Das Geheimnis vom Thorsmoor

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  • Erschienen: Januar 2010
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  • , 2010, Titel: 'Das Geheimnis vom Thorsmoor', Originalausgabe
Das Geheimnis vom Thorsmoor
Das Geheimnis vom Thorsmoor
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Rita Dell'Agnese
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Histo-Couch Rezension vonSep 2010

Die Angeln-Saga wird lebendig

Kurzgefasst:

Jens und Heike haben keinen angenehmen Sommer hinter sich, als sie sich entschließen sich, in ihrem Urlaub eine Radtour nach Angeln zu unternehmen. Stressfrei und entspannt soll es dabei zugehen, doch schon am ersten Tag geht einiges schief, und der nächste Tag wird noch schlimmer. Als sie schließlich im strömenden Regen und fernab jeder Siedlung mit einem defekten Fahrrad zum Stehen kommen, ist ihre Stimmung auf dem absoluten Tiefpunkt angelangt. Doch dann taucht der Schäfer Colin auf, und von dem Moment an, in dem sie sich ihm anschließen, um zum nächsten Ort zu gelangen, ist es, als ob sie in eine andere Welt geraten sind - eine Welt ohne Hektik, in der längst vergessenes Wissen lebendig ist und die Zeit nach anderen Regeln abläuft. Hier haben auch die alten Sagen und Geschichten Angelns eine ganz besondere Bedeutung, und als Colin sich bereit erklärt, eine dieser Geschichten zu erzählen, ist dies der Auftakt zu einer unvergesslichen Reise in die Vergangenheit.

An drei langen Abenden hören sie die schönste Geschichte Angelns - die Geschichte von dem weit über die Grenzen seines Landes berühmten Kyning Offa von vor 1600 Jahren, der voller Klugheit und Güte die Geschicke seines Volkes steuert, von dessen ebenso schöner wie eigensinniger Gemahlin Thrydi, deren Gezänk anfangs jedem in ihrer Nähe das Leben vergällt, und schließlich von den Ereignissen, die dazu führen, dass ein ganzes Volk eine neue Bleibe suchen muss: der Auswanderung auf die Insel Britannien, welche von da an und bis zum heutigen Tag "Angelland"/England genannt wird...

 

Eigentlich ist es ein ganz und gar missglückter Urlaub, den Jens und Heike gerade erleben. Das junge Paar muss nämlich sparen und macht sich deshalb auf eine Tour mit dem Fahrrad. Doch das Wetter meint es nicht gut mit den Beiden. Und als auch noch Heikes Rad kaputt geht, sinkt die Stimmung auf einen Tiefpunkt. Doch da kommt der Schäfer Colin ins Spiel. Er lädt Jens und Heike zum Abendessen ein und erzählt die Geschichte der Angeln. Die beiden noch vor kurzem so frustrierten und gehetzten jungen Menschen versinken ganz in die Erzählung und kommen langsam zur Ruhe.

Wie man eine Sage auch erzählen kann

Wer dieses Buch zur Hand nimmt, wird sich zunächst einmal irritiert fragen, was denn daran bitte schön historisch sein soll. Eine ganze Weile begleitet man nämlich Jens und Heike auf ihrer Radtour. Aufmerken lässt erst der Schäfer, der den beiden immer wieder über den Weg läuft. Und tatsächlich, gerade, als der Urlaub ganz missglückt scheint, ist es der Schäfer, der die Stimmung rettet und mit seiner Geschichte in die Vergangenheit entführt. Ab hier bekommt der vorher nette, aber eher seichte Roman Tiefe. Unversehens steckt man mitten in den Geschehnissen des 4. Jahrhunderts, als die sich Lebensgrundlage der Angeln durch klimatische Bedingungen veränderte. Renata Petry erzählt die Angeln-Saga durch den Schäfer Colin auf eine sehr sensible und mitreißende Art.

Eindrückliche Persönlichkeiten

Den eher blassen Figuren von Heike und Jens stehen die starken Persönlichkeiten der Saga gegenüber. Der reisende Barde Aleph, der als Erzähler der Saga mit der Figur des ansonsten unspektakulären Schäfers Colin verschmilzt, Angelfürst Offa und seine Frau Thrydi, aber auch die anderen Figuren der Angeln-Saga werden schnell vertraut und verehrt. Sie machen die Stärke des Romans aus, verkörpern ein Volk, mit dem sich die wenigsten bisher auseinander gesetzt haben. Das, obwohl die nach Britannien ausgewanderten Angeln dem heutigen England den Namen gegeben haben.

Geschichte mit Nachhall

Spätestens dann, wenn sich Heike und Jens längst geläutert auf den Rückweg in ihr Leben gemacht haben, wird man wohl zum Atlas greifen und versuchen, den Lebensraum der Angeln auf der kimbrischen Halbinsel ausfindig zu machen. Und genau hier steckt die Größe von Das Geheimnis von Thorsmoor. Es ist eine Geschichte mit Nachhall, eine Saga, die Lust dazu macht, sich näher mit diesem Volk zu befassen und mehr über die Lebensumstände zu erfahren.

Leider verleitet der Titel Das Geheimnis von Thorsmoor dazu, sich etwas ganz anderes unter dem Roman vorzustellen. So ist beim seichten Einstieg die Enttäuschung schon vorprogrammiert. Und wer sich unter dem Begriff "Angeln-Saga" nichts vorstellen kann, wird wohl bei der Erzählung der Saga zunächst leer schlucken. Das ist eigentlich sehr schade, handelt es sich doch um eine wirklich schöne Interpretation der Saga. Eher überflüssig ist das Geheimnis um den Schäfer Colin. Alleine seine Art, den beiden Gästen durch die Saga ihre Ruhe wieder zu geben, wäre genug und würde auf jeden Fall mehr überzeugen.

Handliches Buch

Der Boyens-Verlag hat mit Das Geheimnis von Thorsmoor ein Buch vorgelegt, das sich hervorragend als Reiseliteratur eignet. In einem handlichen Format, nicht zu schwer und mit gut lesbarer Schrift ist die Angeln-Saga aufbereitet worden. Dazu kommen eine Karte auf der Buchinnenseite sowie ein gut gegliedertes Personenregister.

Wer Sagen mag und über eine seichte und an sich unnötige Rahmenhandlung hinwegsehen mag, wird mit Das Geheimnis von Thorsmoor ein überzeugendes Werk in Händen halten, das viel Lesegenuss bereitet.

 

Das Geheimnis vom Thorsmoor

Renata Petry, -

Das Geheimnis vom Thorsmoor

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