Im Land des Roten Ahorns

  • Lübbe
  • Erschienen: Januar 2011
  • 2
  • Lübbe, 2011, Titel: 'Im Land des Roten Ahorns', Originalausgabe
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Rita Dell'Agnese
601001

Histo-Couch Rezension vonMai 2011

Mehr Tiefe als man vermuten würde

Kurzgefasst:

Kanada 1875. Niemals wäre die junge Hamburgerin Jaqueline nach Kanada ausgewandert, hätte sie geahnt, was sie dort erwartet: Alan, ein alter Freund ihres Vaters, der ihr zur Seite stehen will, entpuppt sich als skrupellos. Er spekuliert auf Jaquelines Erbe und will sie zwingen, seine Frau zu werden. Jaqueline gelingt es, sich aus seinem Haus zu befreien, wo er sie wie eine Gefangene hielt. Nur dem Sägewerkbesitzer Connor verdankt Jaqueline, dass sie die Flucht in die Wildnis überlebt. Er gewährt ihr Zuflucht und nimmt sie mit auf eine gefährliche Floßfahrt, die über die Großen Seen bis nach Montreal führt. Aber Alan gibt nicht auf. An den Niagarafällen beschwört er eine Katastrophe herauf...

 

Für die junge Hamburgerin Jacqueline kommt es ganz dick: Zuerst stirbt ihr Vater und lässt sie als mittellose Waise zurück. Dann rückt ihr auch noch einer der Gläubiger auf den Leib, und schließlich verliert ihr treuer Diener bei einem Überfall sein Leben. Jacqueline weiß keinen anderen Ausweg, als sich einem Freund ihres Vaters anzuvertrauen, mit dem sie schon seit einiger Zeit Briefkontakt unterhält. Alan lädt sie ein, nach Kanada zu kommen. Nicht ahnend, dass Alan nicht der Mann ist, für den er sich ausgibt, nimmt Jacqueline die Einladung an. Als sie Alans Spiel durchschaut, flüchtet sie. Im Wald trifft sie auf den Sägereibesitzer Connor, der Gefallen an der jungen Deutschen findet. Connor nimmt sie mit auf die Reise, als es darum geht, das Holz auf dem Fluss in die Stadt zu flössen. Doch Alan will die Frau, die ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht hat, vernichten. Voller Hass verfolgt er die beiden. Kurz vor den Niagara-Fällen schlägt er erbarmungslos zu.

Viel Liebe, und doch...

Es lässt sich nicht wegdiskutieren: In diesem Roman geht es zur Hauptsache um die Liebe. Das Buch nun als Nackenbeisser-Story abzutun, würde der Geschichte allerdings nicht gerecht. Denn filtert man die - glücklicherweise nicht ganz so schmachtende - Liebe aus, bleibt durchaus eine Auswandererstory mit einem gewissen Maß an Witz. Dass Jacqueline in Hamburg keine Chance für sich sieht, ist der Zeit um 1875 geschuldet. Einer Frau waren viele Wege verwehrt, wenngleich Jacqueline durchaus die Möglichkeit gehabt hätte, als Gouvernante ein Auskommen zu finden. Die junge Frau will ihr Glück aber lieber in der Ferne suchen und kokettiert mit dem Gedanken, den wohlhabenden Alan für sich zu gewinnen und seine Frau zu werden. Sie ahnt nicht, dass sie nicht den gebildeten, etwas zurückhaltenden Mann antreffen wird, den sie erwartet. So entbehrt es nicht einer tüchtigen Portion Ironie, dass sich der Mann, den sie sich als Ernährer erhoffte, seinerseits ganz falsche Vorstellungen macht.

Naives Dummchen

Bei den Charakteren fällt vor allem Jacqueline eher negativ auf. Sie wird als naives Dummchen geschildert, was allerdings aufgrund der Konstellation, in der sie aufgewachsen ist - als verwöhnte Halbwaise - nicht ganz so abwegig ist. Zwar macht Jacqueline im Laufe des Romans einen Reifeprozess durch, richtig warm wird man mit ihr aber kaum. Dazu fehlt ihr eine gewisse Persönlichkeit. Sie bleibt blass und konturenlos. Zudem kommt, dass Autorin Claire Bouvier ihre Figuren alle klar in schwarz-weiß-Schemen gepresst hat. Wer gut ist, ist gut, wer böse ist, bleibt auch böse. Und ist richtig abgrundtief böse.

Das Handwerk der Holzfäller

Was aber macht nun den Reiz dieses Romans aus? Es ist vor allem die Schilderung des Alltags, mit dem die Holzfäller konfrontiert sind. Hier hat Claire Bouvier einiges zu erzählen und sie gibt einen gelungenen Einblick in den gefahrenvollen Beruf. Eindrücklich sind hier vor allem die Szenen beim Flößen. Es wird gut dargestellt, dass es sich hier um Schwerstarbeit handelt und wird auch glaubwürdig erklärt, weshalb das Holz nicht per Eisenbahn - die es in Teilstrecken bereits gab - transportiert wird. Interessant ist letztlich auch das Bild, das die Autorin von der Gesellschaft in den kleinen Städten zeichnet. Hier zeigt sich, dass sich Standesdünkel und Vetternwirtschaft nicht wesentlich von den Verhältnissen in Europa zur selben Zeit unterscheiden.

Nette Unterhaltung

Der ganz große historische Roman ist Im Land des Roten Ahorns nicht. Es ist nette Unterhaltung, die nicht viel von den Lesern fordert. Wem Liebesromane ein Gräuel sind, der sollte allerdings wohl eher zu anderer Lektüre greifen. Der romantische Teil nimmt doch den größeren Raum im Roman ein als der historische. Für alle, die es gerne romantisch und trotzdem etwas spannend mögen, bietet Claire Bouvier ein paar vergnügliche Lesestunden.

 

Im Land des Roten Ahorns

Claire Bouvier, Lübbe

Im Land des Roten Ahorns

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