Wir sehn uns wieder in der Ewigkeit
- dtv
- Erschienen: Januar 2011
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- dtv, 2011, Titel: 'Wir sehn uns wieder in der Ewigkeit', Originalausgabe
Literarisch eindringlich - mit viel Wärme und Feingefühl
Kurzgefasst:
Am 21. November 1811 erschoss Heinrich von Kleist am Kleinen Wannsee zuerst Henriette Vogel und dann sich selbst. Was könnte in der Nacht vor dem Selbstmord passiert sein? Heinrich und Henriette übernachteten im Gasthaus der Familie Stimming direkt am Wannsee. Was machen zwei Menschen, die eine besondere Beziehung verbindet, in den letzten Stunden ihres Lebens?
Die letzten Stunden Heinrichs von Kleist und seiner Geliebten Henriette Vogel. Was hat sich zugetragen, als die beiden beschlossen im November 1811 aus dem Leben zu scheiden? Wie haben Sie diese Zeit verbracht? Welche Gedanken gingen den beiden durch den Kopf? Tanja Langer zeichnet die letzten 24 Stunden des Paares nach, gibt Einblick in ihre Gedanken, in ihre Seelen und lässt sie nochmal Abschied nehmen von einer Welt, auf der sie beiden nicht mehr bleiben mochten.
Ein heikles Thema mit Bravour gemeistert
Von den letzten Stunden eines Menschen zu berichten, ist alles andere als ein leichtes Unterfangen. Tanja Langer jedoch hat mit viel Takt- und Feingefühl diese Zeit nachgezeichnet, versucht, sich in Heinrich und Henriette hineinzuversetzen, sich hineinzudenken und diese Zeit mit den Augen der beiden zu betrachten. Was geht vor in einem Menschen, der diesen Schritt minutiös plant?
Mit leiser und feiner Sprache liest man von Seelenqualen, erlebt liebevolle Szenen zwischen dem Paar, nimmt teil an deren Gedankengängen und weiß, dass dieser Schritt für beide unumstößlich ist, sie sich darüber vollends im Klaren sind und ebenso einig. Dennoch ist es kein bedrückend schweres Buch, sondern mit einer trügerischen Leichtigkeit erzählt, einfach, weil für die beiden dies kein trauriger Moment sein wird, sondern der, der sie für ewig zu einander führt. Heinrich leidet unter dem stetigen Druck den er sich letztendlich selber macht. Er ist ehrgeizig und getrieben, er kann nicht anders, als seinen ewigen Hunger für immer zu stillen. Es ist der Hunger zu schreiben, dazuzugehören und auch der Hunger etwas zu sein, etwas darzustellen, dem er vielleicht nicht gerecht wird. Dies alles will Heinrich hinter sich lassen, aber er erträgt es nicht, von seinem geliebten Menschen getrennt zu sein. Und so fragt er Jette, ob sie mit ihm gemeinsam den endlichen Weg gehen möchte, denn dies sei die einzige Hochzeit die er ihr bieten kann. Und Jette willigt ein, liebt sie ihn doch ebenso wie er sie und will nicht ohne ihn sein.
Niemals wirken die Szenen gekünstelt oder gewollt dramatisch. Langer hat ein Gespür für Zwischentöne, für Nuancen und glaubwürdiger Charakterzeichnung.
So leicht und doch so tragisch
Sind doch Heinrichs und Henriettes gedankliche Rückblicke und Auseinandersetzungen mit ihrem geplanten Schritt für den Leser am eindringlichsten, so darf man dennoch die eigentliche Erzählerin der Geschichte nicht außer Acht lassen. Sie lebt exakt siebenhundertfünfzig Schritte von der Stelle entfernt, an der damals das Gasthaus "Neuen Krug" stand, in dem Heinrich und Henriette ihre letzte Nacht verbracht haben. Den Gasthof gibt es nicht mehr, heute befindet sich an dieser Stelle ein Yachthafen. Der Erzählerin aber gehen diese Ereignisse nicht aus dem Kopf und so lässt sie nicht nur die letzte Nacht des Liebespaares, sondern auch viele Szenen aus der Vergangenheit Revue passieren und erlaubt dem Leser die Teilnahme an demselben.
Man begegnet in den Rückblicken vielen Menschen, Freunden von Kleist ebenso wie berühmten Persönlichkeiten, aber niemand bleibt einem besonders in Erinnerung, allzu sanft dominiert das Paar, welches aus dem Leben scheiden will, die Szenerie.
Dieses Buch ist eine kleine Kostbarkeit. Tanja Langer zeigt Möglichkeiten auf, die zum Entschluss der beiden haben führen können, erlaubt Einblicke in tiefst verletzte Seelen, ihn Träume und Sehnsüchte, die nicht zu erfüllen waren, und auch die Grenzen der gesellschaftlichen und politischen Regeln werden angerissen. Sensibel und dennoch klar, aber nie sentimental oder urteilend, bietet Tanja Langer ihren Lesern feine und analytische Möglichkeiten und erlaubt so viele Gedankengänge, deren wahrer Schluss letztendlich immer im Ungewissen bleiben wird.
Ein kleines literarisches Kleinod, poetisch feinfühlig und dennoch so kraftvoll.
Tanja Langer, dtv
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