Darstellung des Henkerhandwerks. Kaum auszuhalten, wenn Jakob Kuisl seine Hoffnungen in die Tatsache setzt, dass es ohne Geständnis keinen Hinrichtung geben kann. Wie lange aber kann ein Mensch die verschiedenen Möglichkeiten einer peinlichen Befragung aushalten?
So kann der vorliegende Roman getrost als Quantensprung im Vergleich zu den beiden Vorgängern bezeichnet werden: Der Kuisl ist noch immer ein sturer Querschädel, dabei knorrig und brummig, aber durchaus liebenswert. Seine Tochter übertrifft ihn um Längen und bildet mit dem eifersüchtigen Simon Fromwieser das kriminologische Traumdoppel. So ist dieses Mal auch ganz klar die Henkerstochter die Hauptperson und zu Recht Namensgeberin des Romans.
Oliver Pötzsch ist merklich gereift. Die Geschichte glänzt durch seine charmanten Nebenfiguren, durch die vielen intensiven Schilderungen der Szenerie, die sofort für das Einsetzen des Kopfkinos sorgen und den erstklassigen, prallgefüllten Kriminalroman, der erst nach über 400 Seiten erste Hinweise preisgibt.
Die Auflösung des Falls dürfte wohl jede Leserin und jeden Leser überraschen. Dabei könnte durchaus noch Luft sein für weitere Fälle des Fronwieser' / Kuisl'schen Ermittler-Trios. Die Fans würde es freuen...
Bravo, Oliver Pötzsch!
Oliver Pötzsch, Ullstein
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