Flashman in Afghanistan
- Kuebler
- Erschienen: Januar 1971
- 2
- Kuebler, 1969, Titel: 'Flashman', Originalausgabe
Amüsanter Ausflug ins Britische Empire
Kurzgefasst:
Der 17-jährige Harry Flashman wird im viktorianischen Empire aus der Rugby School geworfen. Er startet eine erstaunliche Karriere beim Militär, die unverdient steil nach oben geht, denn er weiß: Bestimmte menschliche Fehler wie Dummheit, Arroganz und Engstirnigkeit sind militärische Vorzüge. Harry Flashman darf Elspeth heiraten, das "größten Flittchen, das je eine Matratze abgenutzt hat" (außerdem ist ihr Vater reich), doch wird zu seinem Entsetzen nach Afghanistan versetzt.
Beim erzwungenen Rückzug der 14.000 Briten und verbündeten Inder von Kabul überlebt nur er; andere Quellen sprechen von nur 3.000 Überlebenden. Der Rest fällt den Afghanen und der Kälte zum Opfer. Harry macht sich natürlich aus dem Staub und schlägt sich selbst durch. Das endet in höchsten militärischen Auszeichnungen als "Held von Dschalalabad" und bei den Afghanen wird er als "Bloody Lance" geachtet (aufgrund eines weiteren Missverständnisses).
Mit seinem Abenteuer Flashman in Afghanistan beginnt George MacDonald Fraser seine Reihe der Flashman-Manuskripte und beginnt mit ihnen im Jahr 1839. Harry Flashman ist Schüler der Rugby School und wird wegen Trunkenheit von ihr ausgeschlossen, der Höhepunkt einer langen Liste von diversen Verfehlungen. Flashman ist siebzehn Jahre alt und sein Vater natürgemäß wenig begeistert.
Flashman, kein Kind von Traurigkeit und weiblichen Rockschössen mehr als zugetan, wird zur Armee geschickt, zum 11. Dragonerregiment. Der Vater zahlt das Offizierspatent, und Flashman freut sich auf einen ruhigen Dienst, kam das Regiment doch gerade erst aus Indien wieder. Das Regiment wird nach Schottland versetzt, wo Flashman bei einer Kaufmannsfamilie privat unterkommt und sich natürlich an eine der Töchter des Hauses heranmacht, die er schließlich prompt heiraten muss. Doch wieder benimmt er sich daneben und wird schließlich ins Ausland versetzt - nach Indien.
Indien liegt im Krieg mit Afghanistan, und so gerät Flashman schnell an die Front. Durch seine gute Auffassung von Sprachen spricht er bald die Sprache der Afghanen und wird als Übersetzer gebraucht. Er macht sich in Gul Schah einen Todfeind unter den Afghanen, mit dem er es des öfteren zu tun haben wird, und sein Leiden unter unfähigen Vorgesetzten lässt ihn in die größten Schlachten ziehen. Doch damit sind seine Abenteuer in Afghanistan noch lange nicht beendet.
Eine Mischung aus James Bond und Karl May
Schon das Cover des Romans und der ganzen Romanreihe lässt erahnen, dass es sich hier nicht um einen klassischen historischen Roman handeln kann. Tatsächlich hat Flashman Züge von James Bond und man kann des öfteren Helden aus den Romanen von Karl May wiedererkennen. George MacDonald Fraser erzählt die Flashman-Geschichten aus dessen eigener Ich-Perspektive, und so bekommt man dann auch den einen oder anderen bissigen Kommentar zum Geschehen gleich von der Hauptperson mitgeliefert.
So mag man denn auch den 17jährigen am Anfang gar nicht ernst nehmen, und er ist mehr ein Lebemann und Weiberheld, immer nach dem nächsten Rock aus, bei dem selbst der britische Geheimdienstler Ihrer Majestät 007 vor Neid erblassen würde. Es dauert auch eine Weile, bis endlich Fahrt in die Geschichte kommt und Flashman seine militärische Laufbahn beginnt. Und man überlegt, ob das denn wohl ein historischer Roman ist oder vielleicht eher doch nicht.
Realer Hintergrund mit viel Spannung
Doch je länger die Erzählung dauert, desto mehr nimmt einen vor allem die Situation gefangen, in der die Geschichte spielt. Mit guter Beobachtungsgabe und viel Feingefühl schildert der Autor die Begebenheiten in Schottland, Indien und Pakistan, und der Leser bekommt einen intensiven Eindruck der Verhältnisse vor Ort. Man zieht mit in Schlachten und weiß immer um die politischen Verhältnisse, ist doch Flashman per Zufall immer bei den richtigen und wichtigen taktischen Gesprächen dabei.
Dabei versäumt es der Autor auch nicht, das ganze in wahre Begebenheiten einzuflechten. Die besagten Schlachten haben wirklich stattgefunden, und der Großteil der handelnden Personen ist real und war wirklich dabei. Dies geht aus den zahlreichen interessanten Fußnoten hervor, die in den Roman eingeflochten sind und die am Ende des Buches die Situationen aufschlüsseln. Dabei wird auch nicht ausgelassen, wie dämlich und unfähig sich die Briten zum Teil angestellt haben, es wird nichts beschönigt, wenngleich es durch die Art und Weise, wie Flashman es erzählt, lockerer daherkommt, als es der tatsächliche Ernst der Lage eigentlich vorschreiben würde. Sprachlich sehr gewandt und immer einen Spritzer Ironie dabei, charakterisiert er auch seinen Vorgesetzten Elphinstone:
Man male sich nur jedes erdenkliche Missgeschick aus, das einer Kombination von Torheit, Feigheit und schierem Pech entspringen mag, und ich werde Kapitel und Vers zitieren. Aber nach wie vor behaupte ich ohne Zögern, dass an reiner, hilfloser Stupidität, an prachtvoller Unfähigkeit in der Befehlsführung, an Unwissenheit im Verein mit mangelndem Urteilsvermögen - kurz, an echter Begabung für Katastrophen, Elphy Bey einzigartig war. Andere mögen Kritik verdient haben, Elphy jedoch überglänzt sie alle als der größte Militäridiot unserer oder jeder anderen beliebigen Zeit.
Die Charakterisierungen der Personen gelingt Flashman nicht nur mit Worten, sondern auch durch deren Taten, und dadurch ist meist schon genug gesagt und man weiß genau, wen man da vor sich hat und was von ihm zu erwarten ist. Immerhin schafft es Flashman auch, sich mit Gul Schah einen Todfeind zu schaffen, der ihn in so manche Zwickmühle bringt, aber "wie im Roman" kommt letztlich ein Deus ex machina, der ihn aus der Situation erlöst und die Handlung vorantreibt.
Reizvolle Kombination aus Spaß und Ernst
Das alles ist äußerst amüsant zu lesen und natürlich auch grotesk und hanebüchen, so dass man als Leser ein ums andere Mal den Kopf schüttelt und denkt, was das wohl für ein kolossaler Blödsinn ist, den man da in den Händen hält. Doch bei allem Spaß schafft es der Autor trotzdem, den Leser zu fesseln und ihm ein dunkles Kapitel des britischen Empire zu präsentieren, das eigentlich selbst nicht gut wegkommt im Roman, dafür aber umso ehrlicher wirkt, weil eben die Gesamtsituation gar nicht witzig ist. Diese beiden Gegenpole bringen denn auch die Würze in dieses Buch, und man darf gespannt auf die weiteren Abenteuer Flashmans und mehr von seinen Manuskripten sein.
George MacDonald Fraser, Kuebler
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