Badenheim

  • dtv
  • Erschienen: Januar 1994
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  • dtv, 1979, Titel: 'Badenhaym, îr nofeš', Originalausgabe
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Jörg Kijanski
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Histo-Couch Rezension vonJan 2011

Vorabend des Holocaust

Im Frühjahr 1939 laufen im österreichischen Kurort Badenheim die Vorbereitungen für die Festspiele auf Hochtouren. Unter der Leitung von Dr. Pappenheim wollen die zahlreichen Gäste auch in diesem Jahr ein besonderes kulturelles Erlebnis genießen. So wie immer. Doch erste Absagen trüben die Stimmung und daher ist Dr. Pappenheim hoch erfreut, als endlich eine kleine Kapelle eintrifft und die Saison eröffnet. Danach scheint sich die Situation zum Besseren zu wandeln, denn ein Geschwisterpaar erscheint und zitiert fortan aus den Werken Rilkes. Auch ein Wunderkind trifft ein und rührt zu Herzen und zu guter Letzt erscheint auch noch Mandelbaum, der große Star, der zuvor in einem anderen Ort in Quarantäne gesteckt und an seiner Weiterreise gehindert wurde.

In zahlreichen Orten werden zunehmend Juden in Quarantäne gesetzt, nur in Badenheim feiert man wie in all den Jahren zuvor. Störend sind da nur ein paar Inspektoren des Gesundheitsamtes, die alle Juden auffordern, sich zu melden.

 

Man hat mir alles genommen, aus heiterem Himmel. Man hat mich hierher transportiert. Aufgrund der Tatsache, dass ich Jude bin. Sicher meinte man die Ostjuden. Und ich bin, wie Sie, Österreicher. Meine Vorfahren? Ich weiß nicht. Mag sein, wer weiß. Was tut es zur Sache, wer meine Vorfahren waren?

 

Fast alle Gäste in Badenheim sind Juden, doch die illustre Gästerunde beschäftigt sich lieber mit sich selbst. Selbst als der Kurort hermetisch von der Außenwelt abgeriegelt, die Briefpost eingestellt wird und die Vorräte zur Neige gehen, wird klar, dass bald die vom Gesundheitsamt angekündigte Reise ins gelobte Polen ansteht. Die meisten freuen sich auf eine Rückkehr in ihre Heimat&

Aharon Appelfeld entwirft beeindruckende Bilder

Was dem Leser alsbald klar ist, sehen die Gäste in Badenheim nicht. Die bevorstehende Rückkehr nach Polen ist keineswegs eine Reise in die Heimat. Es ist der Weg in den Holocaust, was Aharon Appelfeld, ein mit zahlreichen Preisen ausgezeichneter israelischer Schriftsteller, jedoch an keiner Stelle seines sehr kurzen Werkes explizit erwähnt. Gerade dadurch erhöht er jedoch die Spannung beim Leser, der sich fragt, ob die Betroffenen vielleicht doch noch rechtzeitig erahnen, was auf sie zukommt und so wenigstens der eine oder andere von ihnen gerettet werden kann.

 

Was werden sie mit uns anstellen, da in Polen? fragte einer der Musiker.

Was meinst du damit? Musiker wirst du sein, so wie eh und je, sagte sein Freund, der im Halbschlaf neben ihm saß.

Wenn das so ist, warum schicken sie uns dann überhaupt hin?

Der Freund suchte nach einer eindrucksvollen Formulierung. Historische Notwendigkeit, sagte er.

Kannst mich totschlagen, das versteh ich nicht. Der normale gesunde Menschenverstand kann das nicht begreifen.

Wenn dem so ist, dann schlag deinen normalen gesunden Menschverstand tot, dann wirst dus schon begreifen.

 

Hinweise auf das drohende Szenario gibt es reichlich, wobei sich Aharon Appelfeld dabei zahlreicher, grandioser Bilder bedient.

 

Die grünen Fische, die schönsten Fische im Aquarium, sind verschwunden, und keiner hat es bemerkt.

 

Der 1980 erschienene Roman Badenheim mag hinsichtlich seines Schreibstils etwas ungewöhnlich erscheinen. Dennoch: Die eigenwillige Art der Erzählung, anhand des Kurortes Badenheim und seinen in ihrer eigenen Gedankenwelt gefangenen Gäste, den drohenden Weltuntergang exemplarisch aufzuzeigen, ist auch heute noch beeindruckend zu lesen.

Badenheim

Aharon Appelfeld, dtv

Badenheim

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