Der goldene Thron
- Lübbe
- Erschienen: Januar 2010
- 2
- Lübbe, 2010, Titel: 'Der goldene Thron', Originalausgabe
Eine Hommage an den Treuesten aller Ritter
Kurzgefasst:
"Fünf gekrönte Häupter und einen goldenen Thron sehe ich hier." Die Alte ließ Guillaumes Finger los und lächelte geheimnisvoll. "Das Schicksal Englands liegt in Eurer Hand."
England, 12. Jahrhundert: Der junge Guillaume, vierter Sohn eines Barons, träumt davon, Ritter des Königs zu werden. Als es ihm gelingt, die Königin vor Rebellen zu retten, und sie ihn zum Fechtmeister des Prinzen ernennt, wird Guillaume zu einem der einflussreichsten Männer Englands. Doch mit dem Ruhm wächst die Zahl seiner Neider, und schon bald droht eine hinterhältige Intrige ihn zu Fall zu bringen...
Mit Der goldene Thron beschließt Katia Fox ihre Trilogie um das Königshaus der Plantagenets. Ging es bei ihrem Debütroman Das kupferne Zeichen um die Schwertschmiedekunst, also um ein Handwerk, so erfuhr der zweite Teil der Romanserie Der silberne Falke gesellschaftlich gesehen eine Aufwertung, da es von der Aufzucht, Pflege und Abrichtung von Greifvögeln handelt. Eine Tätigkeit, die von Menschen ausgeübt wurde, deren Wirkungskreis von reichen Kaufleuten oder dem Klerus bis in den Hochadel gereicht hatte. Teil 3 nimmt sich des Themas der Ritterschaft, des Hochadels selbst an.
So unterschiedlich die Bevölkerungsschichten auch sind, aus deren Sicht die jeweiligen Romane beschrieben sind, so sehr verbinden sich die Romane in der Gemeinsamkeit ihrer Symbole: Das Schwert - die Falken - die Ritterschaft, all das Zeichen von Macht, Ruhm und Ehre. Der goldene Thron beschreibt den wohl Treuesten aller treuen Ritter: William Marshall oder auch Guillaume le Maréchal genannt.
Der rote Faden zieht sich durch alle Bände der Trilogie
Zwar ließe sich jeder der drei angesprochenen Roman als "Stand-alone"-Geschichte lesen, das wäre jedoch äußerst schade, denn Katia Fox hat von Anfang an geplant, ihre Geschichte aus 3 Perspektiven und in 3 Bänden zu schreiben. So gibt Das kupferne Zeichen spannende und überaus lehrreiche Einblicke in das Schmiedehandwerk, alles aus der Sicht von Elleonore beschrieben. William, der Falkner ist ihr Sohn und Hauptprotagonist, dessen Geschichte und die der Falkenaufzucht im zweiten Teil erzählt wird. Teil 3, der nun vorliegt, ist das Bindeglied und verzahnt die vorgenannten Geschichte miteinander, ohne zu vergessen, selbst wieder eine neue Geschichte zu erzählen. Natürlich gibt es dabei einige Déjà-vu-Erlebnisse, da ja die handelnden Personen und Ereignisse die Gleichen sind, jedoch ändert sich die Perspektive von der Mutter und ihrem Sohn, hin zu dem Ritter, der insgesamt einer großen Königin und 5 Königen gedient hat.
Gerade da wäre es bedauerlich, wenn das Spiel der Autorin mit den verschiedenen Perspektiv-Einstellungen nicht genutzt und unerkannt überlesen wird. Der besondere Reiz ist doch, von der Gedankenwelt des Gegenparts zu wissen. Insbesondere Der goldene Thron ist als Abschluss der Trilogie eine Reminiszenz an die beiden vorangegangenen Romane und erfordert von der Autorin unglaublich viel Präzision bei der Steuerung des roten Fadens, der hier wie ein Webteppich über die drei Romane gelegt wird.
