Maria Christina - Tagebuch einer Tochter
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- Erschienen: Januar 2010
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- , 2010, Titel: 'Maria Christina - Tagebuch einer Tochter', Originalausgabe
Eine Liebesgeschichte vor historischem Hintergrund in rosaroter Verpackung
Kurzgefasst:
Sie ist die Lieblingstochter der österreichischen Kaiserin Maria Theresia und Schwester der legendären Marie Antoinette. Vor allem aber ist sie ein junges Mädchen mit einem Tagebuch. Ihm vertraut Maria Christina ihre Geheimnisse an und hält nebenbei ihr Leben am Wiener Hof gegen Ende des 18. Jahrhunderts fest, als die österreichische Monarchie auf dem Höhepunkt ihrer Macht steht - ein Leben zwischen rauschenden Bällen, glanzvollen Dîners und herrlichen Sommern auf Schloss Schönbrunn. Doch auch Krankheit und tragische Todesfälle machen vor dem Hof nicht Halt. Und dann ist da noch die aufregende erste Liebe. Die könnte so schön sein, gäbe es nicht die rigide Heiratspolitik der Habsburger...
Das Erstlingswerk von Rebecca Novak ist zumindest optisch auffallend und ungewöhnlich. Nicht nur das Cover ist in einem zarten Rosa gehalten, sondern auch sämtliche Seiten haben diese Farbe. Das weckt, zusammen mit dem Klappentext, natürlich gewisse Erwartungen bzw. Befürchtungen, die das Buch auch zum großen Teil bestätigt.
Mal ehrlich, ein rosa Buch, in dem es um rauschende Feste am Wiener Hof, um Schicksalsschläge und die erste große Liebe, die von der Heiratspolitik bedroht wird, geht, legt den Schluss nahe, dass sich viel Herz-Schmerz und wenig Tiefgang zwischen den Buchdeckeln verbirgt. Nach Beendigung der Lektüre kann man dieser Behauptung im Großen und Ganzen zustimmen.
In Tagebuchform lässt Rebecca Novak ihre Leser, bzw. vermutlich hauptsächlich Leserinnen, am Leben der Maria Christina teilhaben. Sechs Jahre lang vertraut die Erzherzogin ihre Gedanken und Gefühle ihrem Tagebuch an und macht somit die Leser zu ihren Vertrauten, die hemmungslos mitfiebern, mitleiden und sich mit ihr freuen können.
Der erste Teil des Buches ist auch noch akzeptabel. Natürlich stehen hauptsächlich die Gedanken und Gefühle Maria Christinas im Vordergrund, die dafür sorgen, dass es eine leicht zu lesende Lektüre ist. Doch liefert die Autorin auch einiges an Hintergrundinformationen, z.B. bezüglich des Siebenjährigen Krieges. Natürlich nehmen diese Berichte nicht allzu großen Raum ein, immerhin dreht sich das Leben einer Erzherzogin nicht ausschließlich um Politik, aber es findet sich genug, um das Interesse des historisch interessierten Lesers an dieser Epoche zu wecken. Zudem zeigt die Autorin die Distanz Maria Christinas zu ihren Geschwistern auf, die sie um ihre Vorzugsstellung bei ihrer Mutter stark beneideten. Die intensive und innige Freundschaft zwischen Maria Christina und ihrer Schwägerin Isabella von Parma, die strenge Heiratspolitik der Habsburger und der Schrecken der Blattern sind weitere Themen, die recht gut dargestellt werden. Allerdings fragt man sich gerade bei der Darstellung der tiefen Verbindung zwischen Maria Christina und Isabella (die wohl auch nicht nur Freundschaft war), wie es sein kann, dass sich eine kaiserliche Tochter, die von Kindheit an Staatsverpflichtungen und Repräsentationen gewöhnt sein sollte, so bockig und schmollend zeigen kann, wenn diese Dinge ihren eigenen Wünschen zuwider laufen.
Insgesamt zeigt sich bereits im ersten Teil, dass der Roman sicherlich kein Meilenstein im Genre des historischen Romans werden wird, doch versprach das Buch immerhin eine solide, unterhaltsame, kurzweilige Lektüre, die Interesse an dieser Epoche weckt. Dieser Eindruck wird im zweiten Teil leider komplett zunichte gemacht. Hier gleitet der Roman nicht nur zu einer mehr oder minder reinen Liebesgeschichte ab, er wird schlichtweg unglaubwürdig.
Maria Theresia galt als streng katholisch und auf Tugendhaftigkeit bedacht, so dass es unmöglich gewesen sein dürfte, dass ihre Tochter vor der Hochzeit heimlich ganze Nächte in den Armen ihres Geliebten verbringt und das auch noch von ihrer Oberhofmeisterin eingefädelt und gebilligt. Ebenso erscheint es unglaublich, dass sie sich auf den Armen ihres Geliebten in ihre Gemächer tragen lassen kann, ohne auch nur einem Bediensteten zu begegnen. Auch tägliche mehrstündige, heimliche Treffen wären im strengen spanischen Hofprotokoll sicherlich nicht realisierbar gewesen. Somit gleitet der Roman in genau das ab, was die Aufmachung befürchten lässt: Eine rosarote Liebesgeschichte, die Herzen höher schlagen lassen soll, die aber mit dem historischen Umfeld nicht das Geringste mehr zu tun hat.
Daran ändern auch die eingefügten Ausschnitte aus Originalbriefen sowie die schöne Ausstattung mit Ahnentafel, Zeittafel, Nachwort der Autorin und Portraits nichts.
Für alle Liebhaber von romantischen Liebesgeschichten, die auch Kitsch genießen können und mit ihrer Heldin mitleiden und mitfiebern wollen, bietet dieser Roman alles, was sie sich wünschen und wird ihnen wunderbare Stunden bescheren, die den kalten Winter vergessen machen.
Alle Leser, die sich von einem historischen Roman mehr als Liebesgeplänkel wünschen und die vor allem auf historische Genauigkeit Wert legen, könnten von dem rosaroten Zuckerguss Zahnschmerzen bekommen.
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