Das finstere Tal
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- Erschienen: Januar 2010
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- , 2010, Titel: 'Das finstere Tal', Originalausgabe
Sprachgewaltige Geschichte um Rache und Schuld
Kurzgefasst:
Die Alpen, Ende des 19. Jahrhunderts. In einem abgelegenen Tal, eingekesselt von mächtigen Bergen, lebt eine verschworene Dorfgemeinde. Eines Tages kommt ein Fremder namens Greider in die Ebene. Er gibt sich als Maler aus und bittet um Quartier für den Winter. Nach langem Zögern weisen ihm die Dorfbewohner eine Unterkunft im Haus der Witwe Gader zu. Bald schon nach Greiders Erkundungszügen durchs Tal kommt der erste große Schnee und schneidet ihm den Rückweg ab. Das Leben im Dorf kommt langsam zur Ruhe, bis eine mysteriöse Todesserie die Leute aufschreckt. Erst verunglückt der jüngste Sohn vom Brenner Bauern, dem heimlichen Herrscher des Tals, beim Holzmachen. Dann wird einer seiner Brüder tot im Mühlbach gefunden...
"Ich habe getötet!" Was der Pfarrer einer kleinen Hochtalgemeinde bei der Beichte zu hören bekommt, wühlt ihn auf. Denn was im Beichtstuhl gesprochen wird, bringt längst Verdrängtes an den Tag. Gnadenlos wird aufgedeckt, was Schein und Lug war. Der Leser wird dabei unvermittelt hinein gezogen in diesen Strudel, das Grauen der Ereignisse hält bis zuletzt umklammert. Doch ist es nicht das geschilderte Grausen, sind es nicht die zerschlagenen Körper der Toten, die dieses Grauen ausmachen. Es ist das eigene Empfinden beim Ganzen. Denn es ist das Verstehen einer Rache und das Empfinden für Täter und Tat, das Wissen, dass es unrecht ist und doch als Recht empfunden wird.
Düstere Gemeinschaft
Wer je für einige Zeit außerhalb touristischer Ströme in einem kleinen Dorf im Hochland gelebt hat, wird die düstere Atmosphäre, die der Autor Thomas Willmann von Anfang an zeichnet, nachempfinden können. Das entbehrungsreiche Leben der Bergbevölkerung im 19. Jahrhundert ist mit feinen Worten geschildert, die Bilder schleichen sich nach und nach ins Bewusstsein des Lesenden und lassen ihn die klamme Kälte ebenso körperlich empfinden, wie die geballte Ablehnung der Bevölkerung gegenüber allem, was fremd ist.
Krimi und Sittenportrait
Thomas Willmann legt einen Roman vor, der auf den ersten Blick etwas von einem Heimatroman hat. Und etwas von einem Krimi. Aber es fehlt das spielerische Element, das ersterem Genre inne wohnt und das feine Spannungselement, das letzterem Genre zu Eigen ist. Der Autor mischt Krimi mit Sittenportrait und wagt einen frivolen Tanz auf der Grenze zwischen Genres, zwischen Spannung und poetischer Länge. Denn Längen weist der Roman durchaus auf. So scheint sich die Phase endlos hinzuziehen, bis Luzi mit ihrem "Ja" zur angetrauten Frau von Lukas wird. Oder bis der Maler, der als Fremder im Zentrum des Geschehens steht, die erste Figur auf seine Leinwand bannt.
Spiel mit den Worten
Der Autor hat nicht einfach einen Roman geschrieben, den man mal eben weg liest. Er fordert seine Leser, spielt mit den Worten und erzählt auf diese Weise eine eindringliche Geschichte. Er spielt auch mit den Zeitebenen und das sehr gekonnt. Aber er macht es dem Leser nicht einfach, seinen Gedanken zu folgen und mit dem langsamen Verstehen die Geschichte aus einem immer wieder anderen Blickwinkel zu betrachten.
Überzeugende Charaktere
Bei seinen Figuren setzt Thomas Willmann auf Minimalismus. Und gerade dadurch bekommen sie Tiefe und ein eigenes Leben. Sie wirken überzeugend in ihrer jeweiligen Art, sei es nun im Guten oder im Bösen. Es sind Figuren, die man aus den Erzählungen der eigenen Großeltern kennt, die man sich als seine Vorfahren vorstellen mag. Schon alleine dafür würde es sich lohnen, zu diesem Buch zu greifen. Noch viel mehr lohnt es sich aber für die Geschichte, die viel bereit hält.
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