Die Medica von Bologna

  • Droemer-Knaur
  • Erschienen: Januar 2010
  • 2
  • Droemer-Knaur, 2010, Titel: 'Die Medica von Bologna', Originalausgabe
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Bettina Weiß
751001

Histo-Couch Rezension vonDez 2010

Interessanter Roman mit Medizingeschichte

Kurzgefasst:

Bologna 1552. Mit einem entstellenden Feuermal - für die Inquisition ein Schandmal der Sünde - kommt Carla zur Welt. Um sich von diesem Makel zu befreien, träumt sie davon, eine Medica zu werden. Doch ein Medizinstudium ist ihr als Frau verwehrt. Sie gibt nicht auf. Heimlich besucht sie Vorlesungen an der Universität, wo der charismatische Chirurg Gaspare Tagliacozzi die Kunst der Gesichtsoperationen lehrt. Sie hofft auf seine begnadeten Hände und verliebt sich dabei rettungslos in ihn. Doch Gaspare, der ihre Liebe nur zum Schein erwidert, nutzt ihre Gefühle aus und schickt sie auf eine tödliche Mission...

 

Carla Castagnolo kommt mit einem Feuermal im Gesicht zur Welt, im Bologna des Jahres 1552 ein nicht zu übersehender und gefährlicher Makel. Carla wächst daher verborgen vor der Öffentlichkeit versteckt im Haus der Mutter auf. Von ihrer Mutter lernt sie das Schneiderhandwerk, und sie arbeiten gemeinsam in der Werkstatt der Mutter. Nach deren Tod ist Carla auf sich allein gestellt, in dem Schumacher Marco findet sie einen Mann, der ihren Makel nicht beachtet und sie heiraten möchte. Als Marco eine Erbschaft macht, beginnt er ein Medizinstudium am berühmten Archiginnasio, der Universität von Bologna. Glühend beneidet von Carla, die seit ihrer Jugend von einem Medizinstudium träumt, auch weil sie darin die Möglichkeit sieht, das entstellende Feuermal zu verlieren.

Aber als Frau ist ihr der Zugang zur Universität verwehrt. Sie wird Pflegerin im Nonnenkloster und nimmt jede Gelegenheit wahr, sich heilendes Wissen anzueignen. Doch das reicht ihr bald nicht mehr und es gelingt ihr, sich heimlich Zugang zur Universität zu verschaffen, sie nimmt an den Vorlesungen teil. Dabei lernt sie den charismatischen Gaspare Tagliacozzi kennen, einen Vorreiter in der Kunst der wiederherstellenden Gesichtsoperation. Gaspare wird auf Carla aufmerksam und erkennt ihre nützlichen Fertigkeiten für seine Behandlungen. Er lässt sie an den Operationen heimlich teilnehmen, Carla ist am Ziel ihrer Träume und verliebt sich haltlos in Gaspare. Dieser nutzt Carlas Gefühle schonungslos aus und schickt sie auf eine tödliche Mission. Wird Carla sich der Aufgabe stellen und sie überleben ?

Eine zwiespältige weibliche Heldin trifft auf glaubwürdige männliche Kontrahenten

Mit Carla Castagnolo hat der Autor eine Heldin geschaffen, die den Leser sehr unzufrieden zurück lässt. Sie ist getrieben von ihrem Wunsch nach Wissen und der Fähigkeit zu heilen. Sie ist voller Ideen, wie sich die Behandlung für die Patienten und die Operationen verbessern lassen. Zugleich ist sie aber auch stur, naiv, dumm und lässt sich von Gaspare an der Nase herum führen und von ihm behandeln, als wäre sie ein kleines Mädchen, das noch nicht gelernt hat, selbständig zu denken. Sie ist voller Widersprüchlichkeit, die die Figur nicht menschlich und authentisch, sondern ein gutes Stück unglaubwürdig macht. Im Laufe der Geschichte entwickelt sie eine Eitelkeit, die gerade im Spiegelbild zu Gaspare nicht stimmig scheint.

Die männlichen Figuren sind sehr viel ebenmäßiger gezeichnet. Marco, der durch die Erbschaft unabhängig wird und sein Studentenleben genießt, ohne wirklich zum Arzt berufen zu sein, lässt das Studium dahinplätschern. Gaspare hingegen, der in seinem Streben nach Macht und Ansehen seine Tätigkeit und seine Behandlungen ganz gezielt ausübt, nutzt Carla schonungslos aus und hintergeht sie. Schließlich Latif, ein osmanischer Eunuch, der zu Carlas Diener wird, ist mit seinem fürsorglichen, treuen und schelmischen Wesen die eigentliche Seele des Romans und derjenige, dessen Entwicklung am spannendsten geraten ist.

Abflachender Spannungsbogen und interessante Operationsmethodik

Die Romanhandlung baut von Beginn an einen Spannungsbogen auf, der bis ungefähr dreiviertel des Buches gehalten werden kann und dann abrupt abbricht. An dieser Stelle scheint die Geschichte zu Ende erzählt zu sein, der Rest ist ein langer, vielleicht zu langer, Epilog. Die Geschichte flacht ab und es gelingt nicht, wieder die Spannung aufzunehmen.

Die Sprache ist flüssig und leicht zu lesen, wobei die Passagen der Nasenoperationen sehr ausführlich geschildert sind und an manchen Stellen ein bisschen ermüden. Ungeachtet dessen ist dieses Kapital der Medizingeschichte ein sehr spannendes Feld und eine bemerkenswerte Operationsmethode. Im Anhang des Buches sind zur Erläuterung der Durchführung der einzelnen Operationsschritte Erklärungen und Abbildungen aus der Abhandlung des historischen Gaspare Tagliacozzi angefügt.

Insgesamt ein durchaus spannender Roman zu einem interessanten Kapitel der Medizingeschichte mit Schwächen, die das Lesevergnügen ein wenig trüben.

 

Die Medica von Bologna

Wolf Serno, Droemer-Knaur

Die Medica von Bologna

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