Davon, frei zu sein
- Fischer
- Erschienen: Januar 2010
- 1
- Fischer, 2009, Titel: 'The Bride\\\'s Farewell', Originalausgabe
Ungewöhnliche Geschichte einer jungen Frau mit Pferdeverstand - schönes Buch für junge Mädchen
Kurzgefasst:
Die raue und düstere Heidelandschaft im Südwesten Englands in der Mitte des 19. Jahrhunderts: Dem eintönigen Leben in Armut, das zu ihrer Zeit für Frauen nur aus Kinderkriegen, Hunger und harter Arbeit besteht, will die junge Pell Ridley sich nicht fügen. Sie träumt davon, frei zu sein. Am Morgen ihres Hochzeitstages reitet sie mit wehenden Haaren auf ihrem Pferd Jack einer ungewissen Zukunft entgegen. Doch vor die Freiheit eines selbstbestimmten Lebens hat das Leben ihr zahlreiche Stolpersteine in den Weg gelegt.
Die junge Pell Ridley steht kurz vor ihrer Hochzeit, als sie am frühen Morgen ihr Pferd Jack von der Weide holt und ihr Zuhause verlässt. Ihr Bruder Bean entdeckt sie und nach einigem Hin und Her nimmt sie ihn letztendlich mit.
Sie flüchtet vor ihrer Familie, vor ihrem zukünftigen Mann und dem Leben, das sie erwartet. Ohne Vorstellung und ohne jeglichen Plan reiten sie und der noch sehr junge Bean davon und wissen nicht, was sie erwartet.
Karge Sätze, nüchterne Erzählweise
Verleitet das Cover dazu zu glauben, dass es sich um ein typisches leicht-seichtes "Mädchenbuch" handle, mit Liebe, Romantik und auch Pferden, so wird man schon nach wenigen Seiten ernüchternd feststellen, dass das Buch eher das Gegenteil von dem ist, was die Aufmachung suggeriert. Eine Sprache ohne jedwelcher Schnörkel und Ausschmückungen, nur auf das Wesentliche beschränkt. So klar und konzentriert skizziert die Autorin das Leben der jungen Pell, die nichts anderes möchte als sich von ihrem vorgezeichneten Weg zu lösen und frei zu sein.
In ziemlich zügigem, ja oft schier etwas übereiltem Tempo führt Meg Rosoff durch die Geschichte. So nüchtern und ohne Zierde das Leben der Protagonistin ist, so trocken veranschaulicht die Autorin auch ihre Erlebnisse. Mag dies jetzt nicht gerade einladend wirken, so sei doch erwähnt, dass Erzählstil und Sprache hervorragend den Lebensbedingungen Pells und ihrer Familie angepasst sind. Wenn man für einen halben Löffel Bratfett oder für einen Schuh ohne Löcher alles getan hätte, wäre eine feine, geschwungene Sprache mit vielleicht noch romantischen Ausschmückungen völlig fehl am Platz gewesen. So hat die Autorin zwischen ihrer Geschichte und dem Erzählstil die ideale Harmonie hergestellt, die das harte Leben treffend und authentisch wiedergibt.
Eindrucksvolle Figuren und immer wieder Pferde
Pell hat einen untrüglichen Pferdeverstand und kann aus einer ganzen Herde mit wenigen Blicken die besten Tiere herausfinden. Dass sie sich mit Pferden auskennt, weiß der Leser schon von Beginn an, in ihre Gefühle und Sehnsüchte bekommt er jedoch erst nach und nach Einblick. Hofft man für das Mädchen stets, dass es ihr Glück finden möge, so liegt doch immer ein Hauch Schwermut über der Geschichte. Dass Pell alles verliert, nicht nur ihr Pferd Jack, sondern auch ihren Bruder, und nun vollkommen alleine weiterkämpfen muss, lässt beim Leser direkt Beklemmung aufkommen.
Obwohl alles so kalt inszeniert scheint, ist es gerade dieses rationale Erzählen, dass alles so nachvollziehbar macht.
Wenn man selbst ein großer Pferdefreund ist, wird man kaum Probleme damit haben, dass diese wunderbaren Tiere im Buch auf beinah jeder Seite präsent sind. Leser, die mit dieser Gattung Tier weniger zu schaffen haben und auch nicht reiten können, werden der fachmännischem Begriffe wie "Exterieur" oder "raumgreifender Schritt" möglicherweise schnell überdrüssig werden. Dennoch ist die Geschichte es wert, zu Ende gelesen zu werden, und da gerade viele junge Mädchen reiten, ist dieses Buch wie nur für sie geschrieben.
Mit vielerlei Abstrichen und mit nicht zu erwartenden Problemen kämpfend, sind die Erlebnisse und der harte Gang Pells für den Leser, als hätte er diesen steinigen Weg selbst bewältigt.
Die Gesamtkomposition passt, wenngleich sie für viele gewöhnungsbedürftig sein wird. Das von der Sprache her leicht zu lesende Buch wird einem ob der authentisch gezeichneten und deshalb umso nachvollziehbaren schwierigen Hürden, die die Protagonistin bewältigen muss, dennoch nachhallen.
Meg Rosoff, Fischer
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