Die zweite Herzogin
- Rowohlt
- Erschienen: Januar 2011
- 3
- Rowohlt, 2011, Titel: 'The Second Duchess', Originalausgabe
Spannendes und opulentes Sittengemälde der italienischen Renaissance
Italien im späten 16. Jahrhundert: Barbara von Österreich soll mit Alfonso d´Este, Herzog von Ferrara, verheiratet werden. Schon vor der Hochzeit wird ihr zugetragen, dass der Herzog seine erste Frau, Lucrezia Borgia, ermordet haben soll. Verschwörungen, Intrigen und Neid herrschen am Hofe von Ferrara und Barbara weiß nicht, wem sie vertrauen kann. So beginnt sie auf eigene Faust nachzuforschen, was es mit dem Tod ihrer Vorgängerin wirklich auf sich hat.
Bildhafte Sprache, fesselnder Erzählstil
Vielleser historischer Romane sind meist skeptisch, wenn sie feststellen, dass der oder die AutorIn aus den USA kommt und lassen gerne die Finger von diesen Büchern. Amerikaner und europäische Geschichte erscheinen vielen Lesern wie ein Eisbär, der sich in der Sahara zurecht findet. Dass es aber immer wieder Ausnahmen gibt, bestätigt Elizabeth Loupas, eine Texanerin, die mit der zweiten Herzogin einen bemerkenswerten historischen Roman geschrieben hat.
Schon der erste Satz ihres Romans zieht den Leser mitten ins Geschehen und löst sogleich den Wunsch aus, eine Antwort auf diesen Satz zu erhalten. Loupas versteht es auf brillante Weise Spannung zu erzeugen und mit ihrer bildhaften Sprache fordert sie die Wissbegier des Lesers noch zusätzlich.
Der Hof in Ferrara ist der zentrale Schauplatz der Geschichte und mit jeder weiteren Seite lernt man den Palast besser kennen, bis man meint, jeden Winkel, jeden Raum und jede Nische selbst zu kennen, durch die Barbara anmutig schreitet, oder auch schnell mal leise durchhuscht, um mehr über das große Geheimnis zu erfahren. Aber nicht nur die illustre Darstellung des Milieus und der Handlungsorte sind bemerkenswert, sondern auch die Perspektive der Erzählung selbst. So berichtet Barbara von Habsburg persönlich ihre Erlebnisse am Hof, schildert ihre Ängste und Zweifel, als sie von den Gerüchten um den Tod Lucrezias hört und lässt den Leser teilhaben an ihren Gedankengängen und den Willen, hinter das Geheimnis zu kommen. Auch ihre Beziehung zu Alfons ist spannungsgeladen und voller Ängste, was der Leser beinah selbst verspürt, so greifbar knistert es zwischen den beiden.
Aber es erzählt nicht nur Barbara, sondern noch eine zweite Frau: Lucrezia. Was vielleicht sehr nach Fantasy und ziemlich abstrus klingt, hat die Autorin aber sehr geschickt und ohne mystisches Brimborium in Szene gesetzt. So ist der Leser auf ganz interessante Weise Barbara gegenüber stets im Vorteil, erfährt er durch Lucrezia vieles zur Figur Alfons d´Este und hat so nochmals einen anderen Blickwinkel zu den Geschehnissen als Barbara.
Mehr Krimi als historische Fakten
Zweifelsfrei hat die Autorin ihre Hausaufgaben gemacht und sich gründlich über die Renaissance und natürlich über ihre Protagonisten informiert. Das Leben am Hofe in Ferrara ist prächtig, der Alltag Barbaras angenehm und kurzweilig und der Herzog wirkt einerseits sympathisch geheimnisvoll, aber auch brutal und grausam auf den Leser.
Dass über das Leben und Handeln der historisch belegten Figuren leider wenig überliefert ist, kam der Autorin in diesem Fall zu Gute, denn so hatte sie alle Freiheiten, die Gerüchte, die damals sehr wohl um den Tod Lucrezias kursierten, so zu interpretieren, wie sie dem Verlauf ihrer Geschichte am besten zuträglich waren. Loupas lässt ihre Protagonistin nachforschen und spinnt so ein sehr großes Netz an Vermutungen und Verdächtigungen, das den Leser gedanklich auch mal in die Irre führt. Letztendlich ist aber alles in sich schlüssig und wohldurchdacht, so dass auch der größte Skeptiker auf seine Kosten kommen wird.
Ein positiv überraschender Roman, der eine kompakte und spannende Gesamtkomposition in prächtiger Ausstattung ist.
Elizabeth Loupas, Rowohlt
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