Die Schwestern der Venus
- Rütten und Loening
- Erschienen: Januar 2010
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- Rütten und Loening, 2010, Titel: 'Die Schwestern der Venus', Originalausgabe
Flüssig zu lesende Geschichte ohne großen Spannungsbogen
Kurzgefasst:
Die Kunst der Liebe Imperia, die umschwärmte Kaiserin der Kurtisanen, und die blutjunge Venezianerin Francesca kämpfen um die Liebe von Agostino Chigi, Roms reichstem Bankier und Finanzier der Päpste. In einer Stadt voller Intrigen und skrupelloser Vergnügungen stehen plötzlich ihr Glück und ihre Zukunft auf dem Spiel. Die wahre Geschichte um die berühmteste Kurtisane des 16. Jahrhunderts und den reichsten Bankier Italiens.
Während eines schweren Erdbebens im März 1511 trifft Roms reichster Bankier, Agostino Chigi, auf die junge umherirrende Francesca und rettet sie. Francesca sieht seiner ersten Frau und großen Liebe seines Lebens unglaublich ähnlich und so ist er sofort von ihr verzaubert und möchte sie nach Rom mitnehmen. Obwohl Chigi Francescas Vater, einem einfachen Kaufmann, seine Aufwartung macht und versichert, nur Francecas Wohlergehen im Kopf zu haben, gibt dieser nicht seine Erlaubnis. So muss Chigi einen anderen Weg finden, um Francesca nach Rom zu bringen...
Leichte Sprache, aber oft unrunde Formulierungen
Bunt und lebendig schildert Frederik Berger aus verschiedensten Perspektiven das Leben Roms in der Blüte der Renaissance. Gleich zu Beginn wird man wie durch einen starken Sog in die Geschehnisse gezogen und wartet ungeduldig auf den weiteren Verlauf der Dinge. Diese Spannung lässt aber anstatt immer straffer zu werden stetig nach, so dass die Geschichte zwar nach wie vor flüssig zu lesen ist, dies aber mehr einer Erzählung denn einem Roman gleicht. Ab und an - aber leider viel zu wenig - zieht Frederik Berger die Saite des Spannungsbogens wieder an, nur um sie später wieder fallen zu lassen. Leider stolpert man auch des Öfteren über etwas unrunde Sätze wie "Afra ließ sie sich ankleiden, ..." oder "Als es zu schwitzen begann (das Pferd), ließ er es in Tritt fallen..." und sehr oft lässt Berger seine Figuren "unter sich schauen...". Ebenso verwendet der Autor sehr häufig lateinische und italienische Ausdrücke, die zwar stets gut zu der Situation passen, allerdings dem dieser Sprache nicht mächtigen Leser nirgends erklärt werden, denn weder werden diese mit Fußnoten übersetzt, noch findet sich ein Glossar. Dies stört den ansonsten sehr angenehmen und leichten Erzählstil.
Intensive Einblicke in die Malerei der Renaissance
Gerade in der Zeit der Renaissance gab es viele Künstler der Malerei und Bildhauerei, deren Namen heute noch für große Kunst stehen. So erzählt Berger nicht nur das (Liebes-)Leben Agostino Chigis, sondern nimmt den Leser mit in seine neu gebaute Villa Farnesina, die er mit Fresken der damals besten Maler schmücken ließ. Der Leser erlebt quasi hautnah, wie Raffael seine mythologischen Figuren schafft, erlebt den Aufstieg Sebastiano Lucianis (besser bekannt unter: Sebastiano del Piombo) mit, begegnet Perugino, hört von Giorgione, erfährt etwas über Giovanni Bellini und natürlich darf auch der große Meister - Michelangelo - nicht fehlen, der nicht gerade ein einfacher Mensch war. All diese Berühmtheiten und ihr Schaffen integriert Berger auf sehr subtile und auch interessante Weise in seine Erzählung, so dass beim Leser der Eindruck entsteht, diesen außergewöhnlichen Menschen wirklich näher zu sein.
Viele Anzüglichkeiten
Obwohl eine der Protagonistinnen eine Kurtisane ist, empfindet man die doch sehr häufig vorkommenden sexuellen Anspielungen mit der Zeit als etwas störend. Ist so ein Einblick in Imperias Kurtisanenleben auch einmal ganz interessant, so wirken die ständigen Erklärungen, auf welche Art sie welchen Geliebten die besten Dienste erweisen kann, um ihn so zu seinem Ziel höchster Befriedigung zu bringen, mit der Zeit doch als leicht nervig. Etwas weniger wäre hier mehr gewesen.
Charaktere mit vielen Schattierungen
Agostino ist alles andere als eine glatte Figur. Verliebt er sich gleich zu Beginn des Buches in Francesca und setzt alles daran, sie von Venedig nach Rom mitnehmen zu können, lässt er sie in schicksalshaften Stunden allein und vergnügt sich mit seiner Kurtisane. Ebenso verliebt er sich bei einem Fest in eine andere junge Frau und sieht sie bald als die einzig Richtige für ihn und beginnt um sie zu werben. Berger stellt Agostino zwar als den gerissenen und erfahrenen Geschäftsmann dar, gibt ihm aber durch seine wankelmütigen Gefühle eine sehr glaubhafte schwache Seite. Ebenso gekonnt zeichnet er Francesca, die, ganz das junge Mädchen, sich sehr schnell verliebt, aber genauso schnell ihre Gunst wieder einem anderen schenkt.
Imperia, die sich ihres alternden Körpers bewusst ist, sorgt sich um ihre Zukunft und setzt alles daran, dies von einem möglichst objektiven Standpunkt aus zu betrachten und Gefühle möglichst außen vor zu lassen. Geschickt und mit viel Feingefühl beschreibt hier Frederik Berger den inneren Kampf einer 30jährigen Frau, die sich der körperlichen Vergänglichkeit bewusst ist.
Zweifelsohne liegen die Stärken dieses Romans in den Figuren, der mit einem großen Spektrum menschlicher Charakterzüge in den unterschiedlichsten Schattierungen aufwartet.
Im Gesamten ist Die Schwestern der Venus ein angenehm zu lesender Roman, dessen Höhepunkte unbestritten in den gut ausgearbeiteten Protagonisten und auch Nebendarstellern liegen. Für Kunstinteressierte ist er ein Kleinod, da die Malerei geschickt und raffiniert mit eingewoben ist und ebenso ausdrucksstark zum Tragen kommt, wie die Wichtigkeit des damals wohl reichsten Bankiers Roms, der mit Intrigen und Korruption nicht nur in seinem eigenen Bereich, sondern auch in der päpstlichen Umgebung zu kämpfen hatte. Stört man sich nicht an den vielen sexuellen Anspielungen und erwartet man nicht nervenaufreibende Spannung, bekommt man gute und interessante Unterhaltung geboten.
Frederik Berger, Rütten und Loening
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