Eine Liebe in Luxor
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- Erschienen: Januar 2010
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- , 2009, Titel: 'The Mistress of Nothing', Originalausgabe
Eine Histo-Perle mit irreführendem Titel
Kurzgefasst:
England, 1862. Als Lady Duff Gordon von ihrem Arzt nach Ägypten geschickt wird, um dort im trockenen, warmen Klima ihre Tuberkulose auszuheilen, bedeutet das auch für ihr Dienstmädchen Sally ein Exil auf unbestimmte Zeit. So begeben sich die beiden, schwankend zwischen Staunen und Angst vor der exotischen Fremde, gemeinsam auf eine Flussfahrt den Nil hinauf. Begleitet werden sie von Omar, einem erfinderischen Dragomanen und begnadeten Koch. Als Lady Duff Gordon in Luxor ihr Korsett gegen Männerkleider eintauscht, Arabisch lernt und zu wöchentlichen Salons einlädt, beginnt auch Sally, eine ungeahnte Freiheit zu genießen. Doch diese Freiheit hat ihre Grenzen...
1862: Die junge Zofe Sally Naldrett arbeitet für die englische Lady Duff Gordon in England. Als diese aufgrund ihrer Tuberkuloseerkrankung England wegen des feuchten Klimas verlassen muss und sich nach Ägypten ins Exil begibt, begleitet Sally ihre Herrin. Das Land voller Exotik und Fremden zieht die beiden Frauen rasch in ihren Bann und sie beginnen, sich mit dem neuen Leben schnell anzufreunden. Besonders Lady Duff Gordon legt alte Zwänge ab und genießt die gesellschaftliche Unabhängigkeit. Doch auch Sally hat hier mehr Freiheiten als daheim. Begleitet werden die beiden von Omar Abu Halawy, einem gebildeten Ägypter, der ihnen als Koch und Reiseführer dient. Bald schon bilden die drei eine verschworene Gemeinschaft, die glücklich und zufrieden zusammen leben. Als Sally jedoch schwanger wird, bricht diese Gemeinschaft auseinander und plötzlich muss Sally viele Probleme allein bewältigen und ihr Leben selber organisieren.
Schöne Sprache
Kate Pullinger erzählt in einer feinen und lebendigen Sprache, so dass vor dem Auge des Lesers mühelos die unterschiedlichen Schauplätze auferstehen. Sie versteht es, das Fremdartige und Exotische des damaligen Ägypten für den Leser greifbar zu machen und verschiedene Facetten dieses Landes zu verdeutlichen. So ist das damalige Ägypten durchaus europafreundlich, viele Leute aus der Oberschicht haben in England studiert, auch wenn das Land damals noch kein britisches Protektorat war. Engländer, wie z.B. Lady Duff Gordon, wurden meistens sehr zuvorkommend behandelt und stellten selber so etwas wie eine exotische Attraktion dar. Doch auch die Schattenseite, wie z.B. das Ausbeuten der Armen oder die hohen Abgaben für den Bau des Suezkanals werden nicht verschwiegen. Zwar spielt das nicht die zentrale Rolle in diesem Roman, doch es rundet das dargestellte Bild ab.
Interessante Protagonisten
Auch in der Charakterzeichnung ihrer Hauptfiguren hat sich die Autorin viel Mühe gegeben. Vielschichtig, lebensnah und berührend werden sie uns vorgestellt: Lady Duff Gordon, die kranke Frau, die trotz Exil und Krankheit ihren Lebensmut nicht verliert, die unkonventionelle Wege beschreitet und mit ihrem Charme viele bezaubert. Omar Abu Halawy, der sich rasch im Haushalt der Lady wohl fühlt, ihr echte Zuneigung entgegenbringt und trotzdem oft im Konflikt zwischen Gefühl, Verstand und Pflicht gefangen ist. Und schließlich Sally, die ihrer Herrin zutiefst ergeben ist und bereit wäre, sich für sie aufzuopfern, die aber auch eine große Portion Naivität besitzt. Die Geschichte wird rückblickend aus ihrer Perspektive in der Ich-Form erzählt, so dass sie manche Handlungen und Geschehnisse mit dem Abstand von Jahren kommentieren kann. Sie ist es, die die stärkste Wandlung im Roman durchmacht. Von einer jungen Frau, die in einem Abhängigkeitsverhältnis lebt, wandelt sie sich nach einer Phase der Hilflosigkeit und Starre zu einer starken Frau, die sich Stück für Stück ihre Unabhängigkeit erkämpft und dazu die besonderen gesellschaftlichen Gegebenheiten in Ägypten nutzt. Dies alles ist feinfühlig und nachvollziehbar erzählt.
Kate Pullinger ist mit ihrem zweiten Roman eine kleine "Histo-Perle" abseits des Mainstreams gelungen, die den Lebensweg einer tapferen Frau nachzeichnet, die dabei nicht im Entferntesten einer Überheldin gleicht. Einzig beim deutschen Titel hat der Verlag keine gute Wahl getroffen, lässt doch Eine Liebe in Luxor (im Original Mistress of Nothing) erstmal den Verdacht auf eine ganz andere, leichtere und oberflächlichere Handlung entstehen und birgt keinerlei Hinweis auf den tatsächlichen, bemerkenswerten Inhalt. Bleibt zu hoffen, dass das Buch trotzdem die Würdigung erhält, die es verdient.
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