Royal Flash - Flashman in Deutschland
- Kuebler
- Erschienen: Januar 1972
- 2
- Kuebler, 1970, Titel: 'Royal Flash', Originalausgabe
Die Abenteuer des Helden wider Willen gehen weiter
London 1841. Harry Flashman, Schlitzohr, Soldat, Feigling, Schwerenöter und Held von Afghanistan, ist von seiner Reise zurückgekehrt und wird in de Clubs herumgereicht, die ihn als Held verehren, der allein gegen eine grosse Armee gekämpft hat. Doch irgendwann geht auch dieser Ruhm verloren, und an einem Abend vergnügt sich Flashman wieder mal gemeinsam mit einem Freund im Hurenhaus, als dieses gestürmt wird, und die beiden fliehen müssen.
Flashman stürzt in eine zufällig in der Nähe stehende Kutsche, und dort trifft er auf eine junge Dame, die sich später als die Tänzerin und Lebedame Lola Montez herausstellen wird. In ihrer Begleitung befindet sich ein deutscher Offizier, mit dem sich Flashman sogleich anlegt und beide sind dich zutiefst unsympathisch. Dieser Otto von Bismarck und Flashman werden sich noch des öfteren begegnen.
Nachdem Flashman Lola einen Streich gespielt hat und mehrere Jahre vergangen sind, ereilt Flashman 1847 eine Nachricht von Lola, die inzwischen die Geliebte König Ludwigs I. geworden ist, dass er schnell nach München kommen soll. Unwissend, worum es geht, macht er sich auf den Weg und wird von Lola an Bismarck weiterverwiesen, der ihn für eine Mission benötigt. Denn zwischen Dänemark und Holstein gibt es ein Fürstentum namens Strackenz, und die Prinzessin des Landes soll den Dänen Carl Gustaf heiraten, der jedoch zur Zeit aus Krankheitsgründen dazu nicht fähig ist. Da er und Flashman sich wie Zwillinge gleichen, soll Flashman solange die Rolle des Prinzen übernehmen. Widerwillig stimmt der zu, und es beginnt ein Abenteuer, bei dem nicht sofort klar ist, wer da welche Fäden zieht und wer für wen arbeitet. Flashman gerät in Gefahr um Leib und Leben, was eigentlich nicht vorgesehen war...
Flashman, der Frauenheld
Eines muss man George MacDonald Fraser lassen: Er versteht es, sein Lesepublikum aufs Vortrefflichste zu unterhalten. Auch in seinem zweiten Teil der Flashman-Chroniken schickt er seinen Protagonisten Harry Flashman, diese Mischung aus James Bond, Indiana Jones und unvermessenem Angeber auf eine Mission in zwei Teilen, in der dieser wieder auf berühmte Persönlichkeiten trifft und zudem jede Frau flachlegt, die ihm nicht rechtzeitig entkommen kann.
Aber von vorne. Royal Flash schließt nahtlos an den ersten Teil an, in dem "Flashy”, wie seine Freunde und auch er sich selber nennt, als Held aus Afghanistan wiederkommt und den erhaltenen Ruhm geniesst. Er erzählt wiederum aus seiner Ich-Perspektive und weiß ganz genau, dass der Ruhm unverdient und er eigentlich ein Feigling ist, der bei jeder Attacke immer gern den anderen Soldaten den Vortritt lässt. Doch da es niemand anders weiß, sonnt er sich im Ruhm, und infolgedessen, als der Ruhm schon abzuklingen droht, flieht er, als er mit einem Freund ein Bordell besucht, bei einer Razzia in eine nahestehende Kutsche, in der sich die spätere Lola Montez befindet, die sich gerade mit Otto von Bismarck unterhält. Typisch für Flashman, Prominente zu treffen, bevor sie ihren Ruhm erlangen, und auch diese Frau erleidet das Schicksal aller Frauen, die Flashman trifft.
Der junge Bismarck
Was folgt, sind Verwicklungen mit und um Flashman, die er sich selber nicht hätte träumen lassen. Von Anfang an ist Bismarck für ihn ein eingebildeter, preussischer Fatzke, der die Einheit Deutschlands im Sinn hat, die aber so weit weg von der Realität ist wie sonst nichts. Vier Jahre später wird er zu Lola nach München gerufen, und durch einige Umwege gelangt er wieder zu Bismarck, der sich an ihn erinnert hat und der ihn nun zu einer Art Spionageauftrag anheuert: Da er so aussieht wie der Däne Carl Gustaf, der die Prinzessin von Strackenz heiraten soll, dieser aber durch eine Geschlechtskrankheit an der Hochzeit gehindert wird, soll Flashman seine Identität übernehmen - mit allen Konsequenzen. Flashman wäre nicht Flashman, wenn er dies nicht hinbekommen würde - nach einiger Vorbereitung übernimmt er die Identität nicht nur äußerlich und lernt Stammbaum, Verhalten und Gesten auswendig, nach der Hochzeit steht er auch in der Hochzeitsnacht seinen Mann und zieht die zuvor sehr grimmige Prinzessin auf seine Seite.
Es beginnt ein Verwirrspiel, bei dem es hin und her geht und Flashman das eine ums andere mal gezwungen ist, die Seiten zu wechseln - was er ja aber gewohnt ist und was durchaus seinem Wesen entspricht. Auch hier erweist er sich wieder als Schlitzohr und muss zwar immer wieder um sein Leben fürchten, schafft es aber durch mehr oder weniger glanzvolle Heldentaten, gespickt mit zahlreichen Zufällen, seinen Kopf und mehr aus der Schlinge zu ziehen.
Hervorragende Historie
Durch die Wahl Flashys als Ich-Erzähler ist der Leser noch näher dran am Geschehen und vor allem auch an seinen Gedankengängen, bei denen er zwar seine eigene Person mit einer gewissen Genialität und Schlitzohrigkeit oft über den Klee lobt, zugleich aber auch eingestehen kann, wenn er mal so richtig in seiner Beurteilung daneben gelegen hat. Dieser Charakterzug macht ihn, den Angeber, dann doch wieder sympathisch und lässt ihn nicht so übermenschlich erscheinen.
Mag man vom Protagonisten halten, was man möchte, so ist doch festzustellen, dass der historische Hintergrund des Romans hervorragend recherchiert ist und an jeder Stelle einer Überprüfung standhalten würde - abgesehen von Strackenz, das, wie nachzulesen ist, der einzige Ort in allen Flashman-Romanen ist, der überhaupt je dazuerfunden wurde. Alle anderen Begebenheiten, die den historischen Rahmen bilden, werden anschaulich und überzeugend geschildert und sogar in Fußnoten weiter erläutert. Dazu gehören die Behandlung der Schleswig-Holstein-Frage und die Deutsche Revolution 1848/49. Neben den Fußnoten ergänzen den Roman zwei Anhänge und zahlreiche Erläuterungen zum Text, die näher ins Detail gehen und recht lehrreich sind.
Insgesamt ist Royal Flash eine gelungene Fortsetzung der Flashman-Manuskripte, die Lust macht auf die weiteren Bände. Auch wenn man die Hauptfigur nicht zu ernst nehmen sollte (er selber tut das ja auch nicht), so wissen die Romane doch durch ihren historischen Hintergrund zu überzeugen. Ein herrlicher Spaß, sinnfrei und doch lehrreich. Eine tolle Mischung! (Hat jemand die Verfilmung von 1975 gesehen?)
George MacDonald Fraser, Kuebler
Deine Meinung zu »Royal Flash - Flashman in Deutschland«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!