Guillaume le Maréchal, getreu bis in den Tod
Über William Marshall zu schreiben, ohne zu viel über diesen Mann zu erzählen, ist nicht so einfach. Katia Fox bleibt sehr nahe an der überlieferten Geschichte, so dass man, einmal von dem dazu erfundenen Teil, der als Anknüpfungspunkt für die vorangegangenen Bücher dient, abgesehen, durchaus von einer Romanbiografie sprechen könnte. Kein Wunder, gibt es doch umfangreiches Material (eine Biografie, ein Helden-Epos mit 19.000 (!) Versen,...) über das Leben von William Marshall, übrigens im Gegensatz zum beschriebenen Lebens einer Schwertschmiedin oder eines Falkners in den ersten beiden Teilen, da in deren Gesellschaftsschicht keine oder kaum schriftliche Aufzeichnungen gemacht wurden.
Guillaume le Maréchal war "der Liebling der Könige", hat er es doch geschafft, 5 Königen hintereinander zu dienen, obwohl sich diese Herrscher (alle dem Hause Plantagenets entstammend) gegenseitig bekämpft hatten und natürlich auch Guillaume le Maréchal dem jeweils herrschenden König den Treueeid geleistet hatte.
Ausgestattet mit der aufopfernd und konsequent gelebten Treue zu seinem jeweiligen Herrn hatte es der junge Ritter von einem unwichtigen, ja sogar als nachrangig geborenen Sohn eines rebellischen Adeligen, von einer dem Tod geweihten Geisel bis zum Regenten Englands gebracht. Eine irrsinnig steile und fast 60 Jahre währende Karriere, die ganz sicher von den Geschichtsschreibern des 12./13. Jahrhunderts noch etwas ausgeschmückt wurde. Dennoch, so viel geringer können seine Verdienste nicht gewesen sein, sonst hätte er es nicht so weit gebracht...
Katia Fox bleibt ihrem Stil treu
Die Idee, einen Roman zu verfassen, der die bekannten Geschehnisse, die in den beiden anderen Bänden bereits beschrieben wurden, aus der Sicht des Ritters zu erzählen, beinhaltet ein gewisses Risiko, engt es die Freiheitsgrade des Plots doch stark ein. So kann beispielsweise ein heimliches Treffen zwischen Ellen und Guillaume eben nicht plötzlich beschrieben werden, im ersten Band jedoch keinerlei Erwähnung finden (Gleiches gilt auch andersherum). Erschwerend kommt dazu, dass der Ritter Guillaume eine historisch äußerst gut belegte Person ist. Hier die Fäden in der Hand zu behalten und nicht den Überblick zu verlieren, ist eine besondere Leistung. Katia Fox meistert dieses Spannungsfeld ganz hervorragend.
Akribie bei der Recherche über diesen treuen und nahezu vollkommenen Ritter, herrlich spannende und gut erklärte Winkelzüge der Bündnispolitik der Plantagenets in Englands und der Kapetinger in Frankreich, historisch bedeutsame Entwicklungen für beide Länder, dargestellt anhand des Lebens des Maréchals, der ja viele Jahrzehnte in die politischen Entscheidungen Englands involviert war. Der goldene Thron ist ein kleines Kompendium historischen Wissens über das 12./13. Jahrhundert in England, das von der Fangemeinde geschätzt werden wird.
Sicherlich empfindet ein Teil der Leserschaft den vorliegenden Roman als etwas zu langatmig, jedoch sollte bedacht werden, dass es galt, das Leben von Guillaume le Maréchal nachzuzeichnen, ein Leben, das so oder so ähnlich tatsächlich stattgefunden hat. Eine durch und durch inszenierte und frei erfundene Figur mag von einem Spannungsbogen in den nächsten katapultiert werden können, nicht jedoch eine real existente Person. Aber gerade das macht diese Geschichte so spannend und überzeugend, die Personen so erlebbar und herzlich zu bemitleidend.
Etwa 760 Seiten lang abtauchen ins Mittelalter, Seite um Seite verschlingend, das gesamte Wochenende auf der Couch verbringend. Leserherz, was willst du mehr???
Katia Fox, Lübbe
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